Weiterbildung Viele Wünsche offen

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Die Bedeutung persönlicher Beratung im Weiterbildungssektor nimmt zu. Doch die Bildungsanbieter haben Probleme, den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Das zeigt unser Test zur Beratungsqualität zu Netzwerker-Kursen.

Arbeitslose, die sich durch eine Weiterbildung den Weg zurück ins Berufsleben bahnen wollen, sind mehr denn je auf Beratung angewiesen. Denn die Suche nach einem geeigneten Bildungsanbieter ist schwierig. Der Markt ist groß und unübersichtlich, und die Qualität der Kurse schwankt erheblich. Hinzu kommt, dass die derzeit angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt Arbeitslose unter Zugzwang setzt und ihnen mehr und mehr Eigeninitiative auf der Suche nach einem neuen Job abverlangt.

Chancen per Zertifikat verbessern

Exemplarisch sind diese neuen Anforderungen im Bereich der Informationstechnik (IT) zu beobachten: Im einstigen Eldorado für Quereinsteiger werden die Anforderungen an die Qualität potenzieller Mitarbeiter immer höher. Eine Möglichkeit für IT-Spezialisten, ihre beruflichen Fähigkeiten zu verbessern und zu dokumentieren, sind Weiterbildungskurse, die zu einem anerkannten IT-Zertifikat führen.

Mit diesen Bescheinigungen will die Hard- und Softwareindustrie Qualität im IT-Bereich sichern (siehe „IT-Zertifikate“): Standardisierte Lerninhalte und Prüfungen sollen für Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen. Doch die Praxis in der Weiterbildungsbranche zeigt, dass gleich oder ähnlich lautende Kursangebote nicht für den gleichen Inhalt und Aufbau bürgen.

Das hat unser Test ergeben, mit dem wir die Informations- und Beratungsqualität von Weiterbildungsfirmen getestet haben, die vom Arbeitsamt geförderte Kurse zum Netzwerkspezialisten anbieten.

Nicht immer gut beraten

13 Angebote von 12 Weiterbildungsfirmen haben wir unter die Lupe genommen, die vom Arbeitsamt finanzierte, über mehrere Monate gehende Kurse anbieten. Diese schließen jeweils mit einem IT-Zertifikat ab. Acht Weiterbildungen enden mit einer Prüfung zum „Microsoft Certified Systems Engineer“ (MCSE), zwei mit einem „Linux Professional Institute Certificate“ (LPIC) und drei bieten die Möglichkeit, entweder ein MCSE- oder ein LPI- Zertifikat zu erwerben.

Das Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass die Beratungsqualität der Weiter-bildungsanbieter viele Wünsche offen lässt. Gerade zwei der getesteten Anbieter konnten wir mit der Note „gut“ bewerten. Testsieger sind die Institute „Indisoft“ und „GFN“. Bei neun Anbietern waren die Beratungen „befriedigend“ und einer kam über ein „ausreichend“ nicht hinaus (siehe Tabelle).

Im Vergleich zu unserem Test „Ratlose Berater“ vom Juni 2002 hat sich die Qualität der Beratungen damit nicht verbessert. Doch ihre Bedeutung für Weiterbildungs-Interessierte hat weiter zugenommen.

Paket an Fragen und Problemen

Um ihre Chancen auf einen Job zu verbessern, sollten Arbeitslose zum Beispiel darauf achten, dass der angestrebte Weiterbildungskurs zur persönlichen Erwerbsbiographie passt und den eigenen Erwartungen entspricht. Nur so wird aus der Summe erworbener Einzelqualifikationen ein stimmiges Berufsprofil. Doch dafür müssen sie Inhalt, Aufbau und Lernziel des nachgefragten Kurses kennen.

Zudem sollten sie ihre beruflichen Qualifikationen an den Ansprüchen potenzieller Arbeitgeber ausrichten, um ihre Aussichten auf eine Anstellung zu verbessern. Deshalb benötigen sie Informationen darüber, welche besonderen Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind und ob sie die Voraussetzungen haben, diese zu erlangen.

Hinzu kommt die Bildungsgutschein-Problematik: Die Arbeitslosen werden bei der Suche nach einem Kurs nicht mehr vom Arbeitsamt beraten und sollen sich ihre Weiterbildungsmaßnahme selbst suchen. Die Arbeitsämter kümmern sich nun vor allem um Art und Dauer der Förderung und stellen Bildungsgutscheine aus, statt wie bisher in konkrete Maßnahmen zu vermitteln (vgl. „Mehr Schein als Sein“). Und die Weiterbildungsfirmen sind nun aufgefordert, diese Beratungslücke zu füllen.

Arbeitslose, die auf dem Wege der Weiterbildung wieder in den Arbeitsmarkt gelangen wollen, sind also mit einem ganzen Paket an Fragen und Problemen konfrontiert, die sie – auf sich allein gestellt – nicht lösen können. Das macht die persönliche Beratung durch die Weiterbildungsfirmen so wichtig.

Beratung ist selbstverständlich

Immerhin scheint sich die zunehmende Bedeutung persönlicher, individuell zugeschnittener Beratung herum gesprochen zu haben: So war es für die meisten Weiterbildungsanbieter eine Selbstverständlichkeit, unseren Testern einen Beratungstermin, teilweise auch den Besuch einer Informationsveranstaltung anzubieten. Das war in unserem Test im vergangenen Jahr noch nicht der Fall gewesen.

Zum Teil große Mängel offenbarten sich aber bei der Qualität der persönlichen Beratungen. In zwei Fällen waren die Berater noch nicht einmal in der Lage, auch nur annähernd eine Gesprächsatmosphäre herzustellen, die einen Gedankenaustausch überhaupt möglich macht.

Bei Comhard zum Beispiel wurden unsere Tester zur Beratung in einen Schulungsraum gebeten, in dem der anwesende Trainer dann abwechselnd die Fragen der Teilnehmer beantwortete und unsere Tester informierte. Ein Berater von CDI in Dortmund erwies sich als omnipräsent: Er schaffte es tatsächlich, zwei Beratungsgespräche in zwei verschiedenen Räumen gleichzeitig zu führen.

Vorkenntnisse schlecht geprüft

Diese Extrembeispiele blieben zwar die Ausnahme. Dennoch ist ein zentrales Ergebnis unseres Tests, dass die Anbieter nicht gründlich genug geprüft haben, ob der Besuch des Kurses und die beruflichen Perspektiven, die sich daraus ergeben, den Vorkenntnissen und Erwartungen der Nachfrager entspricht.

Doch das ist absolut notwendig: Die von uns getesteten Kurse zum Netzwerkspezialisten richten sich in erster Linie an arbeitslose IT-Fachkräfte, die über zum Teil jahrelange Berufserfahrung und ein ausgeprägtes Maß an technischem Know-how verfügen.

Die weit verbreitete Annahme, IT-Weiterbildungskurse richteten sich vor allem an Quereinsteiger, gilt dagegen nur noch bedingt. Schon jetzt arbeiten in Deutschland 1,6 Millionen IT-Experten. Rund 80 Prozent davon kommen aus anderen Branchen und können oft keine fachlichen oder universitären IT-Abschlüsse, wohl aber Berufserfahrung vorweisen. Das macht den Markteintritt für Quereinsteiger ohne diese Praxis natürlich schwer.

Schwere Zeiten für Quereinsteiger

Es wäre deshalb fahrlässig, jemanden in den immer enger werdenden Arbeitsmarkt zu schicken, der die fachlichen Voraussetzungen nicht erfüllen kann. Doch das kann passieren, wenn die Berater selbst nicht über die notwendigen Marktkenntnisse verfügen und Beratungskompetenzen nicht vorhanden sind.

Das gilt selbst dann, wenn sich der Anbieter vorbehält, die Qualifikation des Nachfragers noch mit einem Eignungstest zu prüfen. Ein Test kann ein persönliches Gespräch nicht ersetzen, höchstens ergänzen. Nicht alle von uns geprüften Institute bieten solche Tests an; teilweise waren sie veraltet.

Zwar erkundigten sich nahezu alle Berater nach dem beruflichen Werdegang unserer Tester. Doch notwendige Qualifikationen für eine Erfolg versprechende Kursteilnahme wurden in der Regel nur am Rande thematisiert.

Das betrifft zum Beispiel die notwendigen IT- und Englischkenntnisse der Nachfrager. Keiner der getesteten Anbieter fragte alle unserer insgesamt sieben Tester nach diesen Qualifikationen. Die Berater von Cimdata und WBS Training zum Beispiel erkundigten sich gar nicht nach den erforderlichen Sprachkenntnissen. Bei der PTM-Akademie und erneut bei Cimdata wurde in nur drei der insgesamt sieben Gespräche nach den Fähigkeiten am Computer gefragt – mehr als nur eine Lappalie bei einer Beratung zu einem IT-Weiterbildungskurs.

Informationen erst auf Nachfrage

Informationen zu den konkreten Inhalten der Kurse, zum Aufbau und zu den eingesetzten Lernformen erhielten unsere Tester meist erst auf konkrete Nachfragen hin. Doch die Kurskonzepte im Netzwerkbereich variieren erheblich. Und die Anbieter können nicht davon ausgehen, dass die Nachfrager sich bereits detailliert mit den Kurskonzepten auseinander gesetzt haben.

So unterscheiden sich zum Beispiel die Lernformen, die die Anbieter in ihren Kursen einsetzen, erheblich voneinander. Manche Einrichtungen beschränken sich auf reinen Gruppenunterricht, manche kombinieren Gruppenunterricht mit Computer basierten Trainingseinheiten (CBT). Comhard etwa setzt ausschließlich auf Selbstlernmedien. Der Trainer hat dann nur noch eine betreuende Funktion, während sich die Kursteilnehmer ihr Wissen durch das Internet, Bücher und Übungseinheiten aneignen.

Immerhin informierten die Berater unsere Tester zumeist gründlich über die Prüfungen zu den IT-Zertifikaten, mit denen die Kurse abschließen (siehe Kasten). Nicht auf der Höhe des Geschehens war allerdings ein Berater bei CDI in Hamburg. Auf die Frage, was für das LPI-Zertifikat zu leisten sei, entgegnete er: „Es müssen Prüfungen abgelegt werden. Aber fragen sie mich nicht wie viele.“

Wohnortwechsel für den Job

Erfolgreich ist eine Weiterbildungsmaßnahme für Teilnehmer nur dann, wenn sie ihre Chancen auf einen Job verbessert. Dafür sollten Berater ein realistisches Bild von den beruflichen Perspektiven für Netzwerkspezialisten haben. Auch sollten sie ihre Kunden über den beruflichen Alltag des Berufes informieren. Doch insgesamt kratzten die von uns getesteten Berater auch in dieser Frage nur an der Oberfläche und blieben viele Informationen schuldig.

Nicht alle Berater waren so offen wie jener, der zu den Arbeitsmarktperspektiven von Netzwerkern meinte: „Genaueres dazu kann ich ihnen auch nicht sagen.“ Potenzielle Kursteilnehmer zum Beispiel sollten von ihren Beratern erfahren, ob entsprechende Stellen auf dem regionalen Arbeitsmarkt vorhanden sind oder eventuell ein Wohnortwechsel notwendig ist, um einen Job zu bekommen.

Auch die Bereitschaft, als Freiberufler tätig zu sein oder weit mehr als einen Achtstundentag zu absolvieren, sind wichtige Aspekte, die oft als Grundvoraussetzung auf der Suche nach einem Arbeitsplatz gelten. Zum Allgemeingut in der IT-Branche ist inzwischen die Forderung geworden, dass Beschäftigte unbedingt die Bereitschaft mitbringen sollten, sich permanent weiter zu bilden. Nur so kann man in diesem Bereich auf dem Stand neuester technischer Entwicklungen sein; da sind sich die Experten einig.

Wirtschaftliche Zwänge beachten

Doch hier steckt der Teufel im Detail: Die Weiterbildungsfirmen haben ein ökonomisches Interesse daran, ihre Kurse mit einer ausreichenden Zahl an Teilnehmern zu füllen. Gerade durch die neue Bildungsgutschein-Regelung geht es für einige sogar um die nackte Existenz (siehe „Mehr Schein als Sein“). Da könnte ein zu detailliertes Nachfragen dazu führen, dass sich Kandidaten als ungeeignet für einen Kurs entpuppen und deshalb abgelehnt werden müssten – obwohl der Anbieter sie aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten dringend bräuchte.

„Wenn der Kurs nicht voll wird, nehmen wir jeden“, brachte es ein Berater des Mibeg-Institutes auf den Punkt. Doch wenn Anbieter Kandidaten in ihre Kurse lassen, bei denen die Teilnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut in die Arbeitslosigkeit mündet, ist das natürlich äußerst problematisch.

Mängel auch im Service

Auch im allgemeinen Service offenbarten die getesteten Anbieter Mängel: Bei telefonischer Kontaktaufnahme zum Beispiel prüften die meisten Anbieter nur sporadisch, ob der Anrufer auch der Zielgruppe der nachgefragten Kurse entspricht. Doch wenn dies nicht geklärt ist, macht die Vereinbarung eines persönlichen Gesprächs keinen Sinn.

Auch Informationsmaterialien verschaffen den Nachfragern Gelegenheit, sich vor dem Beratungsgespräch über Firma, angebotene Kurse und entsprechende Inhalte zu informieren und Angebote zu vergleichen. Doch viele Anbieter gaben unseren Testern nicht immer das gleiche Infomaterial aus.

Dass Weiterbildungsfirmen, die im IT-Bereich aktiv sind, mit schriftlichen Materialien Probleme haben, werden Ihnen Computerfans wohl verzeihen. Ob das aber auch für die Qualität ihrer Websites gilt, bleibt fraglich: Es ist erstaunlich, dass alle von uns getesteten Anbieter nur durchschnittliche Noten für ihren Internet-Auftritt bekamen.

Insgesamt also ist das Bemühen, den Kunden einen guten Service zu bieten, erkennbar; dennoch sind die Mängel in diesem Bereich nicht zu übersehen. Beispielhaft kann dies an Cimdata verdeutlicht werden: Das Institut organisierte eine informative Veranstaltung zum Bildungsgutschein und bot einem unserer Tester sogar einen Unterricht auf Probe an – was ansonsten gar nicht vorkam.

Andererseits vernachlässigte es ganz einfache „Service-Weisheiten“: Es gibt etwa nur feste Sprechzeiten, was lange Wartezeiten mit sich bringen kann. Und die Nachfrager werden nicht unbedingt von Spezialisten beraten; die Berater sind also nicht immer in der Lage, fachlich fundierte Auskünfte zum Kurs zu geben.

Fachlich gute Beratung schwierig

Doch das ist auch nicht ganz einfach: Die hohen technischen Anforderungen, die an einen Netzwerker gestellt werden, und die geringe Halbwertzeit, die Wissen in der IT-Branche hat, macht die Beratung selbst für Spezialisten schwierig. Im Grunde können fachlich fundierte Beratungen in diesem Fall wohl nur Leute aus der Praxis leisten. Praktische und theoretische Kenntnisse sollten auch die Lehrenden der Weiterbildungsanbieter mitbringen, um die Kursinhalte vermitteln zu können. Meist informierten die Berater unsere Tester aber erst auf Nachfrage, welche pädagogischen Fähigkeiten und beruflichen Erfahrungen ihre Trainer haben.

Viele Aussagen blieben undifferenziert, wie zum Beispiel die eines Beraters: „Unsere Dozenten sind alle Spitze!“ Andere „Nachweise“ der Trainerqualität glitten ins Komische ab: So gibt es Anbieter, deren Trainer in T-Shirts stecken, auf denen der Schriftzug „Microsoft Certified Trainer“ zu lesen ist. Was das bedeutet, thematisierten die Berater in den Gesprächen dann aber nicht.

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