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Viele Jahre lang haben Hormonpräparate zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden als Segen gegolten, seit 2002 werden sie als eher riskant eingestuft. Auch neueste Studienauswertungen geben keine vollständige Entwarnung. Immerhin: Die Präparate erhöhen nicht die Gefahr, frühzeitig zu sterben. Aber: Schwerwiegende Erkrankungen können durchaus eine Folge der Hormongaben sein.
Vielversprechende Hormone
Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit – viele Frauen leiden unter der hormonellen Umstellung in den sogenannten „Wechseljahren“. Früher verschrieben Frauenärzte zur Linderung der Beschwerden schnell Hormonpräparate – meist eine Kombination aus Östrogen und Gestagen; bei Frauen, deren Gebärmutter entfernt worden war, ausschließlich Östrogen. Eine weitläufige Annahme unter Medizinern: Zusätzlich sollten die Präparate ihre Anwenderinnen auch vor Herz-Kreislauferkrankungen und Demenz im Alter schützen. Dann – nach umfassenden Studien, an denen Tausende Frauen beteiligt waren – setzte etwa um die Jahrtausendwende ein flächendeckendes Umdenken ein. Die Hormone wurden zögerlicher verschrieben. Und das zu Recht. An diesem Fazit rütteln auch neu vorliegende Analysen nicht.
Akute Risiken für die Gesundheit
Die deutlichen Risiken der Hormontherapie wurden bereits Anfang des Jahrtausends deutlich: Im Rahmen der „Women`s Health Initiative“ (WHI)-Studien wurden rund 27 000 Studienteilnehmerinnen, die im Schnitt 63 Jahre alt waren und bereits seit mehreren Jahren keine Regelblutung mehr hatten, mit Hormonpräparaten behandelt. Das ernüchternde Ergebnis damals: Entgegen den ursprünglichen Annahmen erlitten sie sogar mehr Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen in den Beinvenen als diejenigen Frauen, die zum Vergleich nur Scheinmedikamente erhielten. Zusätzlich erhöht war die Zahl der Brustkrebserkrankungen. Und über 65-jährige Anwenderinnen erkrankten öfter an Demenz.
Langfristig keine erhöhte Sterberate
Kürzlich wurden nun Ergebnisse der Nachbeobachtungsphase im Fachmagazin Jama (englisch) veröffentlicht. Das heißt: Wissenschaftler werteten rund 13 Jahre nach dem Abbruch der WHI-Studien die Sterberate der Frauen aus, die daran teilgenommen hatten. Die Langzeitergebnisse können lediglich in einem Punkt beruhigen: Für die Frauen, die über längere Zeit Hormone erhalten hatten, ergab sich in der Folge keine erhöhte Sterblichkeit. Aber: Das akute Risiko, schwerwiegend zu erkranken – etwa an Brust- oder auch Eierstockkrebs, eine Thrombose in den Beinvenen, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden – bleibt als folgenschwere Nebenwirkung einer Hormonersatztherapie bestehen.
Herz-Kreislauferkrankungen beugen Hormone nicht vor
Dass die Hormone, wie einst angenommen, sogar eine vorbeugende Wirkung haben könnten, bestätigte sich nie. Ganz im Gegenteil: Weil die Schäden den Nutzen der Hormonbehandlung eindeutig überwogen, wurden die ursprünglichen WHI-Studien frühzeitig abgebrochen – für die Frauen, die eine Kombination aus Östrogen und Gestagen erhalten hatten, bereits nach 5,5 Jahren; für die Frauen, die ausschließlich Östrogen erhalten hatten, nach 7,2 Jahren. Vorgesehen war eigentlich eine Laufzeit von 8,5 Jahren. Als Ergebnis stand fest: Zur Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen sollten Ärzte keine Hormone mehr verschreiben.
Dänische Studie war nicht belastbar
Eine viel beachtete Studie von dänischen Forschern, veröffentlicht im Jahr 2012 im British Medical Journal, schien die ernüchternden Ergebnisse der WHI-Studien zunächst zu relativieren – vor allem für jüngere, erst kürzlich in die Wechseljahre gekommene Frauen. Später entpuppte sich die Studie aber aufgrund methodischer Mängel als wissenschaftlich nicht beweiskräftig.
Hormone möglichst niedrig dosieren
Nach wie vor gilt also: Hormonpräparate sollten generell, auch bei starken Wechseljahresbeschwerden, nur nach einer gründlichen und individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung vom Arzt verschrieben werden. Frauen sollten die Präparate möglichst kurze Zeit und in niedriger Dosierung einnehmen und nur, wenn keine Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen. Belastbare Untersuchungsergebnisse speziell für jüngere Frauen, die erst kürzlich in die Wechseljahre gekommen sind, liegen weiterhin nicht vor.
Ratgeber Wechseljahre der Stiftung Warentest

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Datenbank Medikamente im Test
Auch die Datenbank Medikamente im Test auf test.de enthält umfassende Informationen zum Thema und Bewertungen von Medikamenten gegen Beschwerden in den Wechseljahren:
Bewertungen von Medikamenten vom Arzt und Bewertungen von rezeptfreien Medikamenten
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Wieso wird die alte Story der amerikanischen Studie immer wieder zitiert?
"Conjugated equine estrogens" wurden benutzt (Östrogene aus Pferdeurin - Premarin) und die Frauen (Durchschnittsalter 63,4 Jahre) hatten bereits allerlei andere gesundheitlichen Beschwerden ehe sie mit der Hormonersatztherapie begannen.