Interview: Solarstrom für die Wärmepumpen-Heizung

Dr. Harald Drück leitet das Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen (TZS) an der Universität Stuttgart.
Egal ob eine Heizung mit Gas, Öl, Holzpellets oder Strom betrieben wird – Solartechnik kann häufig eine sinnvolle Ergänzung sein. Die vielfältigen Möglichkeiten stellt der Energieexperte Harald Drück im Gespräch mit test.de vor.
Trinkwasserbereitung
Herr Drück, wie groß sollte die Fläche von Solarthermie-Kollektoren sein, um eine 4-köpfige Familie mit Warmwasser zu versorgen?
4 bis 6 Quadratmeter reichen. Je nachdem, wie effizient die Kollektoren sind. Vakuumröhrenkollektoren sind am effizientesten.
Um wie viel Prozent lässt sich der jährliche Energieaufwand für die Trinkwassererwärmung verringern, wenn ich mir eine solche Solaranlage installieren lasse?
Um 50 bis 60 Prozent.
Muss die Solaranlage unbedingt nach Süden zeigen? Um wie viel Prozent sinkt der jährliche Ertrag, wenn sie nach Westen oder Osten ausgerichtet ist?
Eine Südausrichtung muss nicht sein. Um wie viel Prozent der Ertrag sinkt, hängt davon ab, wie steil der Kollektor montiert ist. Bei einem Neigungswinkel von 30 bis 45 Grad reduziert sich der Ertrag bei reiner Ost- oder Westausrichtung im Vergleich zur optimalen Südausrichtung um etwa 20 Prozent.
Müssen Kollektoren aufs Dach? Können sie zum Beispiel auch im Garten stehen und sich an die Hauswand lehnen?
Ja das ist möglich. Wichtig ist jedoch, dass keine Pflanzen die Kollektoren verschatten. Praktisch sind die Kollektoren auch quasi als Vordach an der Fassade, weil sie dort auch Schatten für die Fenster darunter spenden können. Ebenso können Sie als eine Art Vordach über der Haustüre montiert werden. Das hat auch den Vorteil, dass man nicht direkt im Regen steht, wenn die Sonne einmal nicht scheint.
Heizungsunterstützung
Die meiste Heizenergie wird zu einer Jahreszeit benötigt, in der die Sonne wenig scheint. Bringen Solaranlagen da überhaupt was fürs Heizen?
Ein wesentlicher Teil der Heizenergie wird auch in der Übergangszeit verbraucht, also im Frühjahr und im Herbst. Genau in dieser Zeit können solare Kombianlagen die Heizung sinnvoll unterstützen. Besonders ertragreich arbeiten in diesem Fall Kollektoren mit südlicher Ausrichtung, die relativ steil mit einem Winkel von 45 Grad aufgestellt sind – passend zur tief stehenden Wintersonne.
Um wie viel Prozent lässt sich der Öl- oder Gasverbrauch verringern, wenn ich eine solche Solaranlage wähle?
Das hängt stark vom Wärmebedarf des Gebäudes und der Größe der Solaranlage ab. Bei einem typischen Einfamilienhaus Baujahr Ende der 70er Jahre mit einem jährlichen Gesamtwärmebedarf von 20 000 Kilowattstunden pro Jahr sind mit einer Kollektorfläche von 15 Quadratmetern Einsparungen in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent möglich. Bei besserem Wärmeschutz kann eine typische Kombianlage auch eine Einsparung von zirka 30 Prozent erzielen.
Worauf sollten Kunden achten, wenn sie einen Kombispeicher für Warmwasser und Heizungsunterstützung auswählen?
Das Entscheidende ist, dass er durch die Kellertüren passt und dass im Aufstellraum genügend Platz vorhanden ist. Wichtig ist auch eine sehr gute Wärmedämmung des Speichers. Erkundigen Sie sich nach der Energieeffizienzklasse des Speichers. Diese sollte mindestens A oder B betragen. Relevant ist auch, ob das Trinkwasser durch einen internen Wärmeübertrager oder eine externe Frischwasserstation erwärmt wird. Einfacher und relativ wenig störanfällig sind die internen Trinkwasser-Wärmeübertrager.
Welche Vor- und Nachteile haben Vakuum-Kollektoren?
Vorteil ist die größere thermische Leistungsfähigkeit. Sie liefern insbesondere an kalten, sonnigen Wintertagen mehr Solarwärme als Flachkollektoren. Allerdings sind Vakuumröhrenkollektoren auch teurer.
Bei welchen Heizsystemen ist die solare Heizungsunterstützung besonders sinnvoll?
Bei Niedertemperatur-Heizsystemen, weil die Kollektoren niedrige Temperaturen besonders effizient erreichen können.
Photovoltaik (PV)
Viele Menschen sind unsicher, ob sie Photovoltaik-Module zur Stromerzeugung einsetzen sollen oder Kollektoren für Warmwasser und Heizung. Wozu raten Sie?
Im Idealfall zu beidem. Die PV-Module zur teilweisen Deckung des eigenen Strombedarfs und die Sonnenkollektoren zur Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung.
Photovoltaik lässt sich als eigenständiges System installieren – losgelöst von Gasbrennwertgerät oder Pelletheizung. Welche Vor- und Nachteile hat diese Lösung?
Vorteilhaft ist, dass PV-Anlagen relativ einfach zu installieren sind. Es gibt keine Interaktion mit dem Heizsystem. Nachteil ist, dass in diesem Fall der Solarstrom nur zur Deckung des Haushaltsbedarfs und zur Netzeinspeisung genutzt werden kann.
Warum lohnt sich ein möglichst hoher Eigenverbrauch des erzeugten Stroms?
Weil der Strom kostengünstiger selbst erzeugt werden kann, als wenn man ihn beim Energieversorger teuer kaufen muss.
Ist es sinnvoll, den selbst erzeugten Strom zu nutzen, um über einen Heizstab die Heizung zu unterstützen?
Ja, aber nur wenn PV-Strom im Überschuss vorhanden ist, also wenn die Anlage mehr Strom liefert als im Haushalt aktuell verbraucht wird. Dann kann die Verwertung im Heizstab lukrativer sein als die Einspeisung ins öffentliche Netz.
Was sind die entscheidenden Vor- und Nachteile von Photovoltaik im Vergleich zur Solarthermie, wenn man sein Haus solartechnisch nachrüsten will?
Die Nachrüstung einer PV-Anlage kann völlig unabhängig von der im Gebäude vorhandenen Heizanlage erfolgen. Die Solarthermieanlage muss ins Heizsystem integriert werden. Aber auch das gelingt im Allgemeinen problemlos. Von daher sollten Sie im Idealfall beide Technologien nachrüsten.
Ist die Nutzung der Sonnenenergie mit Photovoltaik kostengünstiger als mit Solarthermie?
Die Installation einer thermischen Solaranlage wird derzeit sehr stark durch die Bafa gefördert. Bei den gegenwärtig relativ niedrigen Preisen für Öl und Gas und den hohen Strompreisen lässt sich jedoch mit einer PV-Anlage zusätzliches Geld sparen.
Wärmepumpe
Die meisten Wärmepumpen werden elektrisch angetrieben. Liegt es da nicht nahe, sie mit selbst erzeugtem PV-Strom zu versorgen?
Theoretisch ja, praktisch ist aber insbesondere im Winter, wenn die Wärmepumpe viel Strom benötigt, wenig PV-Strom-Überschuss vorhanden.
Wenn ich eine neue PV-Anlage installiere: Nach welchen Prioritäten nutze ich den erzeugten Strom am besten?
Mit dem selbst erzeugten PV-Strom sollte zuerst der zeitgleich vorhandene Haushaltsstrombedarf abgedeckt werden, da hier am meisten Geld gespart wird. Ist dann noch PV-Strom übrig, kann dieser zum Antrieb einer Wärmepumpe oder zum Betrieb eines elektrischen Heizstabs verwendet werden. Falls dann immer noch ein Überschuss vorhanden ist, sollte dieser ins Netz eingespeist werden.
Sind solche Regelungen, die diese Prioritäten regeln, bereits erhältlich und lohnt sich das auch finanziell?
Ja, von einzelnen Herstellern werden derartige Energiemanager angeboten. Langfristig betrachtet werden sich solche Systeme auf jeden Fall rechnen.
In Zukunft könnte es immer öfter variable Stromtarife geben, bei denen der Preis von der Nachfrage abhängt, aber auch davon, wie gut der Wind aktuell die Windräder antreibt. Ist in Anbetracht dieser Perspektive eine Wärmepumpe mit Pufferspeicher sinnvoll? Die könnte dann auf Vorrat produzieren, wenn der Strom billig ist …
Ja. Allerdings kann man entsprechende Betriebsstrategien auch heute schon realisieren, wenn man seine PV-Anlage mit der Wärmepumpe kombiniert. Hierzu muss die Wärmepumpe immer dann betrieben werden, wenn selbst erzeugter PV-Strom im Überschuss vorhanden ist. Fragen Sie Anbieter von Wärmepumpen und Heizungssystemen oder auch Ihren Installateur gezielt nach entsprechenden cleveren, „smarten“ Regelungen.
Worauf müsste ein Kunde achten, um sich diese Zukunftsoption zu sichern?
Am wichtigsten für diese Zukunftsoption ist, dass eine Wärmepumpe installiert wird, die modulierend betrieben werden kann. Denn nur dann kann die Wärmepumpe so betrieben werden, dass sie nur so viel PV-Strom verbraucht wie zum jeweiligen Zeitpunkt nach der Deckung des Haushaltstrombedarfs gerade übrig ist.
Was ist bei der Wahl des Pufferspeichers wichtig?
Der Speicher sollte möglichst groß sein. Zum Beispiel für ein Einfamilienhaus 600 bis 1500 Liter.
Damit Wärmepumpen wirtschaftlicher laufen, wird oft eine Fußbodenheizung empfohlen. Lässt sich mit zusätzlichen Heizkörpern in den Räumen, die am ehesten auskühlen, nicht auf einfache Weise ebenfalls erreichen, dass die Vorlauftemperatur des Systems sinkt?
Ja, das ist grundsätzlich möglich. Häufig kann die Heizung auch dann mit relativ niedrigen Vorlauftemperaturen betrieben werden, wenn das Haus nachträglich wärmegedämmt wird, weil dann die alten Heizkörper ja quasi überdimensioniert sind.
Warum sind die niedrigen Heizwassertemperaturen beim Wärmepumpenbetrieb so wichtig?
Weil die Wärmepumpe umso effizienter arbeitet, je niedriger die Temperaturen sind, die sie erzeugen muss
Holzpellets
Unter welchen Bedingungen ist eine Holzpelletheizung sinnvoll?
Insbesondere dann, wenn das Gebäude bislang mit Öl beheizt wurde und kein Gasanschluss vorhanden ist – und das Dämmen aufwändig oder sogar unmöglich ist. Ebenso bietet sich eine Holzpelletheizung dann an, wenn eine Heizung installiert ist, die hohe Vorlauftemperaturen erfordert. Also zum Beispiel alte Heizkörper oder auch ein sogenanntes Einrohrheizsystem.
Zukunftsaussichten
Welche Entwicklungen und Trends erwarten Sie für die Zukunft?
Es wird zukünftig immer mehr Hybridsysteme geben: Systempakete bestehend aus Wärmepumpe und Gastherme werden heute bereits angeboten. Zukünftig ist zu erwarten, dass es auch standardisierte Kombinationen mit Pelletkessel und Wärmepumpe geben wird. Ebenso wird eine Solarthermieanlage auch bei derartigen Systemen immer mehr zur Selbstverständlichkeit.
Wenn Sie persönlich heute für ein altes Einfamilienhaus ein neues Heizsystem auswählen müssten, wofür würden Sie sich entscheiden?
Je nach den gegebenen Rahmenbedingungen würde ich mich für einen Holzpelletkessel oder eine Wärmepumpe entscheiden. Auf alle Fälle würde ich auch eine große Solarthermieanlage installieren, die den ganzen Sommer über das Trinkwasser erwärmt und im Winterhalbjahr die Heizung wesentlich unterstützt.
Und bei der Planung eines Neubaus?
Dann wäre es bei mir auf jeden Fall ein sogenanntes Sonnenhaus, mit großer Solarthermie- und PV-Anlage sowie einem großen Wärmespeicher. Damit kann weit mehr als die Hälfte des jährlichen Wärme- und Strombedarfs umweltschonend mit Solarenergie gedeckt werden.
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