
Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft in einer jüngst veröffentlichten Studie verarbeitetes Fleisch, etwa Wurst und Schinken, als krebserregend ein. Rotes Fleisch, zum Beispiel von Schwein und Rind, gilt als wahrscheinlich krebserregend. Heißt das, dass jedes Würstchen zur tödlichen Gefahr wird? test.de fasst die neuen Erkenntnisse zusammen und gibt Tipps für eine gesunde Ernährung. Übrigens: Die Stiftung Warentest hat Salami auch getestet.
WHO warnt vor Wurst
Tabak, Alkohol, Asbest – laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten mehr als 100 Stoffe als krebserregend. Seit Ende Oktober 2015 steht auch ein bei vielen Deutschen äußerst beliebtes Lebensmittel auf der Liste: verarbeitetes Fleisch, wie zum Beispiel Wurst und Schinken. Auch rotes (also von Säugetieren wie Rind, Schwein, Schaf stammendes) Fleisch hat die WHO bewertet – und stuft es als „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen ein. „Die Ergebnisse unterstützen derzeitige Empfehlungen, den Fleischkonsum zu beschränken“, erklärte Christopher Wild, Direktor der IARC. Die internationale Krebsforschungsagentur gehört zur WHO und hat in deren Auftrag die neue Bewertung erarbeitet.
Zusammenhang vor allem mit Darmkrebs festgestellt
Die IARC bewertet das Krebspotenzial verschiedener Faktoren, etwa von Chemikalien, Gemischen, Lebensgewohnheiten, indem sie zugehörige Studien sichtet. Auf dieser Basis nimmt sie eine Einteilung vor: von „krebserregend“ (Gruppe 1) bis zu „wahrscheinlich nicht krebserregend“ (Gruppe 4). Für die aktuelle Einschätzung werteten Mitarbeiter mehr als 800 Untersuchungen aus verschiedenen Ländern aus. Meist handelte es sich um epidemiologische Studien. Diese betrachten menschliche Bevölkerungsgruppen, um den Zusammenhang zwischen einer Krankheit und einer möglichen Ursache zu erforschen. Beim Verzehr von rotem Fleisch ist die Beweislage laut IARC nicht ganz eindeutig. Ein Zusammenhang lasse sich vor allem bei Darmkrebs erkennen, möglicherweise auch bei Bauchspeicheldrüsen- und Prostatakrebs. Zudem hält die IARC es für wissenschaftlich erwiesen, dass verarbeitete – also zum Beispiel gesalzene, geräucherte oder gepökelte – Fleisch- und Wurstwaren bei Menschen Darmkrebs verursachen können.
Das Risiko ist absolut betrachtet gering
Das individuelle Krebsrisiko steigt laut IARC mit der konsumierten Fleischmenge, ist aber absolut betrachtet gering. Schätzungsweise 34 000 Todesfälle pro Jahr verursache verarbeitetes Fleisch demnach – weltweit. Tabak zum Beispiel sei ungleich gefährlicher und fordere alljährlich ungefähr eine Millionen Krebstote. Dass beides, Rauchen wie Wurstessen, nun als krebserregend eingestuft wird, heißt also nicht, dass das Krebsrisiko gleich groß ist, sondern nur, dass der Zusammenhang von Konsum und Krebs ähnlich gut belegt ist.
Krebserregende Substanzen im Fleisch
Proteste erzeugte die Einschätzung der IARC vor allem bei der Fleischindustrie. Viele Forscher vermuteten aufgrund entsprechender Studien schon lange, dass Fleisch Krebs auslösen kann. Zu einem guten Teil liegt das Problem darin, dass bei der Verarbeitung sowie beim Grillen oder Braten schädliche Stoffe entstehen. Dazu zählen sogenannte Nitrosamine, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und heterozyklische aromatische Amine (HAA). Wie viel davon tatsächlich gebildet werden, könnte je nach Verarbeitungsmethode schwanken. So werden einige deutsche Wurstarten wie Weißwurst und Gelbwurst nicht gepökelt und landen außerdem nicht auf dem Bratrost. Zu solchen Unterschieden, räumt die IARC ein, gebe die neue Auswertung keinen Aufschluss.
Fleisch enthält wichtige Nährstoffe
Einen völligen Verzicht empfiehlt die IARC nicht: „Fleisch zu essen hat bekannte Vorteile für die Gesundheit.“ So liefert es Eiweiß für den Aufbau und Erhalt verschiedener Körpergewebe, B-Vitamine sowie Eisen. Letzteres ist wichtig für den Sauerstofftransport durch die roten Blutkörperchen. Die IARC rät nun Verbrauchern, den Fleischkonsum einzuschränken, um Vor- und Nachteile in die richtige Balance zu bringen.
Das rechte Maß finden
Wie viel Fleisch geht in Ordnung? Die IARC macht dazu keine Angaben und verweist auf nationale Empfehlungen. Die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) lautet: 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche. Das hilft auch, andere mögliche Risiken durch Fleischverzehr zu vermeiden, nämlich Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings sind 300 bis 600 Gramm für hiesige Verhältnisse nicht gerade viel. Frauen halten den Wert nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gerade so ein, Männer überbieten ihn deutlich. Im Schnitt kommen sie auf rund 1 000 Gramm Fleisch pro Woche.
-
- Was ist zu beachten, wenn man sich überwiegend pflanzlich und trotzdem gesund ernähren will? Die Stiftung Warentest gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
-
- Sie machen attraktiv und gehen oft mit guter Gesundheit und hoher Lebenserwartung einher: unsere Muskeln. Ohne Muskeln kann sich der Mensch nicht bewegen. Und nicht...
-
- Essen und Trinken zu produzieren kostet Ressourcen – welche Ernährungsweise ist am verträglichsten für Klima, Tierwohl und Gesundheit?
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@wibla: Der „Kunstdarm“ der Würstchen besteht selbstverständlich nicht aus Kunststoff. Er wird aus Kollagen, ein wesentlicher Bestandteil des tierischen Bindegewebes, herstellt und kann selbstverständlich unbedenklich verzehrt werden. Da Kollagenfasern eine enorme Zugfestigkeit besitzen, sind sie sehr gut zur Herstellung von Wursthüllen geeignet. (bp)
Zuggeben, Fleisch vom Grill sollte man nicht zu oft essen. Wie sieht es denn mit gekochtem Fleisch aus?
Bedenken habe ich aber bei einigen Würstchen deren Haut ich mitesse, Bratwurst, Brühwurst etc..
Ein Schlachter bestätigte mir, dass Naturdarm kaum noch verwendet würde.
Also esse ich Kunsttoff, oder was? Wie gefährlich ist das denn?
Bei der WHO weiß man eigentlich nie woran man gerade ist. Wie bei dem Thema Glykosan zu sehen ist wechseln dort die Meinungen wöchentlich oder monatlich. Vor kurzem wurde noch vor dem Verzehr von Eiern gewarnt wegen des angeblichen negativen Einflusses auf die Cholesterin-Werte. Dann kam plötzlich die gegenteilige Aussage: Keine Auswirkunmgen durch Eierverzehr!
So geht es leider laufend!
Ein Grund mehr sich über eine schonende und nicht schädliche Zubereitung von Fleisch zu informieren. Beispiel Niedriggarmethode. Ich denke, wer das beachtet und allgemein etwas den Verzehr von Fleisch reduziert, tut sich und uns allen einen großen Gefallen und hat nichts zu befürchten.
Inzwischen rudert man ja wieder etwas zurück... Ich verändere mein Essverhalten aufgrund so einer Studie nicht. Versuche aber schon seit längerem weniger Fleisch zu essen, aber aus ganz anderen Gründen. (Tierhaltung, Umwelt)