Wenn minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern nach Deutschland kommen, brauchen sie einen Vormund. Meist übernimmt das Jugendamt diese Aufgabe. Doch auch Privatpersonen können sich um Jugendliche kümmern.
Aufgaben eines Vormunds
Ein Vormund ist der rechtliche Vertreter eines unbegleiteten Minderjährigen bis zum 18. Geburtstag. Er übernimmt die elterliche Sorge, wobei der Jugendliche weiterhin in einer vom Jugendamt zugewiesenen Einrichtung, zum Beispiel einer Jugendwohngruppe, wohnt. Ein Vormund hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Erziehungsrecht und die Sorge für die Sicherstellung der Gesundheit – wie es im Beamtendeutsch heißt. Konkret hilft der Vormund bei gesundheitlichen Problemen und vereinbart beispielsweise Arzttermine. Er ist auch Ansprechpartner für Schule oder Ausbildungsbetrieb. Die nötigen Ämtergänge hat er im Blick. Außerdem kümmert er sich um den rechtlichen Aufenthaltsstatus, beispielsweise das Asylverfahren. Jugendämter oder Vereine, die auf unbegleitete Flüchtlinge spezialisiert sind, schulen und qualifizieren Vormünder. Flüchtlingsinitiativen vermitteln Rechtsberatung.
Persönliche Voraussetzungen
Ab Volljährigkeit kann jeder Vormund werden. Verlangt wird ein erweitertes Führungszeugnis ohne Eintragungen. Manche Jugendämter fordern auch ein Gesundheitsattest oder prüfen die persönliche Eignung und die materiellen Verhältnisse. Häufig suchen Jugendämter Ehrenamtliche mit „interkulturellen Kompetenzen“. Außerdem sollte ein Vormund keine Scheu haben, sich mit Bürokratie und Behörden auseinanderzusetzen.
Antrag beim Familiengericht
Die Vormundschaft muss beim Familiengericht beantragt werden. Das Verfahren kann mehrere Wochen dauern.
Aufwandsentschädigung
Für die ehrenamtliche Tätigkeit gibt es eine Aufwandspauschale von 399 Euro im Jahr. Ein höherer Betrag wird erstattet, wenn Ehrenamtliche ihre Aufwendungen wie Fahrtkosten, Telefonate, Portoquittungen detailliert nachweisen. Der Antrag auf Erstattung ist beim Familien- oder Betreuungsgericht einzureichen. Informationen gibt es bei den Justizverwaltungen in den Ländern.
Ansprechpartner
In allen Bundesländern gibt es Flüchtlingsräte, die Ansprechpartner für Einzelvormundschaften nennen können. Die Landesräte sind unabhängige Vertretungen und mit Flüchtlingsorganisationen, Unterstützungs- und Solidaritätsinitiativen vernetzt. Sie sind Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge Pro Asyl. Ebenso bietet der Bundesfachverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. eine Liste mit Vormundschaftsprojekten und -vereinen an.
Spenden und helfen
Wer Flüchtlingen helfen oder spenden will, findet bei der Stiftung Warentest im Special Hilfe für Flüchtlinge mehr Informationen.
-
- Wer sein Leben nicht mehr allein organisieren kann, dem helfen gesetzliche Betreuer. Die müssen nun das Selbstbestimmungsrecht stärker beachten.
-
- Der Bundesfinanzhof hat das Ehrenamt gestärkt: Übungsleiter können jetzt Verluste aus einer nebenberuflichen Tätigkeit absetzen. Und: Verluste aus...
-
- Wer sich nebenberuflich im (mobilen) Test- oder Impfcenter in Corona-Zeiten engagiert, kann bis zu 3 000 Euro steuerfrei erhalten. Das gilt auch im Jahr 2022.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@justizia: Zur rechtlichen Vertretung: Die ehrenamtliche Vormundschaft umfasst die rechtliche Vertretung eines Minderjährigen, das heißt, ein Vormund haftet nicht für einen Jugendlichen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in der Regel über das Jugendamt haftpflichtversichert. Verursacht ein minderjähriger Flüchtling einen Schaden, ist er zunächst selbst verantwortlich und kann den Schaden der Haftpflichtversicherung melden.
Kein Kostenrisiko: Sollten bei der ehrenamtlichen Tätigkeit Kosten anfallen, die über der pauschalen Aufwandsentschädigung von 399,00 Euro im Jahr liegen, so können Vormünder auch einen höheren Betrag geltend machen, wenn sie ihre Aufwendungen einzeln nachweisen. Für die anwaltliche Beratung der Jugendlichen im Hinblick auf ihr Bleiberecht oder einen Asylantrag entstehen Anwaltskosten. Da die Jugendlichen jedoch in der Regel vermögenslos sind, erhalten sie für eine rechtliche Beratung „Beratungshilfe“ und für die Beschreitung des Rechtsweges „Prozesskostenhilfe“ (PKH). Dies gilt für alle Menschen, die unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen liegen und rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen.(PH)
Leider wird hier das geltende Rechts für UMAs (unbegleitete minderjährige Ausländer) nicht erwähnt, denn die o.a. Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Es wurde das SGB VIII zum 01.11.2015 ergänzt und geregelt, wie ab "Auftauchen" der UMAs zu agieren ist. Das Jugendamt schaltet von sich aus das Familiengericht ein, das einen Vormund bestellt. Die Jugendämter, die die Vormundschaften zum größten Teil führen, wurden und werden umfassend geschult, um neben der "normalen" gesetzlichen Vertretung auch die weiteren Hürden (Sprache, Migrationshintergrund (ua Religion), Traumatisierung, Ausländer- und Asylrecht) im Sinne dieser Kinder/Jug.lichen zu nehmen. Die Amtsvormundschaft gehört zwar zum Jugendamt, arbeitet aber weisungsungebunden, Es sind auch Rechte der Kinder gegen das Jugendamt durchzusetzen und da tritt schnell eine Überforderung für ehrenamtliche Vormünder ein, nicht aber für Berufs- oder Vereinsvormünder, die auch geschult werden.
Es wird zu wenig auf die "rechtliche Umfeldsituation" des (deutschen) Vormundes bei der Übernahme einer Vormundschaft zu einem Flüchtling eingegangen? Wo & wann haftet der (deutsche) Vormund, welche Risiken geht er ein; wie ist die Rechtslage im Innenverhältnis Vormund-Mündel? Bzw. im Außenverhältnis Mündel gegenüber Staat & Bürger und der Vormund als "Rechtsvertreter" des Mündel???
Während Finanztest bei allen möglichen "Finanz- und Rechtsprodukten" die Verbraucherrechte tiefgehend & umfassend kritisch "beleuchtet", analysiert & bewertet - was ich ja gut finde - ist dieser VORMUND-Artikel SEHR OBERFLÄCHLICH & einseitig & eher werbend! Finanztest ist jedoch kein Presseerzeugnis der "Asylindustrie" sondern UNABHÄNGIG & NEUTRAL für VERBRAUCHERSCHUTZ! Wo bleibt hier der VORMUNDSCHAFTSSCHUTZ (bei aller Gesinnungsethik bzw. Gesinnungsjournalismus)???
Der Artikel, ein Apell an die Hilfsbereitschaft ist ja schon nett - jedoch wird zu wenig über die für einen Vormund für Flüchtlingskinder auch entstehenden KOSTEN & RISIKEN gesagt!?? Welcher zeitliche Aufwand, welcher Kostenaufwand (Rechtsanwälte arbeiten ja NICHT umsonst!?) usw. sind mit der Betreuung verbunden? Was geschieht wenn es zu unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich Religion, Lebensführung usw. kommt (immerhin sind CHRISTEN für MUSLIME UNGLÄUBIGE!!!) und vielfach haben wir mit unserem Kulturverständnis eben andere Lebens- und Wertvorstellungen. Flüchtlinge sind i.d.R. VERMÖGENSLOS, wenn sie einen SCHADEN - selbst unbeabsichtigt verursachen- (geschenktes Fahrrad Flüchtling kollidiert mit deutschem Auto!) - kann der GESCHÄDIGTE NICHT den FLÜCHTLING in Haftung nehmen - da eine Haftpflichtversicherung beim Flüchtling i.d.R. fehlt! Wie sieht die rechtliche Situation beim VORMUND (von der Haftung unbeabsichtigter Schäden des Mündel bis zu strafrechtlichen Vergehen ?) nun aus?