
Pauschalgebühren für die Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen sind verboten. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt, nachdem Landgerichte die Commerzbank und eine Reihe kleinerer Banken bereits mehrfach verurteilt hatten. test.de erklärt die Rechtslage und gibt Tipps.
Entschädigung bei vorzeitiger Ablösung
Immobilienkredite laufen oft über Jahrzehnte. Wer Haus oder Wohnung vor Ablauf der Zinsbindung verkaufen muss, darf den Vertrag kündigen. Allerdings muss er der Bank dann eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen und ihr den entgangenen Zinsgewinn erstatten. Die Berechnung ist allerdings kompliziert. Die Höhe der Forderung hängt vom vereinbarten Zinssatz, den für die Refinanzierung maßgeblichen Zinssätzen zur Zeit der Kündigung, der restlichen Laufzeit, etwaigen Sonderkündigungsrechten und dem Wiederanlagezins ab, den die Bank mit dem vorzeitig zurückgezahlten Geld erzielen kann. Viele Kreditinstitute verlangen daher außer der Vorfälligkeitsentschädigung auch Gebühren für die Berechnung.
Pauschale im Kleingedruckten verboten
Solche Berechnungsgebühren haben die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof immer mal wieder gebilligt. Die Richter sehen das als Schadenersatz, den der Kunde an die Bank zu zahlen hat. Danach kann die Bank Ersatz für den Aufwand verlangen, die ihr durch die Berechnung tatsächlich entsteht. Die Commerzbank allerdings forderte stets pauschal 300 Euro pro vorzeitig abgelöstem Darlehen – unabhängig vom Aufwand. Das darf sie nicht, hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt auf Antrag der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geurteilt. Solche pauschalierten Schadenersatzforderungen sind unzulässig, wenn Kreditkunden nicht wenigstens nachweisen dürfen, dass der Bank ein geringerer Schaden entstanden ist. Noch dazu ist die Commerzbank-Gebühr happig. Die Analyse Vorfälligkeitsentschädigung, die test.de in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Bremen und Hamburg anbietet, liefert die gleiche Berechnung für nur 70 Euro.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.04.2013
Aktenzeichen: 23 U 50/12 (nicht rechtskräftig)
Möglicherweise muss Commerzbank Gebühren erstatten
Wenn das Urteil rechtskräftig wird, heißt das für die Commerzbank: Sie durfte auf Grundlage ihrer rechtswidrigen Klausel gar nichts kassieren und muss zumindest ab 2010 gezahlte Berechnungsgebühren an die betroffenen Kunden zurückzahlen. Wenn sie die Gebühr trotz rechtskräftiger Verurteilung noch fordern sollte, können die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg oder die Schutzgemeinschaft für Bankkunden die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro beantragen. Möglicherweise kann die Commerzbank von ihren Kunden allerdings statt der rechtswidrigen Gebühr Schadenersatz auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen fordern. Dazu müsste sie allerdings im Einzelfall erklären, welcher Aufwand ihr jeweils entstanden ist. Das wird ihr im Nachhinein wohl kaum gelingen. Ganz sicher würde der Betrag weit unter 300 Euro liegen.
Tipps von test.de
Auch einer ganzen Reihe von anderen Banken haben Gerichte Gebühren für die Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen verboten. Wie Sie rechtswidrige Klauseln erkennen und Erstattung der Gebühren verlangen, erklärt test.de in der Meldung Gebühr für Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung: Fordern Sie Ihr Geld zurück.
Andere Banken oft im Recht
Bei anderen Banken allerdings werden Kunden oft Gebühren für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen. Wenn die Gebührenklausel Kunden zumindest die Möglichkeit gibt, die Höhe der Kosten anzuzweifeln, darf die Bank kassieren. Auch ganz ohne Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Bank im Vorteil, wenn sie nicht gerade so viel Geld fordert wie die Commerzbank. Wenn es zum Streit kommt, dürfen Richter schätzen, welcher Aufwand der Bank entstanden ist.
Tipp: Wenn Sie wegen des Verkaufs von Haus oder Wohnung unter Zeitdruck stehen, bleibt Ihnen nichts übrig, als zu zahlen, was die Bank fordert. Sie sollten sich allerdings die Rückforderung vorbehalten. Schreiben Sie in den Verwendungszweck der Überweisung oder separat per Einschreiben mit Rückschein an die Bank: „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.“ Sie können ergänzen: „Ich behalte mir vor, den Betrag ganz oder teilweise zurückzufordern, sofern er Ihnen nicht zusteht.“ Sie können dann später schauen, ob eine Rückforderung Aussicht auf Erfolg hat.
Bei geplatztem Kredit bekommt die Bank nur Verzugszins
Ganz anders ist die Rechtslage bei geplatzten Immobiliendarlehen: Wenn die Bank ihrerseits den Kreditvertrag mit Privatkunden kündigt, darf sie anschließend nur noch einen Verzugszins in Höhe von derzeit 2,37 Prozent kassieren. Das ist die klare Ansage von Ulrich Wiechers, dem Vorsitzenden des Bankensenats beim Bundesgerichtshof. test.de berichtet und liefert Tipps und Mustertexte.
[Update 18.04.2013] Diese Meldung ersetzt die Fassung vom 09.04.2013, die sich mit einem aktuellen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zum gleichen Thema befasste.
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Ich habe durch einen Anwalt die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden können. Die Kanzlei Werdermann von Rüden hatte meinen Kreditvertrag geprüft und festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung nicht korrekt war. Die Vorfälligkeitsentschädigung konnte die Bank dann nicht mehr fordern.