Ist die Yacht, die Ferienwohnung oder der Reitstall ein Geschäft oder Liebhaberei? Sobald das Geschäft Verluste einfährt, zeigt sich das Finanzamt oft als Spielverderber und erkennt die Verluste nicht an. Vor allem bei exklusiven Hobbys wie Reiten, Segeln oder Golf, aber auch bei der Vermietung von Ferienwohnungen schauen die Beamten ganz genau hin. Ein Fall vor dem Hamburger Finanzgericht zeigt, wann Richter eine nebenberufliche Tätigkeit als „Liebhaberei“ qualifizieren.
Nebenverdienst mit Yachten
Er beginnt mit einem Herzinfarkt, der Traum von einer eigenen Flotte. In der Reha-Klinik im Ostseebad Damp nimmt die Idee Form an. Fünf bis sechs Segelschiffe will Andreas Pawlik, damals 49 Jahre, später einmal nach seiner Pensionierung als 60-Jähriger betreiben und damit nebenbei Geld verdienen. Sein Traum platzt zehn Jahre später an einem Donnerstag um 11:20 Uhr in Saal 6.03 im sechsten Stock des Hamburger Finanzgerichts.
Streitpunkt: die Anerkennung gewerblicher Verluste
Hier streitet sich der ehemalige Manager einer Mineralölfirma mit dem Finanzamt Hamburg-Barmbek. Die Vertreterin der Behörde hat bereits Platz genommen, als Pawlik mit Frau und Anwalt den Saal betritt. „Streitpunkt ist die Anerkennung gewerblicher Verluste aus der Vercharterung einer Segelyacht von rund 24 000 Euro für die Jahre 2007 bis 2009“, eröffnet Richterin Almuth Müller-Horn in geschäftsmäßigem Ton das Verfahren.
Ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht?
Es geht darum, ob Pawlik mit seinem Boot ernsthaft Geld verdienen wollte oder seinem Privatvergnügen nachging. Vom Ergebnis hängt ab, ob das Finanzamt seine Verluste anrechnen muss. Der kleine Sitzungssaal schafft mit den U-förmig angeordneten Holztischen eine angenehme Atmosphäre. Doch die Fronten zwischen den Beteiligten sind in der Sache verhärtet.
Geschäftsmodell: Yacht verchartern
„Der Sachverhalt ist unstreitig“, fährt die Richterin fort. Im Jahr 2006 erwarb Pawlik, ein ausgebildeter Schiffsingenieur und Inhaber eines Sportküstenschifferscheins, die 39-Fuß-Segelyacht Taj Mahal. Das Boot hat drei Kabinen und bietet sieben Leuten Platz. Anschaffungskosten: 124 000 Euro netto. Die Yacht soll den Grundstock für das Vercharterungsgeschäft bilden. Geplant ist, die Segelyacht insgesamt 18 Wochen pro Jahr mit einer wöchentlichen Rate von bis zu 1 795 Euro zu vermieten. Rund drei Wochen pro Jahr nutzt Pawlik die Yacht selbst.
Jahrelang nur Verluste gemacht
Doch die Vermietung läuft nicht so gut wie geplant. Der 59-Jährige trägt dazu im Hamburger Finanzgericht einiges vor: „Die laufenden Kosten für den Liegeplatz in Lauterbach auf Rügen, für Werbung und Betreuung durch eine professionelle Vercharteragentur, Reparatur- und Modernisierungskosten, beispielsweise für den Einbau elektrischer WCs, waren sehr hoch.“ Er argumentiert: „Die charterwilligen Segler blieben nicht zuletzt wegen der Finanzkrise aus. Selbst die Verlegung der Yacht in die Marina Kiel, um neue Kunden zu gewinnen, brachte keine höheren Erlöse.“ Pawliks Firma macht von 2006 bis 2013 durchgängig Verluste in vier- bis fünfstelliger Höhe. Die gibt er beim Finanzamt in seiner Steuererklärung an.
Finanzamt schickte Betriebsprüfer
In der Gerichtsverhandlung wird klar, dass die Finanzbeamten bei mehrjährigen Verlusten aus selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit sehr genau hinsehen. Sie prüfen, ob tatsächlich die Absicht besteht, mit dem Geschäft Einkünfte zu erzielen und ob der Betreiber theoretisch von seiner Tätigkeit leben könnte. Die Behörde gibt in diesen Fällen Steuerbescheide nur so bekannt, dass sie die Verluste noch rückwirkend aberkennen kann. So war es auch in Pawliks Fall.
Vorwurf der „Liebhaberei“
Fünf Jahre nach dem Kauf der Taj Mahal kommen schließlich Betriebsprüfer vorbei und sehen Pawliks Bücher durch. Das Ergebnis: Bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren und einem geschätzten Restwert der Segelyacht von 66 402 Euro ergibt die Prognose der Prüfer einen Gesamtverlust von 77 507 Euro. Im Raum steht der Vorwurf der „Liebhaberei“. So heißt es im Steuerdeutsch, wenn es ums Privatvergnügen geht und nicht um ein ernsthaftes Geschäft.
Nur ein Privatvergnügen?

Unternehmer Andreas Pawlik (59) und Ehefrau Kirstin (44). Das Paar streitet vor dem Finanzgericht in Hamburg um Anerkennung seiner Verluste aus der Vercharterung.
Im Blick haben die Finanzbehörden vor allem exklusive Sportarten wie Reiten, Segeln oder Golf, aber auch die Vermietung von eigengenutzten Ferienwohnungen. Im Fall des Yachtbesitzers liegt für das Hamburger Finanzamt Liebhaberei auf der Hand. „Herr Pawlik hat seit der Unternehmensgründung dauerhaft Verluste eingefahren“, sagt die Vertreterin des Hamburger Finanzamts vor Gericht. Die Vercharterung sei nur nebenberuflich erfolgt und Pawlik auf Gewinne für seinen Lebensunterhalt nicht angewiesen, heißt es weiter. Dass der 59-Jährige Schiffsingenieur sei und die nötigen Bootsführerscheine habe, spreche ebenfalls dafür, dass die Segelyacht kein Geschäft, sondern Privatvergnügen für ihn sei. Schließlich habe der Hobbysegler die Yacht auch selbst genutzt. Pawlik schüttelt verärgert den Kopf: „Ein Tierarzt ist auch nicht automatisch ein Tierfreund. Seit der Ausbildung war ich nicht als Schiffsingenieur tätig und die Yacht habe ich maximal drei Wochen pro Jahr genutzt. Eine solch pauschale Typisierung kommt doch einer Vorverurteilung gleich.“
Finanzamt finanziert keine Hobbys
Am Ende gibt die Richterin dem Finanzamt recht und weist die Klage ab. Mit dem Urteil folgt Richterin Müller-Horn der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Die obersten Finanzrichter legen bei der Bewertung Anscheinsbeweise zugrunde, wie sie in Pawliks Fall vorliegen. Nach der BFH-Rechtsprechung sprechen mehrere Punkte dafür, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Chartertätigkeit aus privaten Gründen betreibt: Der Yachtbesitzer ist Inhaber von Bootsführerscheinen und betreibt die Vercharterung nebenberuflich. Persönliche Interessen spielen nach der Lebenserfahrung hier typischerweise für die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs eine erhebliche Rolle (BFH-Beschluss vom 14.04. 2000, Az. X B 118/99, BFH-Urteile vom 11. 04.1990, Az. I R 22/88, vom 28.08.1987, Az. III R 273/83).
Ein teures Urteil für Andreas Pawlik
Mit dem Urteil sind die Steuern von fast 24 000 Euro plus Zinsen für die Jahre 2007 bis 2009 fällig. Die restlichen Jahre folgen. Legt Pawlik kein Rechtsmittel ein, muss er sofort zahlen. Er kann aber eine Stundung beziehungsweise Vollstreckungsaufschub beantragen und sich mit dem Amt auf eine Ratenzahlung einigen. „Damit ist das Geschäftsmodell gefährdet“, kommentiert Pawlik frustriert die Entscheidung. Die Taj Mahal steht für 79 000 Euro zum Verkauf. Er will gegen das Urteil angehen und hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.
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