
In der Gemüseabteilung bei Kaufland. 200 Gramm Vitamin-D-Pilze kosten 1,99 Euro. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Kaufland bietet neuerdings Zuchtchampignons an, die durch die Bestrahlung mit UV-Licht reich an Vitamin D sein sollen. 200 Gramm kosten um die zwei Euro. Bringen die Champignons tatsächlich etwas für den Vitamin-D-Haushalt? Stimmen die angegebenen Vitamin-D-Gehalte? Die Stiftung Warentest hat die Pilze ins Labor geschickt. test.de sagt, für wen die Neuheit sinnvoll sein kann und welche anderen Lebensmittel ebenfalls Vitamin D enthalten.
UV-Strahlen sorgen für erhöhten Vitamin-D-Gehalt
„30 x mehr Vitamin D“ als in konventionellen Kulturchampignons, „100 Gramm enthalten 125 Prozent der empfohlenen Tagesdosis“ – das verspricht das Etikett der Vitamin-D-Champignons, die exklusiv bei Kaufland im Angebot sind. Die Firma Pilzland züchtet die speziellen Pilze: Sie werden nicht mit künstlichem Vitamin D angereichert, sondern ultravioletten Strahlen ausgesetzt. Die Bestrahlung ahmt einen Vorgang in der freien Natur nach – da bilden Champignons unter dem Einfluss des Sonnenlichts reichlich Vitamin D. Bei herkömmlichen Zuchtchampignons passiert das kaum, da sie nicht bei Tageslicht sprießen. Das Vitamin D soll die Gesundheit von Knochen und Zähnen unterstützen.
Das Verfahren funktioniert
Wir haben die Vitamin-D-Gehalte der Pilze aus sieben verschiedenen Packungen bestimmt und festgestellt: Das Bestrahlungs-Verfahren funktioniert – die Vitamin-D-Gehalte liegen im Durchschnitt bei 9,6 Mikrogramm je 100 Gramm und damit deutlich über den Gehalten gewöhnlicher Zuchtchampignons. Wir ermittelten bei einer Stichprobenanalyse von gewöhnlichen Pilzen nur etwa 0,3 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm. Bezogen auf den Durchschnittswert stimmt also das Versprechen des Anbieters, dass die Vitamin-D-Pilze 30-mal mehr von dem sogenannten Sonnenvitamin enthalten.
Vitamin-D-Gehalte variieren deutlich
Allerdings schwanken die Vitamin-D-Gehalte von Packung zu Packung deutlich. Der niedrigste Gehalt, den wir in den Pilzen einer Packung feststellten, lag bei 5,3 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm. Den höchsten Gehalt stellten wir in Pilzen einer anderen Packung fest, nämlich 15,1 Mikrogramm. Dieser Wert überschreitet sogar den Höchstgehalt, den die EU für diese neuartigen Lebensmittel gemäß der europäischen Novel-Food-Verordnung festgesetzt hat: 10 Mikrogramm pro 100 Gramm. Eine Überdosis an Vitamin D müssen Pilzliebhaber aber nicht befürchten. Selbst von den Vitamin-D-reichsten Pilzen könnten sie auf Dauer täglich bedenkenlos mehrere Packungen essen.
Ungenauigkeiten bei der Kennzeichnung
Vor dem Hintergrund, dass sich die Vitamin-D-Gehalte der Spezial-Champignons so stark unterscheiden, halten wir die präzise Vitamin-D-Angabe auf der Packung von 6,25 Mikrogramm pro 100 Gramm für scheingenau. Darüber hinaus sind die Pilze nicht korrekt benannt: Die Novel-Food-Verordnung verlangt, dass Zuchtchampignons, die mit UV-Strahlen behandelt wurden, „UV-behandelte Pilze (Agaricus bisporus)“ heißen müssen. Doch auf dem Etikett stehen nur die Namen „Vitamin D Pilze“ und „Kulturchampignon“.
Wie wir unseren Vitamin-D-Bedarf decken
- Sonnenlicht.
- Der Mensch holt sich Vitamin D, das insbesondere für die Knochen wichtig ist, hauptsächlich durchs Sonnenlicht im Sommerhalbjahr. Fachgesellschaften empfehlen daher, zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen – grelle Mittagssonne sollte man aber vermeiden. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) reicht bereits die Hälfte der Zeit, in der sonst ungeschützt ein Sonnenbrand entstehen würde. Wer länger in der Sonne bleibt, sollte sich vor ihr schützen, etwa mit Sonnencreme. Der Körper kann einen Vorrat an Vitamin D speichern, der bei den meisten Menschen ausreicht, um ohne Mangelerscheinungen über die dunkle Jahreszeit zu kommen. (Mehr zur körpereigenen Bildung von Vitamin D in unseren FAQ Vitamin D).
- Ernährung.
- Sie leistet üblicherweise nur einen kleinen Beitrag zur Vitamin-D-Versorgung. Über die Nahrung deckt der Mensch lediglich 10 bis 20 Prozent des Bedarfs. Nennenswerte Mengen sind in fettem Seefisch wie Hering und Lachs enthalten. Kleinere Mengen liefern zum Beispiel Eigelb und Margarine, die mit Vitamin D angereichert werden darf.
- Vitamin-D-Präparate.
- Für bestimmte Risikogruppen kann die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten sinnvoll sein, zum Beispiel bei Bettlägerigen oder Menschen ab etwa 65 Jahren, die nicht mehr so gut Vitamin D über die Haut bilden können. Unter der Voraussetzung, dass keine körpereigene Vitamin-D-Produktion stattfindet, hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) angemessene tägliche Zufuhrmengen berechnet: Für Kinder ab einem Jahr, Jugendliche und Erwachsene sollte die Tagesdosis bei 800 Internationalen Einheiten liegen. Das entspricht 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag. Die übliche Tagesdosis für Säuglinge beträgt 400 bis 500 internationalen Einheiten (I.E.) – das entspricht 10 bis 12,5 Mikrogramm Vitamin D. Wenn jemand mehr als 100 Mikrogramm Vitamin D am Tag einnimmt, ist seine Zufuhr überhöht.
Durchschnittlicher Vitamin-Gehalt von Lebensmitteln in Mikrogramm pro 100 Gramm |
||
Hering (Atlantik/Ostsee) |
25/7,8 |
|
Lachs |
16 |
|
Makrele |
4,0 |
|
Auster |
8,0 |
|
Rinderleber |
1,7 |
|
Margarine mit zugesetztem Vitamin D 1 |
7,9 |
|
Eigelb |
5,6 |
|
Zucht-Champigons 2 |
0,3 |
|
Vitamin-D-Champignons von Kaufland 3 |
9,6 |
Quellen: Souci, Fachmann, Kraut. Die Zusammensetzung der Lebensmittel,
- 1
- Margarine-Test 8/2017.
- 2
- Laut Stichproben-Analyse der Stiftung Warentest.
- 3
- Laut Analyse der Stiftung Warentest.
Schwerer Vitamin-D-Mangel ist selten
Brauchen wir überhaupt ein Extra an Vitamin D? Tatsächlich sind nur etwa 44 Prozent der Erwachsenen und rund 54 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ausreichend mit Vitamin D versorgt, schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI). Alle anderen leiden aber nicht gleich an einem behandlungsbedürftigen Mangel. Lediglich bei etwa 15 Prozent der Erwachsenen und 13 Prozent der Kinder und Jugendlichen liegt laut RKI eine mangelhafte Vitamin-D-Versorgung vor – mit einem erhöhten Risiko für knochenschwächende Krankheiten wie Osteoporose und Osteomalazie. Für die Betroffenen kann es nach Rücksprache mit dem Arzt sinnvoll sein, Vitamin-D-Präparate einzunehmen.
Pilze können durchaus einen Beitrag leisten
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung steht den mit UV-Licht bestrahlten Pilzen positiv gegenüber. „Bei gesunden Erwachsenen können sie den Vitamin-D-Status signifikant verbessern“, sagt DGE-Sprecherin Silke Restemeyer. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa hat für gesunde Menschen einen Vitamin-D-Referenzwert in Höhe von 5 Mikrogramm pro Tag festgesetzt, der üblicherweise über Nahrungsmittel gedeckt wird. Mit 50 Gramm der Vitamin-D-Champignons wäre dieser Wert schon erreicht. Für Risikogruppen, die kein körpereigenes Vitamin D bilden können, hat die DGE den Bedarf eingeschätzt – für Erwachsene liegt er bei 20 Mikrogramm pro Tag. Diese Menge ließe sich etwa durch rund 200 Gramm Vitamin-D-Pilze aufnehmen – sogar, wenn sie erhitzt sind. Das Vitamin gilt als hitzestabil.
Fazit: Sinnvoll für alle, die nicht optimal mit Vitamin D versorgt sind
Den Großteil des Bedarfs an Vitamin D decken wir normalerweise durch Sonnenlicht, das Essen leistet nur einen kleinen Beitrag. Die meisten Menschen haben keinen Vitamin-D-Mangel und brauchen keine Pilze mit extra viel Vitamin D. Wer sein Vitamin-D-Konto aber aufpeppen möchte, zum Beispiel im Winter, kann die Pilze durchaus nutzen – eine Überdosierung droht nicht. Allerdings sollte sich niemand auf die Pilze allein verlassen – das gilt vor allem für Menschen, bei denen das Risiko für einen Vitamin-D-Mangel besteht, etwa Senioren, Dunkelhäutige, vollverschleierte Frauen und Menschen, die sich selten im Freien aufhalten. Sie brauchen gegebenenfalls verlässlich dosierte Nahrungsergänzungsmittel, die sie aber nur nach Rücksprache mit dem Arzt und der Messung des Vitamin-D-Spiegels im Blut einnehmen sollten.
Tipp: Antworten auf viele Fragen zum Sonnenvitamin finden Sie in unseren FAQ Vitamin D.
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@Luxidum:Wir sind uns völlig einig, dass die EU-Verordnung Nr. 2017/2470 hier die maßgebliche ist. Jetzt muss man "nur" noch herausfinden, welche Fassung die aktuell gültige ist. Da ändert jeweils die neuere Fassung die ältere. Und das von uns zitierte Dokument stammt vom 23.07.18, während Ihr Zitat vom 17.07.18 stammt und somit älter ist. Im vorliegenden Fall sogar veraltet. Auf diese veraltete Fassung bezieht sich auch der weitere Link, den Sie geschickt hatten. Aber auch auf der von Ihnen verlinkten Seite finden Sie in der Zeile direkt oberhalb der aufgelisteten Updates genau die Verordnung auf die wir uns beziehen, nämlich die Verordnung Nr. 2018/1023 vom 23.07.2018. (jw/bp)
@Stiftung Warentest
Vielen Dank für Ihre schnelle Rückmeldung. Ja es ist verwirrend, aber hier nochmals die Beweisführung, dass seit Juli 2018 Champignons mit einem Vitamin D-Gehalt bis zu 20 µg/100 g zugelassen sind.
Auf der Seite "Union list of novel foods"
https://ec.europa.eu/food/safety/novel_food/authorisations/union-list-novel-foods_en
kann man die sog. "Union list of authorised novel foods" herunterladen
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R2470&from=EN
Dieses Dokument stammt vom 20.12.207 und ist somit für bestimmte neue Zulassung veraltet und deswegen werden auf der gleichen Seite dann auch alle Updates seit 20.12.207 unter "Updates to the Union list of novel foods" aufgeführt.
Update Nr. 6 führt zur aktuellen Zulassung seit 17.07.2018 von bis zu 20 µg Vitamin D/100 g:
Commission Implementing Regulation (EU) 2018/1011 of 17 July 2018 authorising an extension of use levels of UV-treated mushr
Mit besten Grüßen,
Dr. Paul Urbain
www.lu
1. Vitamin D Bedarf ist ca 4000 IE bei 70 Kg und bedeutend damit 100 Mikrogramm, es gibt auch eine Formel die nach Körpergewicht und Jahreszeit berechnet
2. VItamin D kann nur von April bis Oktober in deutschen Breiten gebildet werden
3. Vitamin D Bildung nur im besagten Zeitraum mit UV Index größer 3 und damit ca 10 bis 16 Uhr Hochsommer
4. Wer sich täglich duscht oder badet nimmt die gebildeteenge in den oberen Hautschichten nur zum Teil auf
5. Der optimale Vitamin D Spiegel mit vorbeugende Wirkung durch Änderung der Genexpression größer 40 ng/l.
6. Die DGE hat Werte festgelegt die viel zu niedrig liegen
7. Der Körper bildet maximal 15000 IE täglich und mehr macht es auch nicht Sinn zu sich zu nehmen auch nicht beim Aufbau wegen Mangel
8. Erst ab Werten von ca. 150 ng/l ist die toxische Grenze erreicht. Da müsste ein normaler Mensch wirklich weit über 10000 IE tgl. zu sich nehmen da Vitamin D eine Zerfallsrate bzw. Halbwertszeit hat
9. Vitamin D immer mit Vitamin K2 Mk7
@ninick
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist Mitherausgeberin der D-A-CH-Referenzwerte. Darunter fallen auch die Schätzwerte für ein angemessene Zufuhr an Vitamin D: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
Die Referenzwerte werden auf Grundlage von Forschungsergebnissen festgesetzt.
Die DGE ist ein eingetragener Verein und verpflichtet sich, „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“ zu verfolgen. Sie ist die für Deutschland zuständige wissenschaftliche Fachgesellschaft im Bereich Ernährung, die im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) tätig ist. Darüber hinaus vertritt die DGE Deutschland auf europäischer und internationaler Ebene.
(ibo/aci)
@Luxidum
Es ist völlig korrekt, dass es seit Juli 2018 eine aktualisierte Fassung gibt. Allerdings wurde diese schon eine Woche darauf wieder berichtigt und der alte Wert von 10 µg/kg Vitamin D wieder in Kraft gesetzt.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018R1023&qid=1547547832170&from=DE (dort auf Seite 56 im Anhang).
Offen gestanden mussten wir das vorher auch mehrmals lesen, um herauszufinden, welche Fassung nun gilt.
(jwe/aci)