Von Januar an haben Versicherungskunden mehr Rechte. Doch die Versicherer können den zusätzlichen Verbraucherschutz mit Einwilligung der Betroffenen umgehen. Finanztest warnt: Wer auf seine Rechte verzichtet, bleibt schutzlos. Finanztest sagt, was von Januar an gilt und was dabei zu beachten ist.
Mehr Beratung
Zum neuen Jahr tritt die lange umstrittene Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes in Kraft. Sie gilt ab Neujahr für neu abgeschlossene Verträge und ab Neujahr 2009 auch für alte Verträge, soweit es nicht um Fragen des Vertragsschlusses geht. Versicherer sind dann sehr viel stärker als bisher in der Pflicht, Kunden umfassend zu informieren und fair zu beraten. Der Versicherungsvertreter muss künftig begründen, warum er ihm gerade diese Versicherung empfiehlt. Seine Beratung muss der Vertreter dokumentieren. So kann der Kunde nach einer Falschberatung leichter Schadenersatz durchsetzen.
Mehr Betreuung
Allerdings: Wer auf die Beratung ausdrücklich verzichtet, bleibt ohne Schutz. Voraussetzung ist eine schriftliche Erklärung. Auf den Beratungsverzicht darf sich die Versicherung nur berufen, wenn sie ihren Kunde darüber belehrt hat, dass es für ihn ohne Beratungsprotokoll schwerer sein wird, Schadenersatz durchzusetzen. Die Beratungspflicht der Versicherungsgesellschaft endet nicht mit dem Vertragsabschluss. Das Unternehmen muss seine Kunden auch im laufenden Vertragsverhältnis beraten, wenn es Anlass dafür gibt. Beispiel: Meldet der Inhaber einer Hausratpolice einen Adresswechsel, muss der Versicherer darauf hinweisen, dass unter Umständen eine Anpassung der Versicherungssumme nötig ist. Sonderregeln gelten für Direktversicherer und Makler.
Mehr Information
Ebenfalls neu: Bereits vor der endgültigen Unterschrift unter den Vertrag muss der Kunde alle wichtigen Vertragsunterlagen einschließlich der Versicherungsbedingungen haben. Bisher unterschrieb er in der Regel erst den Vertrag und bekam dann detaillierte Informationen und Police zugeschickt. Dieses so genannte „Policenmodell“ ist abgeschafft. Auch für Fragen im Antragsbogen gelten neue, strengere Regeln: Allgemeine Fragen nach „gefahrenerhöhenden Umständen“ reichen nicht mehr aus, um einem Versicherungskunden wegen Verschweigens von Risiken die Leistung zu verweigern. Beispiel: Ein Kunde mit einer Hausratversicherung hat nicht angegeben, dass sich im Erdgeschoss des Hauses ein Restaurant befindet, also viele Menschen ein- und ausgehen. Die Versicherungsgesellschaft kann ihm nur dann vorwerfen, dass er eine erhöhte Einbruchsgefahr verschwiegen hat, wenn sie im Antrag konkret nach Gewerbebetrieben im Haus gefragt hat. Ab Juli 2008 müssen die Versicherer zusätzlich die wichtigsten Informationen zur Police liefern. Besonders interessant: Auch die Kosten etwa für die Vermittlung des Vertrags sind extra auszuweisen.
Mehr Flexibilität
Einer der wichtigsten Punkte im neuen Versicherungsvertragsgesetz: Das Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip ist abgeschafft. Auch bei grob fahrlässigem Verhalten des Versicherungskunden muss die Versicherung zumindest einen kleinen Teil des Schadens ersetzen. Wie stark die Versicherung die Leistung kürzen darf, hängt vom Grad des Verschuldens ab. Mehr Kriterien liefert das Gesetz nicht. Wahrscheinlich werden die Versicherungen versuchen, hohe Abzüge durchzusetzen. Womöglich kann im Einzelfall der zuständige Ombudsmann noch etwas helfen. Ansonsten bleibt nur der Weg zum Gericht und die Hoffnung auf verbraucherfreundliche Urteile.
Mehr Fairness
Spezielle Regeln stellt das neue Versicherungsvertragsgesetz für Lebensversicherungen auf. Bei Kündigung des Vertrags zu Beginn der Laufzeit dürfen Kunden nicht mehr wie bisher völlig leer ausgehen. Das gilt allerdings nur für Verträge, die ab Januar abgeschlossen werden. Bei vielen Altverträgen müssen die Versicherungen allerdings auch einen Teil der Beiträge erstatten, weil die Gerichte viele Vertragsklauseln, die eine Erstattung vollständig ausschließen, für unwirksam erklärt haben. Für alle Verträge gilt ab kommenden Jahr: Versicherer haben Ihre Kunden an den stillen Reserven zu beteiligen. Bisher mussten die Unternehmen Wertsteigerungen von Grundstücken oder Wertpapieren, in die sie das Geld der Versicherten investiert haben, erst verbuchen, wenn sie Wertpapiere oder Grundstücke tatsächlich veräußerten.
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