Versicherungen Noch nie beschwerten sich so viele Versicherte

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Es gibt viele Gründe, sich über Versicherer zu ärgern: Der Rechtsschutzversicherer will für den Rechts­streit nicht aufkommen und lehnt die Deckungs­zusage ab. Ein Reiseversicherer verlangt Geld für eine Jahres­police, die unabsicht­lich beim Online­buchen abge­schlossen wurde. Der Gebäudeversicherer bezahlt den Sturm­schaden nicht. Knapp 14 700 Versicherte beschwerten sich 2016 beim Versicherungs­ombuds­mann – rund 6 Prozent mehr als 2015. Fast jedes zweite Verfahren ging positiv für Versicherte aus. Der Bereich Lebens­versicherungen ist davon ausgenommen. Hier war nur etwa jede vierte Beschwerde erfolg­reich.

VW-Abgas-Affäre erreicht den Ombuds­mann

Versicherungen - Noch nie beschwerten sich so viele Versicherte

Quelle: Jahres­bericht 2016 des Versicherungs­ombuds­manns © Stiftung Warentest

Am häufigsten beschwerten sich Verbraucher über ihre Rechts­schutz­versicherung. Grund war unter anderem der VW-Skandal. Über­wiegend ging es dabei um Deckungs­ablehnungen einiger Versicherer. Sie begründeten fehlende Erfolgs­aussichten oder mutwil­lige Rechts­verfolgung damit, dass VW eine Nachbesserung der betroffenen Fahr­zeuge zugesagt habe und weitergehende Ansprüche nicht bestünden. Bis auf einen Sonderfall hat der Ombuds­mann alle Beschwerden — über­wiegend durch Schlichtungs­vorschläge und Empfehlungen – beendet.

Der Groß­teil der Beschwerden über Rechts­schutz­versicherer betraf das Regulierungs­verhalten im Zusammen­hang mit dem Widerrufs­recht in der Lebens­versicherung. Außerdem ging es oft um die zeitliche Einordnung eines Rechts­schutz­falles.

Tipp: Die wichtigsten Fragen klärt unser FAQ VW-Abgasskandal.

Probleme beim Online-Abschluss von Reise­versicherungen

Das passiert oft: Die Urlaubs­reise wird im Internet gebucht. Dabei wird unbe­absichtigt eine Jahres­reise­versicherung abge­schlossen, die sich auto­matisch jedes Jahr verlängert. Oft fällt Kunden erst bei der ersten Rechnung auf, dass sie solch eine Jahres­versicherung haben. Kunden beschwerten sich darüber, dass ihnen bei Buchung der Reise der Vertrags­schluss gar nicht klar war. Teil­weise wollten sie gar keine Versicherung oder nur die einzelne Reise versichern. In seinem Jahres­bericht 2016 weist der Ombuds­mann darauf hin, dass die recht­liche Analyse solcher Verträge ein kaum durch­schaubares Geflecht von beteiligten Vermitt­lern und Zwischen­vermitt­lern aufweist. Die Schlichtungs­stelle hat teil­weise schwerwiegende Bedenken, was das Zustande­kommen wirk­samer Versicherungs­verträge angeht. In einem Teil der Fälle konnten die Schlichter helfen, oft gestaltete sich die Beilegung der Streits schleppend.

Tipp: Die wichtigsten Fragen klärt unser FAQ Reiseversicherung.

Unstimmig­keiten mit Kfz-Versicherern

Bei der Kfz-Haft­pflicht­versicherung ist häufiger Streit­punkt die Einstufung in vertragliche Schadenfrei­heits­klassen nach einem Versicherer­wechsel. Grund: Kfz-Versicherer nehmen häufig Sonder-Einstufungen vor. Diese können aber nicht an den Nach­versicherer weiterge­geben werden. Er berück­sichtigt nur die tatsäch­liche Anzahl an schadenfrei gefahrenen Jahren. Das ist vielen Auto­fahrern nicht bekannt. Außerdem gibt es häufig Unstimmig­keiten, die auf unterschiedliche Schadenfrei­heits­klassen der Versicherer zurück­zuführen sind. Bei einem Versicherer­wechsel wird erst deutlich, dass sich die schadenbe­dingten Rück­stufungen oft deutlich unterscheiden. Durch Einschaltung des Ombuds­manns kamen einige Versicherer ihren Kunden entgegen.

Tipp: Die wichtigsten Fragen klärt unser FAQ Autoversicherung.

Wohn­gebäude- und Hausrat­versicherung

Leitungs­wasser­schäden, die der Wohn­gebäude­versicherer regulieren soll, machen über ein Drittel der Beschwerden in der Gebäude­versicherung aus. Der Versicherer ersetzt nach einem Rohr­bruch­schaden neben dem Bruch­schaden selbst auch die Schäden, die infolge des bestimmungs­widrigen Leitungs­wasser­austritts an der Gebäude­substanz entstehen. Doch Sanierungs­maßnahmen, die im Zusammen­hang mit der Schadenbehebung durch­geführt werden, erstattet der Versicherer nicht. Der Ombuds­mann weist darauf hin, dass hier häufig eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Versicherungs­nehmers und den Versicherungs­bedingungen besteht. In der Hausrat­versicherung geht es meistens um die Schaden­regulierung. Bei einem Einbruch­diebstahl beispiels­weise hat der Versicherte häufig das Problem nach­zuweisen, dass ein Einbruch vorliegt, wenn Einbruch­spuren fehlen. Der Ombuds­mann gibt den Tipp, nach­zuweisen, dass die unver­sicherte Begehungs­weise zumindest unwahr­scheinlich ist, indem der Versicherte belegt, dass die Tür zuvor verschlossen war und der Täter keinen Original­schlüssel verwendet hat.

Tipp: Tests von Gebäude­versicherung finden Sie auf der Themenseite Wohngebäudeversicherung. Und auf Wunsch finden Sie die beste Hausrat­versicherung mit dem Vergleich Hausratversicherung.

Ombuds­mann arbeitet für Verbraucher kostenfrei

Kunden sollten sich bei einer Meinungs­verschiedenheit mit ihrem Versicherer an die Schlichtungs­stelle Versicherungs­ombuds­mann wenden. Die Schlichter über­prüfen anhand der einge­reichten Unterlagen, was es mit der Beschwerde auf sich hat und kontaktieren den Versicherer. Bis zu einem Streit­wert von 10 000 Euro darf der Ombuds­mann bindend für den Versicherer entscheiden. Kunden warten im Schnitt knapp drei Monate auf eine Entscheidung. Für das Verfahren zahlen sie nichts. Auch für Beschwerden über Versicherungs­vermittler und -berater ist der Ombuds­mann zuständig, wobei die Ausgestaltung des Verfahrens nicht mit dem Verfahren gegen Versicherer vergleich­bar ist.

Kontakt: versicherungsombudsmann.de, Telefon: 0 800/3 69 60 00. Für Beschwerden über private Kranken- und Pflege­versicherungen ist der Ombuds­mann Private Kranken- und Pflege­versicherung pkv-ombudsmann.de zuständig.

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Moorhuhn am 23.06.2017 um 10:20 Uhr
Einseitige Berichterstattung

Natürlich ist ein Anstieg der Beschwerden nicht positiv zu bewerten, keine Frage. Allerdings fehlt mir der Bezug zu den eingereichten Schadensfällen. Das wäre dann vermutlich eine Beschwerdequote im Promillebereich - aber damit kann die StiWa ja keine Schlagzeilen produzieren.
Sie schreiben auch "Fast jedes zweite Verfahren ging positiv für Versicherte aus." Merken Sie was? Mehr als jedes zweite Verfahren ging zu Gunsten der Versicherer aus!