Wertbriefe sind bis 500 Euro versichert – glauben viele Kunden. Doch das ist falsch. Sobald der Inhalt mehr wert ist als 500 Euro, entfällt die Haftung komplett. Geht die Sendung unterwegs verloren, bekommt der Kunde keinen Cent erstattet. Darüber informiert die Post auch im Internet. Doch die Informationen muss man erst einmal finden. test.de dokumentiert einen ärgerlichen Fall.
Höherversicherung bei Uhren nicht möglich
test-Leser Jürgen Schwalm wollte eine kaputte Uhr zum Uhrmacher schicken. Weil das gute Stück rund 2 300 Euro wert war, wollte er es unbedingt versichern. „Die Post-Mitarbeiter erklärten mir, das Paket sei als Wertbrief National automatisch mit 500 Euro versichert, eine höhere Haftung sei nicht möglich“, berichtet der Rentner aus Regensburg. Ein Sprecher der Post bestätigte uns gegenüber: „Wir bieten keinen Versandservice für Uhren mit einem Wert über 500 Euro. Lediglich andere Waren, die über 500 Euro Warenwert haben, können mit einer Höherversicherung mit einem Paket verschickt werden.“ Das gehe aber nur mit bestimmten Sachen, nicht zum Beispiel mit Schmuck wie Perlen, Korallen, Bernstein, mit Uhren, Edelsteinen oder Kunstgegenständen.
Nachforschungsauftrag brachte nichts
Mit einem unguten Gefühl gab Jürgen Schwalm das Paket auf. Einige Tage später traf die schlimme Nachricht ein: Die Sendung war nicht beim Uhrmacher angekommen. Schwalm stellte einen Nachforschungsauftrag. Doch der half nichts. Nun glaubte er, sich wenigstens mit den 500 Euro Entschädigung trösten zu können. Doch auch daraus wurde nichts: Die Post verweigerte die Zahlung. Zur Begründung verwies das Unternehmen aufs Kleingedruckte. Dort steht unter „Wertbrief National“ tatsächlich: „Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Sachwert pro Brief 500 Euro überschreitet.“
Missverständliche Hinweise auf Post-Homepage
Im Klartext: Die Sachen im Paket – oder im Brief – dürfen nicht mehr wert sein als 500 Euro. Übersteigt ihr Wert diesen Betrag, entfällt der Versicherungsschutz komplett. „Das haben die Postler mir aber nicht gesagt“, berichtet Schwalm. Im Gegenteil: Sie hätten den Eindruck erweckt, als sei die teure Uhr bei Diebstahl oder Verlust wenigstens mit 500 Euro versichert. Diesen Eindruck können Kunden auch leicht auf den Internetseiten der Post bekommen. Wer sich von der Homepage aus bis zum Menüpunkt „Wert National“ durchklickt, liest dort den lapidaren Satz: „Haftung bis 500 Euro Sachwert“ und wenige Zeilen darunter gleich noch einmal: „Haftung bis 500 Euro bei Sachwerten“. Kein Wort davon, dass die Sachwerte nicht teurer sein dürfen. Solche Hinweise finden sich auf zahlreichen Internetseiten der Post. Selbst unter dem Button „Im Haftungsfall“ steht bloß: „Im Falle von Verlust haftet die Post bis zur Höhe des nachgewiesenen Wertes des versendeten Inhalts maximal 500 Euro.“ Was anderes soll ein durchschnittlicher Verbraucher darunter verstehen, als dass die Post bei Verlust wenigstens 500 Euro zahlt?
Haftung komplett ausgeschlossen
Zumal selbst besonders aufmerksame Kunden schon sehr genau hinschauen müssen, wenn sie – warum auch immer – trotz solcher Auskünfte auf den Internetseiten der Post weiter suchen und auch noch auf den Menüpunkt „Häufige Fragen“ klicken. Unter dem Punkt „Reklamation. Welche Haftungssumme?“ kommen sie kein bisschen weiter: „Bei Sendungsverlust haftet die Post für wertvolle Gegenstände der Valorenklasse II bis maximal 500 Euro.“ Zur Valorenklasse II gehören auch Uhren. Erst wer auch die nächste Frage: „Wann liegt ein Haftungsausschluss vor?“ anklickt, liest dort die eindeutige Antwort, dass der Sachwert nicht über 500 Euro liegen darf. Eine Pressemitteilung im Internet sagt nur kurz und knapp: „Bei Verlust haftet die Deutsche Post bei Sachwerten bis 500 Euro.“ Da muss man schon genau auf den Wortlaut achten, um das als Hinweis zu verstehen, dass bei einem Sachwert über 500 Euro die Entschädigung komplett entfällt.
Information geht im Graubereich unter
Das muss die Post deutlicher klarstellen. Wünschenswert wäre ein klarer, unmissverständlicher Hinweis, zum Beispiel: „Übersteigt der Wert 500 Euro, hat das einen kompletten Haftungsausschluss zur Folge (keine Erstattung).“ Dass das möglich ist, zeigt die Post selber. Nur schreibt sie das nicht auf die Eingangsseite zum Wertbrief, wo Kunden zuerst nachschauen, sondern eher unauffällig unterm Menüpunkt „Häufige Fragen“. Und dieser Button geht auf der Internetseite förmlich unter, denn ausgerechnet an dieser Stelle ist die Seite so eintönig grau hinterlegt, als komme hier ohnehin nichts wirklich Wichtiges mehr.
Irrtum weit verbreitet
Kein Wunder, dass der Irrtum über die Haftung der Post weit verbreitet zu sein scheint. So finden sich zum Beispiel bei Verkaufsanzeigen auf Ebay immer wieder Formulierungen wie: „Versand versichert bis 500 Euro“ oder einfach nur „Versicherter Versand per DHL“ – auch bei Sachwerten über 500 Euro. Selbst Postmitarbeiter scheinen nicht immer Bescheid zu wissen. Als Schwalm sich in der Filiale beschwerte, seien die Beschäftigten dort überrascht gewesen, berichtet er: „Sie sagten, das hätten sie nicht gewusst.“
Post findet ihre Seite „nachvollziehbar“
Die Post selbst bestreitet dies. Auf unsere Anfrage hieß es, die Mitarbeiterin in der Filiale könne die Schilderung des Kunden so nicht bestätigen: „Zwar konnte sie sich nicht mehr konkret an den Fall erinnern, ihr ist aber durchaus bewusst, dass Uhren mit einem Wert über 500 Euro nicht als Wertbrief versandt werden dürfen.“ Und der Hinweis auf den kompletten Haftungsausschluss ist nach Ansicht des Unternehmens deutlich genug. Die Frage, wann der Haftungsausschluss greift, werde „nachvollziehbar“ beantwortet. Auch auf unsere Frage, wie oft Wertbriefe verloren gehen, mauerte die Post: „Wir bitten um Verständnis, dass wir Zahlen zu verlorengegangenen Sendungen aus Sicherheits- und Wettbewerbsgründen grundsätzlich nicht kommunizieren.“
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Ich gehe nicht davon aus, dass der "Briefträger" der Verantwortliche ist. Das Problem scheint mehr in den Verteilerzentren zu liegen, wo Briefumschläge mit entsprechendem Inhalt "verloren" gehen. Wenn man laut DHL erst gar keinen vor frankierten Briefumschlag, auf dem Wert National steht, verwenden soll (um eine Haftung vorweg auszuschließen) scheint ja das Problem des "bewussten Diebstahls" bereits bekannt zu sein. Am besten ist es über andere Anbieter auszuweichen, auch wenn es mehr Geld kostet. Ich hatte mich vor kurzem beim Kundenservice von der DHL beschwert, weil auch normale Briefe mit sehr persönlichem Inhalt (z.B. Schufa-Auskunft) im falschen Briefkasten eingeworfen wurden. Ich arbeite selbst in einem Unternehmen, wo Datenschutz sehr groß geschrieben wird. Und bei der DHL habe ich da Kopfkino. Auf meine Beschwerde wurde übrigens zurück geschrieben: "Wir sehen uns vor Gericht".
Tja. Mir ist eigentlich auch ein Haftungsfall passiert, doch die Postmitarbeiter machen a) widersprüchliche Aussagen und b) steht auf der Homepage der Post im Haftungsfall:
"SICHERHEIT DURCH HAFTUNGSZAHLUNG
...... Die Sendung darf weder anhand der Frankierung noch durch eine Kennzeichnung auf dem Umschlag als Wert National erkennbar sein."
Hab ein Einschreiben Ende November verschickt einem Warenwert von über 80 Euro. Schon einen Tag später hing der Brief in Düsseldorf fest und wurde seitdem nie gesehen.
Die erste Nachforschung würde beendet mit den Worten "VERMUTLICH WURDE LEDIGLICH VERSÄUMT" den elektronischen Gang weiter aufzunehmen. Weiter hieß es, dass mit Sicherheit der Brief schon beim Empfänger angekommen ist. Ich fand es eine Frechheit. Man bezahlt für ein Einschreiben, damit man sehen kann, wo sich der Brief gerade befindet und dann wird einem sowas an den Kopf geworfen?
Eine HAFTUNGSZAHLUNG wollen die nicht machen. Kein Geld keine Ware. Aber Hauptsache mal Einschreiben
Ich bin in die selbe AGB-Falle von DHL getappt.
Über deren Service-Qualität im Reklamationsfall ist schon sehr viel geschrieben worden. Dem kann ich nichts Positives hinzufügen.
Noch nicht einmal das Porto will DHL mir zurückzahlen.
@Ger: Sie müssen einen Nachweis bringen, keinen Beweis. Ein absolut gerichtsfester Beweis in solchen Fällen ist gar nicht möglich. Wir gehen davon aus, dass die Rechtsprechung analog zu den Grundsätzen verfährt, die beispielsweise in der Hausratversicherung bei Diebstahl gelten. Da kann auch niemand sicher beweisen, dass die geklauten Gegenstände zum Tatzeitpunkt wirklich in der Wohnung waren. In der Praxis wird das Gericht so einen Fall handhaben wie den Anscheinsbeweis. Das heißt: Wenn der Versender beispielsweise ein Foto vom offenen Paket vorlegt, ist das schon mal ein Anhaltspunkt. Klar kann er vor dem Versenden alles wieder herausgenommen und einen Backstein hineingelegt haben. Aber so etwas ist unwahrscheinlich. Denn woher soll der Absender wissen, dass ausgerechnet dieses Paket auf dem Postweg verschwindet? Sicher kann er theoretisch jeden Tag Dutzende solcher Backstein-Pakete verschicken in der Hoffnung, irgendwann einmal die 500 Euro geltend machen zu können. Aber das ist Theorie und nicht allgemeine Lebenswirklichkeit. Wichtig ist natürlich, dass er bisher nie wegen ähnlicher Delikte auffällig war und sich in seiner Zeugenaussage nicht in Widersprüche verstrickt. Fazit: Fazit: Ja, Ihr Vorschlag ist richtig. Wenn Sie ein Foto vom offenen Paket oder einen Zeugen oder beides beibringen können, sind Sie in einer besseren Position. Ob die Post das anerkennt, weiß im Vorhinein niemand. Aber im Streitfall bleibt Ihnen der Rechtsweg. (TK)
"Bei Verlust müssen Sie einen Nachweis erbringen" schrieben Sie. Da man nie wissen kann, ob ein Verlust eintreten wird, muss man folglich jedesmal vorher dafür sorgen, einen Nachweis erbringen zu können.
Wie aber kann man das machen? Sich filmen (lassen), während man einen Gegenstand/100-Euro Schein einpackt? (Ich z.B. besitze nichts, womit ich mich/etwas filmen könnte.) Aber wird ein Film dann von der Post auch wirklich anerkannt? ODER besser die Dinge in Gegenwart der Postangestellten (und der übrigen Postkunden...) einpacken? Braucht man dann aber nicht einen zweiten, unabhängigen Zeugen, denn die Postangestellte könnte sich ja im Verlustfall nicht mehr zu erinnern vermögen?? ODER die Postangestellte zusammen mit dem Vorgang des Einpackens filmen???
Da die Post keine Zahlen über Verluste herausgibt und natürlich noch weniger darüber, welche erbrachten Beweise von ihr anerkannt wurden und welche nicht, hängt man also völlig in der Luft.
Liebe Stiftung Warentest, ich bitte um Rat.