
Weisheit oder Aberglaube? Die Börsenregel „nicht alle Eier in einen Korb legen“ sollten Anleger auf jeden Fall beherzigen. © Stiftung Warentest / Lia Kurowski
Börsenweisheiten sollen vor Fehlern bewahren. Wir haben uns fünf weit verbreitete Börsenregeln genauer angesehen – und sagen, welche sich bewährt haben.
Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation – die Angst vor der Zukunft schlägt sich auch in Unsicherheit an den Börsen nieder. Auf der Suche nach Orientierung rücken bekannte Börsenweisheiten in den Blick: Was ist dran an diesen teils sehr alten Ratschlägen? Wir haben fünf Weisheiten auf den Zahn gefühlt und sagen, welche für den langfristigen Vermögensaufbau wirklich wichtig sind und zu den Prinzipien unseres Pantoffel-Portfolios passen. Übrigens: Wer nach dieser Anlagestrategie von Finanztest langfristig anlegt, hat gute Chancen, sein Vermögen vor der Inflation zu retten.
1. Hin und Her macht Taschen leer
Richtig. Immer wieder das Depot umbauen – das ist nicht zu empfehlen. So lautet das Ergebnis einer Studie der Goethe-Universität Frankfurt am Main im Auftrag der Stiftung Warentest. Handelskosten führen dazu, dass Anleger, die selten handeln, mit Abstand am besten fahren. Aber auch wenn die Handelskosten wie bei den Smartphone-Brokern vernachlässigbar sind, sollten Anleger ihr Können nicht überschätzen. Sogar Profis fahren mit häufigem Umbau langfristig selten besser als mit der Buy-and-hold-Strategie. Wer an seinem Investment festhält und die Pantoffel-Strategie anwendet, hat in der Vergangenheit stets ein ordentliches Plus gemacht.

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2. Sell in May and go away ...
... but remember to come back in September. Den Klassiker unter den Börsensprichwörtern können Anleger ignorieren. Hinter dem Spruch steht die Beobachtung, dass die Börsenkurse in den Sommermonaten zwischen Mai und September oft niedriger sind. Daher der Rat, im Mai Depotbestände zu verkaufen und im September wieder einzusteigen.
Untersuchungen zeigen zwar, dass die Börsenkurse im Sommer im Durchschnitt tatsächlich etwas schwächer sind – aber sie sind immer noch positiv. Langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger sollten auch diese Renditen mitnehmen. Zudem ist unklar, ob diese Strategie auch in Zukunft zum Erfolg führen wird – gab es in der Vergangenheit doch immer wieder sehr gute Sommermonate. Zusätzliche Ordergebühren fürs jährliche Kaufen und Verkaufen schmälern die Rendite zusätzlich. Wer einen Sparplan hat, sollte den auch im Sommer weiterlaufen lassen. In einem „schlechten“ Monat gibt es dann für die gleiche Sparrate mehr Anteile, die bei steigenden Kursen auch mehr wert sind.
3. Nicht alle Eier in einen Korb legen
Stimmt. Diversifikation und damit Risikostreuung ist das wichtigste Instrument, um einen Totalverlust zu vermeiden und gleichzeitig im langfristigen Trend aufwärts mitzufahren. Dazu müssen Anleger nicht viele Einzeltitel kaufen. Bei unserem Pantoffel Portfolio setzen wir etwa auf einen breit gestreuten ETF, der in eine Vielzahl an Aktien weltweit investiert. So gelingt ganz einfach eine gute Diversifikation, ohne sich mit Einzelwerten beschäftigen zu müssen.
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4. Dividenden sind die neuen Zinsen
Diese vermeintliche Weisheit sehen wir kritisch. Wer ihr folgt, investiert vor allem in Aktien, für die es in der Vergangenheit regelmäßig hohe Dividenden gab. Anleger setzen also weniger auf Gewinne durch Kurssteigerungen als vielmehr auf die Dividendenausschüttungen.
Aber: Dividenden sind etwas anderes als garantierte Zinsen beim Festgeld. Es gibt keine Gewähr, dass ein Unternehmen auch in der Zukunft weiter hohe Dividenden zahlt. Erzielt es keinen Gewinn oder will diesen für Investitionen nutzen, kann die Dividende ausfallen. Aber selbst wenn ein Unternehmen regelmäßig hohe Dividenden zahlt: Durch den Aktienkauf haben Anleger immer auch ein Kursrisiko. Dividendenaktien sind keinesfalls eine sichere Geldanlage. Anleger müssen die Schwankungen von Aktien aushalten können. Wenn sie das nicht wollen, sollten sie lieber auf klassische Zinsanlagen als Stabilitätsbaustein setzen.
5. Buy and hold
Die Weisheit „Kaufen und halten“ ist hilfreich: Grundsätzlich ist es gut, sich nach dem Kauf eines breit streuenden ETF zurückzulehnen und sich von Schwankungen an der Börse nicht nervös machen zu lassen.
Ganz so, wie es Börsenlegende André Kostolany beschreibt, sollten Anleger es aber nicht angehen: „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“ Zumindest Anleger mit Pantoffel-Portfolio sollten nämlich doch einmal im Jahr in ihr Depot schauen und prüfen, ob die Gewichtungen im Portfolio noch zur eigenen Risikoeinstellung passen. Steht der Aktienanteil zu deutlich im Plus oder im Minus, sollten sie umschichten.
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