
Viele der neuen Kurzinformationen helfen Anlegern wenig, die in Windräder oder Bürotürme investieren wollen.
Romantisch sieht das Hotel am See im Dämmerlicht aus. Wie geschaffen für einen Wochenendtrip zu zweit. Bleibt nur noch zu klären, was die Zimmer kosten und wie sie ausgestattet sind.

Zäher Textbrei.
Doch das Foto ist gar nicht dazu gedacht, Übernachtungsgäste anzulocken. Vielmehr schmückt es ein Informationsblatt für den geschlossenen Immobilienfonds DFV Seehotel Am Kaiserstrand. Das soll Interessenten bei der Entscheidung helfen, ob sie sich mit mindestens 20 000 Euro an dem Hotel beteiligen wollen. Dafür müssen sie natürlich weit mehr in Erfahrung bringen als bei einer Zimmerbuchung.
Wer die drei Seiten liest, erfährt aber noch nicht einmal, wo das Hotel genau steht, wie viele Zimmer es hat und wie stark es ausgelastet ist. Selbst solche grundlegenden Informationen sind nur im 204 Seiten dicken Verkaufsprospekt zu finden.
Damit verfehlt die Kurzinformation für diesen Fonds ihr Ziel: Der Gesetzgeber verpflichtet fast alle Anbieter von Geldanlageprodukten dazu, alles Wesentliche auf wenigen Seiten darzustellen und nicht nur in den ausführlichen Verkaufsprospekten. Damit sollen es Verbraucher leichter haben, Angebote zu vergleichen und die für sie passenden auszuwählen.

Unverständlich.
Für geschlossene Fonds, Genussrechte und sonstige Vermögensanlagen, die ab Juni 2012 auf den Markt gekommen sind, müssen die Anbieter ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen. Es darf höchstens drei Din-A4-Seiten umfassen und muss „in allgemein verständlicher Sprache“ gehalten sein. Interessenten müssen den Inhalt verstehen können, ohne auf weitere Dokumente zurückzugreifen.
Die Idee ist gut, denn viele Anleger lesen die Verkaufsprospekte für Beteiligungsmodelle an Windrädern, Bürotürmen oder Seniorenheimen nicht und verlassen sich voll auf ihre Berater. Die schwatzen ihnen schon mal Produkte auf, die nicht zu den Kunden passen. Sichere Anlagen zur Altersvorsorge sind unternehmerische Beteiligungsmodelle beispielsweise nicht.
Nicht auf der Internetseite zu finden
Wir haben im März 2013 geprüft, wie nützlich die Blätter sind. Im Einsatz waren in dieser Zeit 67 Kurzinformationen für Vermögensanlagen. Die Blätter müssen laut Gesetz auf der Internetseite des Anbieters bereitgehalten und aktualisiert werden, solange Anleger einsteigen können. Bei 17 Kurzinformationen, also gut einem Viertel, war das aber im März nicht der Fall. Erst nach Anfragen von Finanztest stellten Anbieter die meisten der fehlenden Blätter auf ihre Internetseite.
Sogar das Emissionshaus Real I.S., eine Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank, hatte ihre Blätter zunächst nicht auf der Webseite. Es holte auf Nachfrage erst bei einem Anwalt eine Stellungnahme ein, bevor es die Informationen ins Netz stellte.

Guter Ansatz.
Inhaltlich haben wir in einer Stichprobe 24 Kurzinformationen unter die Lupe genommen. Einige gingen sehr genau auf ihre Anlageobjekte ein, wie etwa Hannover Leasing beim Flugzeugfonds Flight Invest 50. Viele andere waren aber enttäuschend.
Die Texte ähnelten sich oft, vor allem bei geschlossenen Immobilienfonds. Ihre Anbieter ließen sich offenbar von einem Muster der Lobbyvereinigung Verband Geschlossener Fonds (VGF) inspirieren. Sie stellte ein Formular bereit, in das die Nutzer nur noch ihre Fondsdaten eintragen mussten. Die Vorlage ist logischerweise sehr allgemein gehalten. Sie kann Besonderheiten verschiedener Beteiligungsmodelle vom Schiff bis zum Pflegeheim nicht ausreichend erfassen.
Inhalte viel zu allgemein gehalten

Knackpunkt fehlt.
Mehrere Anbieter fühlten sich daher ohne präzise Beschreibung ihrer Anlagen auf der sicheren Seite. Die Internet Stars GmbH etwa legt einen geschlossenen Fonds auf, der ein Darlehen vergibt, geht aber nicht auf die Konditionen ein. „Bei der Darstellung haben wir uns an der Vorlage des VGF orientiert, so dass aus unserer Sicht alle relevanten Informationen“ enthalten seien, teilt sie dazu mit. „Eine Individualisierung und Anpassung an die jeweilige Vermögensanlage ist zwingend erforderlich“, hat der VGF der Branche aber eigentlich eingeschärft.
Geschäftsrisiken bleiben vage
Viele Blätter strotzen daher vor juristischen Allgemeinplätzen, geizen aber mit Details zu den konkreten Angeboten.
IBC Solar Invest nennt etwa beim geschlossenen Fonds Jura Solarparks den Standort der Fonds-Fotovoltaikanlagen und des Umspannwerks nicht, von weiteren zentralen Punkten wie der Größe und der zu erwartenden Stromproduktion ganz zu schweigen. Das Geschäftsrisiko ist so allgemein beschrieben, dass es mit minimalen Anpassungen auf jeden geschlossenen Fonds passen würde. Dabei wäre es in diesem Fall zum Beispiel wichtig, auf das Risiko von Interessenskonflikten hinzuweisen. Denn der Anbieter ist verflochten mit der Generalunternehmerin für die Anlagen.
Wenn alle sehr im Allgemeinen bleiben, ist ein sinnvoller Vergleich unmöglich. Dabei wäre es zum Beispiel bei geschlossenen Immobilienfonds wichtig zu wissen, ob und welche Risiken es bei der Vermietung oder mit Fremdwährungen gibt oder was bei der Besteuerung zu beachten ist.
Geradezu verwirrend sind oft Angaben zu den Kosten und Erträgen. In der Regel sind die erwarteten Kapitalrückflüsse an die Anleger aufgelistet, also zum Beispiel 170 Prozent der Einlage über zehn Jahre Laufzeit. Welche Rendite in Prozent sich daraus für die Anleger ergibt, rechnen die Anbieter nicht vor. Auch das macht einen Vergleich der Offerten mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zahlungsströmen schwierig.
Wenig aussagekräftig sind auch manche Analysen, was passieren kann, wenn sich der Markt anders entwickelt als erhofft. Sie sind vorgeschrieben. Einige Anbieter ließen konkrete Rechnungen dieser Art aber ganz weg. Die Cleantech Management GmbH aus Frankfurt etwa stellt bei ihren geschlossenen Infrastrukturfonds Dritte und Fünfte Cleantech (ThomasLloyd CTI 8 und CTI 15) lapidar fest, bei negativer Entwicklung könne das Kapital ganz oder teilweise verlorengehen. Solche Gemeinplätze bringen nichts.
Real I.S. wiederum variiert bei ihrem Bayernfonds Australien 9 nur die Steigerungsrate für die Miete. Im Negativszenario beträgt sie „nur“ 2,8 Prozent pro Jahr statt der erwarteten 3,5 Prozent. Vorsichtiger wäre es, auch die Auswirkung fallender oder gleichbleibender Mieten zu berücksichtigen.
Bei Genussrechten oder geschlossenen Fonds, die Darlehen vergeben, sind die Anbieter oft sehr sparsam mit Angaben, die eine Einschätzung der finanziellen Lage der Schuldner erlauben. Das ist aber sehr wichtig für die Beurteilung. Internet Stars etwa erwähnt nicht, dass die Darlehensschuldnerin des geschlossenen Fonds noch sehr jung ist und erst im August 2012 ins Handelsregister eingetragen wurde.
Aus der Qualität des Informationsblatts allein lässt sich zwar nicht schließen, ob eine Anlage etwas taugt. Für eine Negativauslese ist es aber brauchbar: Wenn Anleger es nicht verstehen, können sie sicher sein, dass die Vermögensanlage nichts für sie ist – und sie vielleicht mehr von einem Wochenendtrip in einem Hotel haben.
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