
Die Idee ist gut: Alle Anbieter von Beteiligungsmodellen, die in Windräder, Bürotürme und Ähnliches investieren, müssen jetzt auf wenigen Seiten alles Wesentliche für Anleger darstellen. Finanztest hat überprüft, ob Anleger jetzt tatsächlich mehr Durchblick bekommen. Das traurige Fazit der großen Auswertung: Die neuen Kurzinformationen verfehlen ihr Ziel.
Alles Wichtige auf höchstens drei Seiten
Für geschlossene Fonds, Genussrechte und sonstige Vermögensanlagen, die ab Juni 2012 auf den Markt gekommen sind, müssen die Anbieter ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen. Nicht vorgeschrieben ist es bei Genossenschaftsanteilen, Mini-Emissionen und Anteilen mit 200 000 Euro Mindestanlagesumme. Das Blatt darf höchstens drei Din-A4-Seiten umfassen und muss ohne Lektüre weiterer Dokumente allgemein verständlich sein. Damit sollen es Verbraucher leichter haben, Angebote zu vergleichen und auszuwählen.
Die meisten Anleger lesen die Verkaufsprospekte nicht
Die Idee ist gut, denn viele Anleger lesen die auf mehr als 100 Seiten starken Verkaufsprospekte für Beteiligungsmodelle an Windrädern, Bürotürmen oder Seniorenheimen nicht. Finanztest hat im März 2013 geprüft, wie nützlich die Blätter sind. Erhältlich waren zu diesem Zeitpunkt 67 Kurzinformationen für Vermögensanlagen. Die Blätter müssen laut Gesetz auf der Internetseite des Anbieters bereitgehalten und aktualisiert werden, solange Anleger einsteigen können. Bei 17 Kurzinformationen – also gut einem Viertel – war das im März aber nicht der Fall. Erst nach Anfragen von Finanztest stellten die Anbieter die meisten der fehlenden Blätter auf ihre Internetseite.
Gesetzgeber schreibt Inhalt vor
Inhaltlich haben die Finanztest-Experten 24 Kurzinformationen unter die Lupe genommen. Die Blätter müssen den Anbieter, die Art der Vermögensanlage, die Anlagestrategie, die Anlagepolitik und die Anlageobjekte nennen. Sie müssen zudem Risiken, die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen sowie Kosten und Provisionen aufführen. Hinzu kommen Pflichthinweise wie etwa auf die Stelle, bei der der ausführliche Verkaufsprospekt kostenlos erhältlich ist.
Nur ein Anbieter zeigte gute Ansätze
Einige Kurzinformationen gingen sehr genau auf ihre Anlageobjekte ein, wie etwa das Blatt der Hannover Leasing beim Flugzeugfonds Flight Invest 50. Die meisten Kurzinformationen waren aber enttäuschend. Zum Teil waren sie unverständlich oder zentrale Punkte der Investments fehlten. Die Texte ähnelten sich oft, vor allem bei geschlossenen Immobilienfonds. Ihre Anbieter ließen sich offenbar von einem allgemein gehaltenen Muster der Lobbyvereinigung Verband Geschlossener Fonds (VGF) inspirieren. Sie hat ein Formular bereit gestellt, in das die Firmen nur noch ihre Fondsdaten eintragen mussten.
Nicht mal die Zimmerzahl des Hotels genannt
Ein Beispiel: Wer das Informationsblatt für geschlossenen Immobilienfonds DFV Seehotel Am Kaiserstrand liest, erfährt nicht einmal, wo das Hotel genau steht, wie viele Zimmer es hat und wie stark es ausgelastet ist. Dafür schmückt ein Foto des Hotels am See im Dämmerlicht das Blatt. Werbliche Elemente haben auf den Blättern aber nichts zu suchen.
Blätter strotzen vor juristischen Allgemeinplätzen
Viele Blätter strotzen vor juristischen Allgemeinplätzen, geizen aber mit Details zu den konkreten Angeboten. Dabei wäre es zum Beispiel bei geschlossenen Immobilienfonds wichtig zu wissen, ob und welche Risiken es bei der Vermietung oder durch Fremdwährungen gibt oder was bei der Besteuerung zu beachten ist. Geradezu verwirrend sind oft Angaben zu den Kosten und Erträgen. In der Regel sind die erwarteten Kapitalrückflüsse an die Anleger aufgelistet, also zum Beispiel 170 Prozent der Einlage über zehn Jahre Laufzeit. Welche Rendite in Prozent sich daraus für die Anleger ergibt, rechnen die Anbieter aber nicht vor. Auch das macht einen Vergleich der Offerten mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zahlungsströmen schwierig.
Geizig mit Angaben zur finanziellen Lage
Einige Anbieter ließen konkrete Angaben zur Frage weg, welche Auswirkungen unerwartete Marktentwicklungen haben können, oder sie gingen selbst im Negativszenario von positiven Entwicklungen aus. Bei Genussrechten oder geschlossenen Fonds, die Darlehen vergeben, sind die Anbieter oft sehr sparsam mit Angaben, die eine Einschätzung der finanziellen Lage der Schuldner erlauben. Das ist aber sehr wichtig für die Beurteilung.
Kurzinformationsblätter verfehlen ihr Ziel
Wenn das so bleibt, verfehlen die neuen Kurzinformationsblätter ihr Ziel. Abhilfe kann das Finanzministerium schaffen. Es kann den Inhalt und Aufbau der Kurzinformationen in einer Verordnung genauer bestimmen. Aus der Qualität des Informationsblatts allein lässt sich zwar nicht schließen, ob eine Anlage etwas taugt. Für eine Negativauslese ist es aber brauchbar: Wenn Anleger es nicht verstehen, können sie sicher sein, dass die Vermögensanlage nichts für sie ist.
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