
Lichthupe oder zu dichtes Auffahren hat jeder schon mal erlebt. Drängeln auf der Autobahn ist nicht nur gefährlich, sondern manchmal auch strafbar. test.de sprach mit Ingo E. Fromm. Als Fachanwalt für Strafrecht und für Verkehrsrecht ist der promovierte Koblenzer Jurist gleich doppelt kompetent.
Lichthupe ist nicht grundsätzlich verboten
Einem Fahrzeugfahrer geht es auf der Autobahn nicht schnell genug. Er fährt dicht auf und betätigt die Lichthupe. Ist das eigentlich erlaubt?
Fromm: Das kommt darauf an. Die Lichthupe ist nicht grundsätzlich verboten. In der Straßenverkehrsordnung steht: „Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden.“ Der Drängler begeht allerdings eine Ordnungswidrigkeit, wenn er den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht einhält.
Wie groß der Abstand sein muss, hängt von der Fahrgeschwindigkeit und den Verkehrsverhältnissen ab. Ist ein Auto beispielsweise mit 100 Stundenkilometern auf trockener Straße unterwegs, muss der dahinter fahrende Wagen einen Abstand von mindestens 50 Metern haben, entsprechend dem Abstand zwischen zwei Leitpfosten in Deutschland. Sonst droht ein Bußgeld. Je nach Abstandsverstoß kann es bis zu 400 Euro betragen und ein Fahrverbot bis zu drei Monaten sowie zwei Punkte in Flensburg nach sich ziehen.
Können Autofahrer diese Ordnungswidrigkeit anzeigen?
Fromm: Ja, sie müssen sich Kennzeichen, Datum, Uhrzeit, Ort notieren und vor allem das Aussehen des Fahrers. Gut ist es, wenn ein Zeuge mitfährt. Die Polizei ermittelt dann den Fahrer.
Motive des Täters entscheidend
Wann ist das Verhalten des Dränglers eine Nötigung?
Fromm: Das hängt vom Einzelfall ab. Wenn ein Drängler beispielsweise viel zu dicht aufgefahren ist und mehrmals gehupt hat, dazu noch mit Lichthupe andere Autofahrer geblendet hat, kann durchaus eine Nötigung vorliegen. Entscheidend ist, ob der Fahrer andere Verkehrsteilnehmer mit Gewalt oder Drohung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst. Damit ist nicht nur körperliche Gewalt gemeint. Auch eine psychische Zwangswirkung kann Gewalt darstellen, wenn das Opfer dabei einen Angstzustand empfindet. Ob ein Richter das Drängeln auf der Autobahn als Nötigung einordnet, hängt auch von den Motiven des Täters ab.
Rechts überholen ist bei Dränglern ebenfalls sehr beliebt. Wie sieht denn hier die rechtliche Situation aus?
Fromm: Ähnlich wie beim zu dichten Auffahren. Rechts überholen ist immer eine Ordnungswidrigkeit. Das Bußgeld beträgt außerorts 100 Euro, und es gibt einen Punkt in Flensburg. Ob eine Nötigung vorliegt, hängt davon ab, ob es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kam.
Wie verhalten sich Autofahrer am besten?
Fromm: Wer sich genötigt fühlt, sollte auf keinen Fall versuchen, den Drängler auszubremsen. Zum einen kann das extrem gefährlich sein, zum anderen handelt es sich um verbotene Selbstjustiz. Wer Drängler ausbremst, kann sich auch strafbar machen.
Nicht nur Drängeln kann Nötigung sein. Auch Fahrer, die grundlos bremsen oder sich weigern, die linke Spur freizugeben, damit jemand überholen kann, können eine Nötigung begehen.
Grundsätzlich gilt: Wer sich genötigt fühlt, kann bei der Polizei eine Strafanzeige stellen. Polizei und Staatsanwaltschaft sind gesetzlich verpflichtet, dieser Anzeige nachzugehen und ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Sie müssen allerdings das Fehlverhalten auch nachweisen, was schwer sein kann. Viele dieser Verfahren werden daher wieder eingestellt.
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen.
-
- Millionen Deutsche haben ein Programm auf ihrem Handy, das sie vor Radarfallen warnt. Doch Achtung: Für Autofahrer ist die Nutzung einer solchen Blitzer-App illegal....
-
- Rund 43 Millionen Deutsche müssen in den kommenden Jahren ihren alten Führerschein umtauschen. Im Januar 2022 werden die ersten Dokumente ungültig. Wir haben die Details.
-
- Ein Straßenverkehrsamt darf ein Autokennzeichen mit den Initialen „HH 1933“ wieder einziehen, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster. Das Amt hatte das...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Drängler sind sehr ärgerlich und ich hatte ein extremes Exemplar gerade vorletztes WE hinter mir. Ich hatte mal die 110 probiert, aber die konnten leider nichts machen über den Notruf. Aber dann extra an die nächste Polizeidienststelle fahren und 1h für die Anzeigeerstattung zu vergeuden ist mir dann auch zu doof. Aber umgekehrt muss man auch sagen, dass es auch sehr viele Linksfahrer gibt bzw. welche die rücksichtslos Links rausziehen. Ich fahre selbst nämlich auch gerne sehr schnell und kann daher sagen, dass Drängler nicht das größte Problem auf der AB sind. Auch Abstandhalten kann nicht jeder bzw, ist auch sehr schwer: Wer zuviel Abstand hält, bekommt gerne auch mal von rechts die Lücke zugefahren, was dann natürlich auch sehr ärgerlich ist.
Mein Vorschlag: Tempolimit 160 oder 180 und VIIEEL mehr Kontrollen und LKW auf die rechte Spur verbannen (kein Überholen mehr!).