
Nahtloser Übergang. Wer einen versicherten Gegenstand wie ein Fahrrad gebraucht kauft, übernimmt automatisch die Versicherung.
Wer Haus, Auto oder Handy verkauft, gibt damit auch dafür abgeschlossene Versicherungen weiter. Stiftung Warentest erklärt, worauf Sie in so einem Fall achten sollten.
Eine Überraschung beim E-Bike-Verkauf
Als Oliver Kienzle die Fahrradversicherung für sein kürzlich verkauftes E-Mountainbike kündigen wollte, war er von der Antwort des Versicherungsunternehmens WGV überrascht. „Der Versicherungsvertrag geht auf den Käufer über“, hieß es in dessen Schreiben. Nur der Käufer und das Versicherungsunternehmen seien berechtigt, den Vertrag zu kündigen.
Finanztest-Abonnent Kienzle kannte diese Regelung bis dahin nicht. Sie ist jedoch keine Besonderheit der WGV, sondern gilt für alle Sachversicherungen wie Auto-, Gebäude-, Musikinstrumenten- oder Handyversicherungen.
Nach dem Verkauf: Unproblematische Vertragsauflösung
Kienzle sollte dem Versicherungsunternehmen den Namen und die Anschrift des neuen Eigentümers mitteilen. Er hatte das Fahrrad allerdings über Ebay-Kleinanzeigen verkauft und nur noch die E-Mail-Adresse des Käufers. Auf seine Nachrichten reagierte dieser nicht. Die E-Mail-Adresse reichte der WGV letztlich. Sie beendete den Vertrag mit Kienzle und erstattete ihm den zu viel gezahlten Beitrag.
Selbst wenn man nach dem Verkauf keine Informationen des Käufers mehr habe, sei man nicht ewig im Vertrag gefangen, sagt Torsten Widmann, Leiter der Abteilung Produktmanagement bei der WGV. „Wenn ein Kunde den versicherten Gegenstand nicht mehr besitzt, heben wir den Vertrag wegen Risikowegfalls auf.“
Fahrradverkauf: Was geschieht mit der Police?
Wer ein hochwertiges Fahrrad kauft, möchte es oft gegen Diebstahl und Unfälle versichern. Dass bei Gebrauchtkäufen eine bestehende Versicherung auf den Käufer oder die Käuferin übergeht, kann da von Vorteil sein: Es gibt keine Versicherungslücke, in der man ohne Schutz dasteht. Außerdem bieten nicht alle Versicherer eine Fahrradversicherung für gebraucht gekaufte Räder an.
Die Police des Vorbesitzers zu übernehmen, kann also praktisch sein. Wichtig: Käuferin oder Verkäufer müssen dem Versicherer unverzüglich mitteilen, dass das Fahrrad verkauft wurde. Sonst kann es passieren, dass er im Schadensfall nicht leisten muss. Häufig reicht eine Meldung per Telefon oder E-Mail. Versicherungsunternehmen dürfen in den Bedingungen jedoch die Textform (E-Mail, Brief) oder Schriftform (unterschriebener Brief, elektronische Signatur) festlegen.
Tipp: Teilen Sie als Verkäufer eines versicherten Gegenstands dem Käufer den Namen und die Kontaktdaten Ihres Versicherers mit oder fragen Sie als Käufer danach.
Was gilt beim Verkauf von Handy oder Surfbrett?
Auch Versicherungen für elektronische Geräte, Musikinstrumente oder Sportgeräte gehen im Fall eines Verkaufs automatisch auf den neuen Eigentümer über. Das regelt das Versicherungsvertragsgesetz in Paragraf 95.
Auch wenn eine Versicherung oft praktisch ist: Vielleicht möchte die Käuferin sie nicht haben, da sie den Schutz nicht benötigt oder einen anderen Vertrag abschließen möchte. Und dem Versicherer wird die Kundin sozusagen „aufgezwungen“. Deshalb können sowohl die Käuferin als auch das Versicherungsunternehmen den Vertrag innerhalb eines Monats nach dem Kauf kündigen. Erfahren sie erst später von dem Verkauf oder der Existenz der Versicherung, haben sie ab diesem Zeitpunkt einen Monat Zeit dafür.
Käufer haben zwei Möglichkeiten
Wer als Käufer seinen Vertrag kündigen möchte, hat die Wahl: Er kann das sofort oder zum Ende der laufenden Versicherungsperiode tun. Der Versicherer muss eine Frist von einem Monat wahren, damit der Käufer Zeit hat, bei Bedarf einen neuen Vertrag bei einem anderen Unternehmen abzuschließen.
Der Verkäufer hat ab dem Zeitpunkt des Verkaufs – wie in Kienzles Fall – kein Kündigungsrecht mehr. Mit einer frühzeitigen Kündigung kann man verhindern, dass die Versicherung auf die neue Eigentümerin übergeht, sofern der Vertrag vor dem Verkauf endet. Es besteht kein Sonderkündigungsrecht aufgrund eines geplanten Verkaufs.
Tipp: Meist muss die ordentliche Kündigung spätestens drei Monate vor Vertragsende eingehen, kürzere Fristen sind auch möglich.
Wer muss die Versicherungsbeiträge bezahlen?
In der laufenden Versicherungsperiode, oft ein Jahr, sind Käufer und Verkäufer gemeinsam für die Kosten der Versicherung verantwortlich. Meist hat der Verkäufer sie bereits im Voraus bezahlt.
Würde er nun ein versichertes Fahrrad in der Mitte eines Einjahresvertrags verkaufen und die Käuferin möchte den Vertrag fortführen, sollten sich beide vorab über die Kostenübernahme einigen. Ansgar Staudinger, Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Bielefeld, erklärt: „Der Verkäufer kann die Versicherungsprämie für das verbleibende halbe Jahr beispielsweise auf den Kaufpreis aufschlagen.“ Verlängert die Käuferin den Vertrag nach der laufenden Versicherungsperiode, muss sie anschließend allein für die Kosten aufkommen.
Kündigen Versicherer oder Käufer den Vertrag jedoch vor Ablauf der Vertragslaufzeit, hat der Verkäufer das Recht, den zu viel gezahlten Beitrag vom Versicherer erstattet zu bekommen.
Verkauf eines Hauses und Gebäudeversicherung
Die beschriebenen Regeln gelten auch beim Verkauf eines Wohnhauses. Hier ist es besonders wichtig, keine Zeiten ohne Versicherungsschutz zu haben, da ein Brand oder ein heftiger Sturm zu erheblichen Kosten führen können.
So ging es einer Hauskäuferin, der aufgrund eines Unwetters zwei Monate nach der Übergabe ein Schaden von rund 38 000 Euro entstand. Sie war davon ausgegangen, dass eine Gebäudeversicherung besteht.
Der Bundesgerichtshof entschied in dem Fall, dass man als Verkäufer vor dem Abschluss des Kaufvertrags nicht ungefragt darüber aufklären muss, ob eine Versicherung besteht. Erklärt der Verkäufer jedoch erst, er habe Versicherungsschutz und verliert oder kündigt ihn vor der Änderung des Grundbucheintrags, muss er die Käuferin unverzüglich informieren (Az. V ZR 61/19).
Tipps vom Fachanwalt
David Sahlender, Fachanwalt für Versicherungsrecht in der Kanzlei Wittig Ünalp, empfiehlt, im Kaufvertrag festzuhalten, ob eine Versicherung besteht.
Er weist im Gespräch mit der Stiftung Warentest auf einen weiteren Aspekt hin: „Ein Käufer übernimmt zwar den Versicherungsschutz, kennt möglicherweise aber nicht die Pflichten und Obliegenheiten, die zu dessen Aufrechterhaltung nötig sind.“ Bei leer stehenden Häusern ist das zum Beispiel die Vorgabe, alle Wasserleitungen zu entleeren. Auch der Umfang der Versicherung ist eine wichtige Information für Hausbesitzer.
Tipp: Fragen Sie den Verkäufer oder den Versicherer nach den aktuell gültigen Versicherungsbedingungen. Falls Sie einen neuen Vertrag abschließen möchten, finden Sie gute Angebote in unserem Vergleich Wohngebäudeversicherung.
Geht eine Hausratversicherung auf Nachmieter über?
Nein, sie hängt am Versicherungsnehmer und dessen Hausrat, also Mobiliar und Gegenständen in Wohnung oder Haus. Zieht er um, kommt die Versicherung mit.
Tipp: Melden Sie den Umzug zeitnah dem Versicherer, damit er die Versicherungssumme gegebenenfalls anpassen kann. In unserem Vergleich Hausratversicherung finden Sie günstige und leistungsstarke Angebote.
Welche Regelung gilt beim Verkauf eines Autos?
Wer ein Auto oder Motorrad gebraucht kauft, übernimmt automatisch die Police des Vorbesitzers. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist in Deutschland eine Pflichtversicherung, weil sie für Schäden aufkommt, die anderen beim Autofahren entstehen. Ohne sie darf man auf öffentlichen Straßen nicht fahren.
Beim Autoverkauf sollte vertraglich vereinbart werden, dass der Käufer das Fahrzeug unverzüglich auf sich ummeldet. Bei der Zulassung muss er eine Versicherungsbestätigung vorlegen. Sonderregelung: Die Autoversicherung des Vorbesitzers wird automatisch gekündigt, wenn der Käufer eine neue abgeschlossen hat. Trotzdem müssen Käufer und Verkäufer den Eigentümerwechsel dem Versicherer melden – am besten mit Datum und Uhrzeit der Übergabe. Verursacht der Käufer danach einen Unfall, wird die Schadenfreiheitsklasse des Verkäufers nicht zurückgestuft.
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@VanoraH: Es gilt, was im Vertrag steht.
Wir bereits im Artikel aufgezeigt, kann der Versicherer den Vertrag aufgrund eines Risikowegfalls aufheben. Was beim Risikowegfall eintritt, kann der Versicherer auch in seinen Bedingungen regeln.
Hallo Zusammen,
in der Versicherungsbedingungen meiner Classic Fahrrad-Vollkaskoversicherung für E-Bikes von Ammerländer Versicherung steht in den AGB:
§ 16 Dauer und Ende des Vertrages
"4. Fehlendes versichertes Interesse (Veräußerung des
versicherten Fahrrades): Veräußert der Versicherungsnehmer das versicherte
Fahrrad, endet der Versicherungsvertrag zu diesem
Zeitpunkt."
Oben schreibe Sie jedoch, das es für alle Sachversicherungen gilt.
Was ist denn jetzt richtig?
Vielen Dank und viele Grüße
Vanorah