
Zwei statt acht Seiten, das klingt gut! Was viele Steuerpflichtige nicht wissen: Seit 2006 gibt es eine vereinfachte Einkommensteuererklärung für Arbeitnehmer. Das zweiseitige Formular erfasst einfache Steuerfälle und ist in kurzer Zeit auszufüllen – allerdings nur auf Papier. Ideal für Kurzentschlossene ohne Extras.
Für viele Arbeitnehmer reicht die vereinfachte Erklärung
Wer Arbeitnehmer ist und ausschließlich Arbeitslohn erhält, kann den Vordruck verwenden (ESt 1V). Angeben lassen sich im Formular außerdem Lohnersatzleistungen wie Elterngeld, Arbeitslosengeld und Mutterschaftsgeld. Viele könnten es nutzen: Im Jahr 2012 gab es rund 13,1 Millionen unbeschränkt Steuerpflichtige, die ausschließlich Arbeitslohn und eventuell Kapitalerträge erzielten. Ein Großteil von ihnen kann die vereinfachte Erklärung verwenden.
Keine getrennte Veranlagung
Doch nur wenig tun es. Von den 16,9 Millionen Arbeitnehmern, die für 2015 eine Steuererklärung gemacht haben, wählten nur 0,5 Prozent die vereinfachten Vordrucke. Wichtig: Ehegatten und Lebenspartner können dieses Formular nur für eine Zusammenveranlagung nutzen – wenn beide die Voraussetzungen erfüllen. Wünscht ein Paar die getrennte Veranlagung oder möchte es mehr Angaben machen als im Vordruck vorgesehen, muss es die ausführliche Erklärung abgeben.
141 Zeilen gespart
In der vereinfachten Erklärung sind der vierseitige Mantelbogen und die ebenfalls vierseitige Anlage N für Arbeitnehmer auf zwei Seiten zusammengefasst. Das sind 141 gesparte Zeilen im Vergleich zu den Vordrucken für die ausführliche Erklärung.
Nur auf Papier
Vielen ist diese Version unbekannt, da sie ausschließlich in Papierform angeboten wird. Eine Bearbeitung auf elektronischem Weg mithilfe üblicher Steuerprogramme oder über das Onlineportal der Finanzverwaltung ist nicht möglich.
Gute Lösung für Kurzentschlossene und Steuerlaien
Vielleicht ist diese Version – gerade weil nur auf Papier und ohne Onlinehilfe möglich – eine gute Lösung für Kurzentschlossene und Steuerlaien. Einiges gibt es aber zu beachten. Im Formular müssen auf der ersten Seite persönliche Daten wie Steuernummer, Name, Anschrift, Bankverbindung und die eTin zwingend angegeben werden.
eTin ersetzt Lohnangaben
Die eTin ist ein 14-stelliger Code auf der Lohnabrechnung, der sich aus Name, Vorname und Geburtsdatum zusammensetzt. Mithilfe der eTin kann das Finanzamt Lohndaten und Versicherungsbeiträge abfragen, die Arbeitgeber und Versicherer zuvor übermittelt haben. Für den Steuerpflichtigen ist das von Vorteil, denn er muss der Erklärung weder die Lohnsteuerbescheinigung beifügen, noch den Lohn und die gezahlten Steuern einzeln im Formular aufschlüsseln.
Wer sie nicht verwenden kann
Auf die Fälle von Rentnern, Vermietern, Selbstständigen, Landwirten oder Unternehmern ist die Kurzversion nicht ausgelegt. Sie müssen die klassische Erklärung machen. Ebenso wie Leute mit ausländischen Einkünften und beschränkt Steuerpflichtige, deren Lebensmittelpunkt nicht Deutschland ist. Auch Arbeitnehmer mit Nebeneinkünften können die vereinfachte Erklärung nicht nutzen. Ausnahme: Sie haben nur inländische Kapitalerträge, die bereits versteuert wurden.
Achtung bei Kapitaleinkünften
Die ausführliche Erklärung muss ausfüllen, wer Kapitalerträge oberhalb eines gestellten Freistellungsauftrags erzielt hat. Gleiches gilt für Personen, die auf Kapitalerträge noch keine Abgeltungsteuer gezahlt haben, etwa für ausländische Einkünfte. Wer den ESt 1V-Vordruck verwendet, kann nicht überprüfen lassen, ob er seinen Sparerpauschbetrag ausgeschöpft hat und ob Kapitalerstragsteuer in der richtigen Höhe abgezogen wurde. Achtung: Nutzt jemand unberechtigt die vereinfachte Version, hat er schlechte Karten: Die Steuererklärung gilt als nicht eingereicht. Unter Umständen findet keine Veranlagung statt und die Abgabefrist ist nicht gewahrt.
Abzug nur in begrenztem Umfang möglich
Angaben über Posten, die die Steuerlast senken, kommen auf Seite zwei. Der Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ist aber nur in dem begrenzten Umfang möglich, wie im Formular vorgesehen:
Werbungskosten. Für den einfachen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte rechnet das Finanzamt 30 Cent pro Kilometer ab, egal, wie man sich fortbewegt. Wer für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr ausgegeben hat, als die Pendlerpauschale beträgt, kann diese Kosten anerkennen lassen.
Weitere Werbungskosten werden zusammengefasst angegeben. Dazu zählen Aufwendungen für Arbeitsmittel, Fortbildungen und Bewerbungen oder Beiträge zu Berufsverbänden, zudem Kontoführungsgebühren, beruflich veranlasste Flug- und Fährkosten und Reisekosten bei Auswärtstätigkeiten.
Sonderausgaben. Kirchenmitglieder können gezahlte Kirchensteuer vollständig absetzen. Felder für Spenden und Mitgliedsbeiträge zu steuerbegünstigten Zwecken sind ebenfalls vorhanden. Diese werden in Höhe von bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte anerkannt.
Außergewöhnliche Belastungen. Personen mit Behinderung geben ihren Behinderungsgrad an, um den Behindertenpauschbetrag zu erhalten. Außerdem können Steuerzahler Kosten für Krankheiten, Kuren oder Pflege sowie die Fahrtkosten für behinderte Menschen geltend machen.
Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. 20 Prozent der Kosten für Haushaltshilfen, maximal 4 000 Euro, werden direkt von der Steuer abgezogen. Solche Dienstleistungen sind etwa Hausmeisterarbeiten oder Pflege- und Betreuungsdienste.
Handwerkerleistungen mindern die Steuerlast in Höhe von 20 Prozent der entstandenen Kosten, maximal um 1 200 Euro.
Ohne Belege geht es nicht
Alle geltend gemachten Ausgaben sollten Arbeitnehmer mit Belegen begründen oder sie aufbewahren, falls das Amt sie anfordert. Wer Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer, Umzugskosten oder Unterhaltsleistungen absetzen möchte, muss die ausführliche Erklärung verwenden.
Ergänzende Anlagen beifügen
Der vereinfachten Steuererklärung darf man weitere Anlagen beilegen:
- Versicherungsbeiträge werden in der Anlage Vorsorgeaufwand eingetragen. Viele dieser Daten stellen Versicherer und Arbeitgeber aber bereits dem Finanzamt auf elektronischem Wege zur Verfügung.
- Wer Kinder hat, fügt für jedes eine ausgefüllte Anlage Kind bei.
- Die Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen kann mit der Bescheinigung des Anlageinstituts (Anlage VL) beantragt werden.
- Den zusätzlichen Sonderausgabenabzug für Beiträge zur Riester-Rente können Steuerpflichtige mit der Anlage AV geltend machen.
Erstattung kommt nicht früher
Weniger Formulare, Eintragungen und Belege: Großer Vorteil der vereinfachten Steuererklärung ist ihr geringer Zeitaufwand. Wer seine Unterlagen und Belege vorher sortiert, kann die zwei Seiten in 30 Minuten ausfüllen. Mit einer schnelleren Bearbeitung beim Finanzamt kann er allerdings nicht rechnen. Die vereinfachte Papiererklärung lässt sich im Amt nicht vollautomatisch und damit schneller verarbeiten. Die mit der eTin übermittelten Daten fragt der Bearbeiter manuell ab und speist sie anschließend in die Steuerberechnung ein. Die Erklärungen bearbeitet das Finanzamt in der Reihenfolge ihres Eingangsdatums. Der Steuerzahler muss warten: Bescheid und eventuelle Erstattung gibt es also nicht früher als bisher.
-
- Es ist Zeit, sich Geld vom Finanzamt zurückzuholen. Am meisten bekommt, wer jetzt alle Ausgaben geschickt abrechnet. Die Steuerexperten der Stiftung Warentest sagen,...
-
- Entscheidet der Bundesfinanzhof zugunsten der Steuerzahlenden, gewinnen rückwirkend alle mit, die sich eingeklinkt haben. Stiftung Warentest stellt wichtige Prozesse vor.
-
- Als Folge der Corona-Pandemie müssen Angestellte, Familien, Rentnerinnen und Rentner beim Ausfüllen der Steuererklärung 2020 einige Besonderheiten beachten.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.