Einige vegetarische Bratwürste, Frikadellen und Schnitzel sind eine gute Alternative zu Fleisch. Sechs Veggie-Produkte enthalten jedoch hohe Mengen an kritischen Substanzen.
Testergebnisse für 20 Fleischersatzprodukte 10/2016

Die Begeisterte. „Ich esse oft Ersatzprodukte. Mit ihren verschiedensten Geschmacksrichtungen machen sie meine Gerichte interessant. Und es muss kein Tier für sie sterben.“ Lisa Burkhardt, Studentin, Berlin © E. Zippel, Fotolia / fotobauer_11 (M)
Selten diskutierten unsere Leser so emotional wie bei unserer Umfrage zu Fleischersatz vor einigen Wochen. Dabei stritten sie kaum über Schwein oder nicht Schwein. Viele Beiträge kamen von Menschen, die weniger Fleisch essen als früher oder ganz darauf verzichten.
Soll ein fleischfreies Schnitzel aussehen und schmecken wie eines aus Fleisch? Ja, sagt Familie Schuler-Oostendorp aus Ostfildern, die ein bestimmtes Produkt schätzt: „In Geschmack und Konsistenz kommt es einem Fleisch-Schnitzel derart nahe, dass am Tisch kaum jemand reklamiert.“ Nein, findet die Berliner Studentin Lisa Burkhardt. „Ich habe seit Jahren kein Fleisch gegessen und erinnere mich nicht mehr im Geringsten an den Geschmack.“ Die Veganerin interessiert viel mehr, welche Gewürze und Geschmacksrichtungen die Hersteller anbieten.
Mehr als 3 600 Umfrage-Teilnehmer stimmten ab, warum sie Fleischersatz kaufen und wie wichtig das Tierwohl für sie ist. Viele hinterließen Kommentare (Kurz-Umfrage).Eine Auswahl ihrer Anmerkungen geben wir hier wieder.
Von gut bis mangelhaft
Fleischersatz ist einer der heißesten Trends im Lebensmittelhandel. Jahr für Jahr steigen die Umsatzzahlen. Mit unserem Test von 20 vegetarischen Bratwürsten, Frikadellen und Schnitzeln beantworten wir wichtige Fragen und steuern Fakten zur Diskussion bei. Sieben Produkte sind als vegan gekennzeichnet. Sie dürfen weder Fleisch noch andere tierische Erzeugnisse wie Ei oder Milch enthalten.
Wir haben nach Tier-DNA und Schadstoffen gefahndet und geprüft, welche Nähr- und Zusatzstoffe enthalten sind. Unser Testfazit fällt durchwachsen aus. Sechs Produkte – je zwei Schnitzel, Bratwürste und Frikadellen – erwiesen sich als gute Alternative zu ihren fleischlichen Vorbildern. Sechs haben ein Schadstoffproblem, eines davon ist insgesamt mangelhaft.
Einige Veggie-Varianten schmeckten trocken, waren schwer zu kauen oder so salzig, dass sie durstig machten. Wer mit Ersatzprodukten weniger Kalorien und Fett essen möchte als mit ihren Vorbildern, muss genau hinsehen, was er wählt. Mit einigen der Frikadellen und Bratwürste gelingt es.
Bruzzzler mit fünf Verdickungsmitteln
Viele halten die Bratlinge für künstlich. „Wir brauchen keine Fleischersatzprodukte“, schrieb Martin Kummer auf test.de. „Wir wissen ... um die ungezählten Zusatzstoffe.“ In den Produkten im Test stecken bis zu drei verschiedene Typen an Zusatzstoffen plus Aromen. Fast alle enthalten Verdickungsmittel, um die Masse aus Soja- oder Weizeneiweiß zusammenzuhalten, die Bruzzzler-Bratwurst von Wiesenhof hat sogar fünf davon. Klassische Bratwurst kommt auch selten ohne Zusatzstoffe aus.
Mühlen-Schnitzel ist Testverlierer
In jedem Fall kritisch sehen wir hohe Mengen an Mineralölbestandteilen, die wir in sechs Produkten fanden. Fünf Bratwürste sind deshalb in der Schadstoffnote ausreichend, das Schnitzel von Rügenwalder Mühle mangelhaft.
Die problematischen Substanzen stammen aus zwei Stoffgruppen, die sich chemisch sehr ähneln: Überwiegend handelt es sich nach unseren Analysen um Mosh (Mineral oil saturated hydrocarbons), zu geringen Teilen um Posh (Polymer oligomeric saturated hydrocarbons).
Das Risiko von Mosh
Die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa stuft Mosh als „potenziell besorgniserregend“ ein. „Es gibt Mosh-Verbindungen, die sich in menschlichen Organen, vor allem Leber, Milz und Lymphknoten, über sehr lange Zeit ansammeln und zu sehr hohen Belastungen führen können“, sagt Dr. Konrad Grob. Der Mineralöl-Spezialist forschte am Kantonalen Labor Zürich und arbeitete an der Risikobewertung der Efsa mit.
Für Mosh gibt es bislang keinen Grenzwert. In den Bratwürsten fanden wir Mineralölbestandteile von insgesamt rund 20 bis 60 Milligramm pro Kilogramm, im Rügenwalder Schnitzel mehr als 400 Milligramm pro Kilogramm. Dieser Gehalt gehört zu den höchsten, die wir je in Lebensmitteln gefunden haben.
Mehrere Anbieter teilten uns mit, dass Weißöl die Ursache unserer Funde sei. Es ist als Hilfsstoff in der Produktion zugelassen und besteht aus Mosh. Bei Bratwürsten dient es als Gleitmittel: Hersteller beschichten damit die Cellulosehüllen, in denen die Würste gebrüht werden. Die Kunstdärme werden wieder abgezogen, aber es wandert Weißöl in die Wurst.
Rügenwalder Mühle schrieb uns, Weißöle seien „unschädlich und ungefährlich“. Das deckt sich nicht mit der Einschätzung der Efsa. Dass es möglich ist, die Belastung zu minimieren, beweist unser Test: Gut die Hälfte der Produkte schneidet im Prüfpunkt Schadstoffe mit der Note gut ab.
Im Prinzip gesund
Manche Verbraucher kaufen vegetarische Würste, Frikadellen und Schnitzel als Beitrag zu einer gesunden Ernährung. Fakt ist: Ein hoher Fleischkonsum schadet nachweislich der Gesundheit und dem Klima. Zwei Langzeitstudien der Harvard Medical School in Boston mit mehr als 130 000 Teilnehmern zeigen: Pflanzeneiweiß hat einen positiven Einfluss auf die Gesundheit. Demnach kann dieses Eiweiß – etwa aus Getreide oder Hülsenfrüchten, die oft Basis von Fleischersatz sind – das Sterberisiko senken, viel tierisches Eiweiß dagegen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sieht gesundheitliche Vorteile für Menschen, die viel Pflanzliches essen und wenig oder gar kein Fleisch. Sie rät, pro Woche nicht mehr als 600 Gramm Fleisch und Wurst zu verzehren.
Manches könnte besser werden
Bei vielen der getesteten Produkte sind die Rezepturen allerdings verbesserungswürdig. Von den fleischlosen Bratwürsten, Schnitzeln und Frikadellen bieten nur jeweils zwei eine gelungene Zusammensetzung an Nährstoffen.
Auch kulinarisch sind Steigerungen möglich. Neun Produkte schnitten in der sensorischen Prüfung nur befriedigend oder ausreichend ab. Bei der Verkostung achteten wir darauf, ob sie fehlerfrei sind, also nicht etwa breiig, trocken, krümelig oder gummiartig (Vorher-nachher).
Den Fleischgeschmack von Bratwürsten, Frikadellen und Schnitzeln erwarteten wir nicht – genau wie der Großteil der Teilnehmer unserer Umfrage. Die Hersteller folgen kulinarisch unterschiedlichen Zielen: Vegetaria spielt im Namen auf das Wiener Schnitzel an („Uns-Wienerinnen-schmeckts“). Valess sagt hingegen, seine Bratlinge seien „kein Ersatz und auch kein Stellvertreter“. Valess-Produkte stellen im Test eine Besonderheit dar: Sie basieren auf Milch.
Für Weltverbesserer ernüchternd
Bleibt die Frage, ob Fleischersatzprodukte etwas für den Tier- und Klimaschutz leisten. „Sie ändern nichts an den Haltungsbedingungen für Tiere“, schrieb Ulrike D. Die Kritik richtet sich an Produzenten, die neben ihrer Veggie-Linie Tonnen an Fleisch produzieren und verarbeiten – so wie die PHW-Gruppe, zu der Wiesenhof gehört.
Viele unserer Leser wollen wissen, woher die Zutaten für Fleischersatz kommen. Im Test enthalten zehn Produkte Bestandteile aus Ei. Bei einem stammen die Eier laut Anbieter aus Biohaltung, bei sechs aus Freiland-, bei zwei aus Bodenhaltung. Die Angaben nennen wir in der Tabelle, ebenso Anbieterinformationen über die Herkunft von Soja. Auch die Hülsenfrucht kann eine kritische Zutat sein. In Brasilien wird für Anbauflächen Regenwald gerodet. Wir haben alle Produkte auf gentechnisch verändertes Soja geprüft und wurden bei keinem fündig.
Durch den Verzicht auf Fleisch sparen Ersatzprodukte Kohlendioxid ein. Sie sind aber stark verarbeitet, das verschlechtert die Bilanz. Als besonders klimaschonend können sie darum nicht durchgehen.
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@ioLe: Vielen Dank für Ihr Interesse an den Veröffentlichungen der Stiftung Warentest. Es freut uns sehr, dass Ihnen unsere Untersuchung gefällt. Gerne nehmen wir das Thema als erneuten Testwunsch auf, auch wenn wir nicht versprechen können, dass wir ihn in absehbarer Zeit realisieren können.
Der Rückseite jedes test-Heftes: www.test.de/shop/test-hefte/vorschau/ können Sie entnehmen, welche Untersuchungen im folgenden Monat erscheinen werden. Einen längeren Blick in die Zukunft können wir Ihnen leider nicht bieten. (cr)
Hallo Liebes Testteam,
danke für die interessante Untersuchung.
Im Artikel wird auf die wachsende Bedeutung von Fleischalternativen am Markt hingewiesen. Ist vor diesem Hintergrund ein erneuter Test geplant? Insbesondere da einige große Hersteller Ihre Produkte bereits verändert/überarbeitet haben. Mich würde sehr interessieren, wie z.B. das "Valess Schnitzel Gouda" abschneidet.
@CarinaBrach: Sie können unsere Testergebnisse gerne in Ihrer Bachelorarbeit verwenden. Zitieren Sie in der üblichen Weise (Institution, Titel des Tests, Datum der Veröffentlichung). (bp)
Hallo, ich würde gerne im Rahmen meiner Bachelorthesis Ihre Ergebnisse nutzen und wollte daher fragen, wie diese zu zititieren sind (außer als Internetseite) ?
MfG B.
@RainbowRicarda: Von den 20 getesteten Fleischersatzprodukten im aktuellen Testbericht sind sieben Produkte vegan, das haben unsere Laboranalysen bestätigt. Leider bieten wir keine Such- bzw. Filterfunktion an, um nur die Ergebnisse der veganen Schnitzel und Bratwürste darzustellen. Ihre Nachfrage leiten wir jedoch gerne als Anregung an das zuständige Untersuchungsteam weiter. (spl)