
Fleischlos glücklich. Die Scheiben sehen aus wie echte Wurst, sind aber keine. © Manuel Krug
Soja und Eiklar statt Fleisch: Die Wurstersatzprodukte im Test ähneln Lyoner und Salami, sind aber fettärmer. Wiesenhof-Mortadella und Veggy-Friends-Salami fallen durch.
Alle Testergebnisse für Vegetarischer Aufschnitt 03/2019
Ausgerechnet ein Wurstfabrikant verhalf Veggie-Aufschnitt zum Durchbruch. 2014 brachte die Rügenwalder Mühle aus Bad Zwischenahn ihren vegetarischen Schinken Spicker in die Supermärkte. Er verkaufte sich großartig. Seither hat sich die Auswahl an fleischfreien Produkten, die aussehen wie Wurst, vervielfacht. 8 Prozent der Bundesbürger kaufen sie häufig. Viele erwarten, dass der Geschmack dem Original nahe kommt.
Rügenwalder lässt sich die Ersatzwurst nicht vom Brot nehmen: Im Test von lyoner- und salamiähnlichem Veggie-Aufschnitt steht der Marktführer jeweils an der Spitze, bei „Salami“ zusammen mit Heirler. Wir haben 20 viel verkaufte Produkte auf Schadstoffe, Keime und Geschmack geprüft: Zwölf schneiden gut ab, sechs befriedigend, zwei mangelhaft.
Unser Rat
Bester Aufschnitt im Test ist Rügenwalder Mühle Vegetarischer Schinken Spicker (1,66 Euro je 100 Gramm), gefolgt von Alnatura Veggie Aufschnitt Paprika (1,99 Euro), Kaufland Take it Veggie (1,11 Euro), Taifun (2,15 Euro) und Vevia (2,24 Euro). Vom Typ Salami sind nur zwei gut: Rügenwalder Mühle Vegetarische Mühlensalami klassisch (1,68 Euro) und Heirler wie Salami vegan (2,39 Euro).
Zwei wegen Keimen mangelhaft
Anders als 2016 im Test fleischloser Schnitzel, Buletten und Bratwürste wiesen wir im Veggie-Aufschnitt keine kritischen Gehalte an Mineralölbestandteilen nach. Positiv auch: Im veganen Aufschnitt fanden wir keine DNA von Tieren. Und in den Produkten mit Soja spielten gentechnisch veränderte Organismen keine Rolle. Nur in zwei Produkten stellten wir Spuren davon fest. Sie sind typisch für Verunreinigungen und tolerierbar.
Zwei Produkte allerdings sind mangelhaft. In der vegetarischen Mortadella von Wiesenhof wiesen wir Listerien nach. Die Krankheitserreger können für Immunschwache und Ungeborene lebensgefährlich sein (Wie Lyoner oder Mortadella). Nachdem wir Wiesenhof informiert hatten, die vegetarische Mortadella zu testen, kam der Hinweis: Die Produktion sei eingestellt, der Artikel könne „nach Abverkauf der Restmengen im November 2018“ nicht mehr erworben werden. Wir haben ihn tatsächlich nicht mehr gefunden – weder online noch bei Stichproben im Supermarkt.
In der veganen Salami von Veggy Friends analysierten wir eine erhöhte Anzahl an Milchsäurebakterien und eines Verderbniskeims. Davon geht keine Gesundheitsgefahr aus, doch die Bakterien hatten die Scheiben schon verdorben. Sie verströmten deutlich fremdsäuerliche, brandige, leicht bittere Noten. Die Packungen waren bei der Prüfung kräftig gebläht.
1,5 Eier für 80 Gramm Aufschnitt
Mehr als jeder zweite Kunde kauft fleischlose Wurst aus ethischen Gründen. Er möchte keine oder weniger echte Wurst essen, weil dafür Tiere geschlachtet wurden. Vegetarischer Aufschnitt kann aber tierische Zutaten enthalten, zum Beispiel Ei wie bei sechs Produkten im Test. Vegetarische Schinken Spicker Mortadella besteht laut Etikett sogar zu 70 Prozent aus Eiklar – mit Abstand das meiste Ei im Test. Umgerechnet geht für eine 80-Gramm-Packung das Eiklar von etwa 1,5 Eiern der Größe M drauf. Die anderen vegetarischen Produkte deklarieren maximal 10 Prozent Eiklar.
Eier aus Freiland- und Bodenhaltung
Viele Verbraucher erwarten, dass tierische Zutaten vegetarischer Produkte von artgerecht gehaltenen Tieren stammen. Sicher können sie aber nicht sein. Wir haben die Anbieter der Produkte mit Ei nach der Herkunft der Eier gefragt. Keiner bezog sie aus der Bio- oder Kleingruppen-Haltung, wo Hühner noch am meisten Platz haben. Fast alle gaben an, Eier aus Freilandhaltung zu nutzen. Dort können Legehennen tagsüber ins Freie. In Deutschland dominiert jedoch die Bodenhaltung, bei der bis zu 6 000 Tiere dicht an dicht in einem Stall leben. Sie können nicht nach draußen. Im Test erklärte nur Aldi Nord, für sein Produkt auch Eier aus Bodenhaltung zu verwenden.
Eleonore Heil, die an der Universität Gießen die Arbeitsgemeinschaft Ernährungsökologie leitet, sagt: „Freilandhaltung ist nicht pauschal besser als Bodenhaltung. Es kommt auf den einzelnen Betrieb an.“ Bei verarbeiteten Produkten vermisst sie Transparenz. Verbraucher können über die Zutatenliste nicht erkennen, aus welchem konkreten Betrieb die Eier stammen.
Auch Veganes stark verarbeitet

„Um Fleischeiweiß zu produzieren, wird ein Vielfaches an Pflanzeneiweiß benötigt. Für die Umwelt ist es besser, möglichst wenig Fleisch zu essen. Ersatzprodukte sollten nur gering verarbeitet sein.“ Dr. Eleonore Heil, Leiterin der Arbeitsgruppe Ernährungsökologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. © Katrin Binner
Es geht auch ohne Ei oder andere tierische Zutaten. Veganen Aufschnitten verleihen Soja, Weizen oder Erbsen eine wurstartige Konsistenz. Soja wird zu Tofu, Weizen zu Seitan verarbeitet. Seitan ist geballtes Weizenprotein: Gluten oder Klebereiweiß.
Trotz starker Verarbeitung sind pflanzliche Zutaten dem Fleisch ökologisch meist überlegen: Sie werden direkt zu Lebensmitteln verarbeitet, während sie in der Tierhaltung nur als Futter dienen. Im Fleisch steckt ein Vielfaches an Pflanzenfutter.
Wichtig: Allergiker sollten die Zutatenliste aufmerksam lesen. Einige reagieren heftig auf Soja und Ei. „Menschen mit der Stoffwechselkrankheit Zöliakie müssen bei Weizeneiweiß und Seitan aufpassen. Das Gluten schadet ihnen“, warnt Christine Dawczynski, Ernährungswissenschaftlerin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Alle mit Zusatzstoffen
Ob vegetarisch oder vegan: Kein Aufschnitt ist frei von Zusatzstoffen. Fast alle enthalten Verdickungsmittel wie Johannisbrotkernmehl, um schnittfest zu werden. Oft kommen Farbstoffe dazu. Nur „Die Ohne“ setzt auf den Geschmacksverstärker Natriumglutamat (E 621). Die EU stuft alle Zusatzstoffe aus den Zutatenlisten des geprüften Veggie-Aufschnitts als sicher ein.
Einige mit Aroma aus dem Labor
Die Grundzutaten des Aufschnitts haben oft wenig Geschmack, er braucht Würze. Bei den Bioprodukten nutzen Hersteller dafür Gewürze und Gemüse, teils noch Hefeextrakt mit Glutamat aus Hefezellen.
Viele konventionelle Produkte enthalten laut Zutatenliste „Aroma“. Es darf synthetisch hergestellt werden. Die Vorgaben für die Gewinnung von natürlichem Aroma sind strenger. Bei der Analyse der Aromastoffe fiel uns bei Aldi Nord „Mein Veggie Tag“ ein Mengenverhältnis an Aromakomponenten auf, das für natürliches Aroma untypisch ist. Wir fragten nach. Aldi Nord gab uns Informationen zur Herstellung des Aromas. Die erklären aber nicht unseren Laborbefund. Wir schließen auf einen Fehler in der Kennzeichnung und bewerten die Deklaration deshalb nur mit Ausreichend.
Rapsöl bietet Gesundheitsvorteile

„Bei Fleischersatz lohnt es sich, aufs Fett zu achten. Rapsöl ist gut, weil es bis zu 10 Prozent an Omega-3- Fettsäuren enthält. Kokos- und Palmfett sind durch hohe Gehalte an gesättigten Fettsäuren nachteilig.“ Dr. Christine Dawczynski, Friedrich-Schiller-Universität Jena, erforscht den Einfluss verschiedener Ernährungsformen auf Nährstoffstatus und Gesundheitszustand. © Nora Klein
Wie etliche im Test enthält das Produkt von Aldi Nord wertvolles Rapsöl. Seine Omega-3-Fettsäuren stärken Herz und Kreislauf. Vegetarischer Aufschnitt mit Kokos- und Palmfett ist weniger gesund. Beide Fette bestehen hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren. Im Übermaß begünstigen sie Herzkrankheiten. Das gilt auch für viel Salz. Vegetarische Lyoner oder Mortadella enthält ähnlich viel Salz wie echte Wurst. Salami aus Fleisch aber bringt deutlich mehr Salz mit als die Veggie-Variante.
Tipp: Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Special Nahrungsergänzungsmittel für Vegetarier & Veganer.
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Ich kann dem Kommentar von foobar99 nur zustimmen. Die Rezeptur für die vegan Variante bringt eine Verschlechterung des Produkts mit sich. Ich werde die "Salami" nur noch auf Pizza verwenden, da sie sonst nicht mehr schmeckt.
Sehr, sehr schade!
Die „Salami“ der Rügenwalder Mühle ist jetzt vegan und ohne Ei. Leider hat sie dadurch auch deutlich am Biss verloren. Auch den Geschmack finde ich schlechter. Schade
wie kann man darüber schockiert sein, dass Soja oder Eipulver, dass wie Fleisch schmecken soll, mit Aromen vollgestopft ist. Wie soll das denn sonst klappen? Über Buche zu räuchern macht noch kein Fleisch, sonst könnte ich auch ein normales Ei pellen und räuchern.
Wir haben eine Gutfried Wurst getestet und der Geschmack ist wirklich sehr nah dran. Das Problem sind eben nur die Zusatzstoffe, eventuell gentechnisch veränderte Komponenten und der hohe Salzgehalt. Aber am Ende kann man auch darüber streiten, wie gesund eine echte Fleischwurst ist. Wenn man sich gesund und fleischarm ernähren möchte, sollte man einfach nur noch 1 bis 2 Mal die Woche ein gutes Fleisch kaufen und fertig oder es sein lassen
@Steff1272: Wer aus Soja, Weizen oder Erbsen eine vegetarische Salami oder Lyoner herstellen will, kommt nicht ohne Zusatzstoffe und Aromen aus, um eine wurstähnlichen Geschmack zu erzielen. (bp)
Da ich Wert auf gesundes Essen lege und weniger Fleisch konsumieren möchte wollte ich von Rügenwalder Mühle die vegetarische Mühlen Salami und den Vegetarischen Schinken Spicker kaufen . Nach einem Blick auf die Zutatenliste ist mir das jedoch vergangen, da beide von Ihnen mit GUT bewerteten Produkte AROMA enthalten . Also enthalten beide uns als Nahrung angepriesene Produkte, Stoffe die künstlich in einem chemischen Labor ( woraus weiß nur der Hersteller ) hergestellt wurden und dienen vermutlich dazu dem Produkt Geschmack zu verleihen . Ich bin der Meinung das so etwas in unserem Essen nichts zu suchen hat ( man stelle sich nur die Menge an AROMA , verschiedenster Art vor die man täglich zu sich nimmt , wenn man nicht darauf achtet ). Wenn der Hersteller einem Produkt AROMA zusetzt, dient das seiner Profitmaximierung . Denn dadurch muss er weniger teurere natürliche Gewürze zusetzen. Na dann guten Appetit .