
Wenn groß „Vanille“ draufsteht, muss auch Vanille drin sein. Und das Produkt sollte auch nach Vanille schmecken. © StockFood / B. Bonisolli, Stiftung Warentest (M)
Auf Packungen prangt oft prominent Vanille. Die gute Nachricht: Alle Produkte im Test enthalten Vanille. Die schlechte: Viele schmecken nicht danach oder enthalten auch Aromastoffe, die Vanillegeschmack nachahmen.
Weich, süß, cremig – das Aroma der Vanille weckt gute Gefühle. Ihr Duft erinnert an Pudding, Eiscreme oder frisch gebackene Plätzchen. Sie ist nach Safran das zweitteuerste Gewürz der Welt. Vanille verlangt viel Handarbeit und Erfahrung. Die Blüten der tropischen Vanille-Orchideen blühen nur für wenige Stunden. Sie müssen handbestäubt werden. Erst Monate später können die grünen Schoten geerntet und fermentiert werden. Dabei schwitzen und trocknen sie abwechselnd und verfärben sich braun. Erst so bildet sich Vanillin. Das ist der Hauptaromastoff der Vanille – neben etwa 400 weiteren Aromastoffen.
Sie alle zusammen machen jedoch nur einen Bruchteil der Vanilleschote aus. Der riesengroße Rest, nämlich 98 Prozent der Schote, besteht aus Wasser, Zucker, Fetten, Wachsen und Zellulose. Weltweit werden pro Jahr zirka 3 000 Tonnen Vanille erzeugt – bei ständig steigendem Bedarf. Geizen die Anbieter von Lebensmitteln mit dem kostbaren Gut? Um festzustellen, ob drin ist, was draufsteht, haben wir 39 Produkte ins Labor geschickt: Milchprodukte, Schokolade, Gebäck, Babybrei, Sirup und Dessertsoßen. Alle werben prominent mit Vanille, zeigen auf der Verpackung die Blüten oder Schoten oder schreiben groß Bourbon-Vanille drauf. In der Zutatenliste führen sie mindestens eine Vanillezutat auf. Unsere Analyse zeigt: Alle geprüften Produkte enthalten Vanille aus der Schote. Viele schmecken aber nicht danach. Und in 20 der 39 Produkte wiesen unsere Lebensmittelchemiker auch Aromastoffe nach, die den Vanillegeschmack nachahmen oder verstärken können.
Nur drin allein reicht nicht
Was die Packung verspricht, muss das Produkt auch enthalten. Bilder von Zutaten, die es nicht bietet, haben auf der Verpackung nichts zu suchen. Europäischer Gerichtshof und Bundesgerichtshof haben diese Maxime 2015 im „Teekanne-Urteil“ bestätigt. In dem Rechtsstreit ging es um einen Früchtetee von Teekanne. Auf der Verpackung waren Himbeeren und eine Vanilleblüte abgebildet – im Zutatenverzeichnis fehlten aber sowohl Vanille als auch Himbeeren, ebenso Aromen daraus.
Ausschließlich Vanille, also ohne zugesetzte Aromastoffe, konnten wir in 19 der 39 Produkte nachweisen. Doch nur 8 davon überzeugen: Nur sie schmecken auch eindeutig nach Vanille (siehe Tabelle in Vanille, die man schmeckt). Bei den anderen 11 lässt sie sich nicht herausschmecken (siehe Tabelle in Vanille, die man nicht schmeckt). Die Gründe: Einige Anbieter geizen mit Vanille. In den Jogurts von Landliebe und Weideglück etwa konnten wir nur Minimengen nachweisen. Bei anderen Produkten überdeckt zum Beispiel Mandelgeschmack die Vanille. Was nicht nach Vanille schmeckt, sollte auch nicht vollmundig mit Vanille werben.
Verloren im Aromen-Wirrwarr
Was auf der Verpackung stehen muss und darf, wenn das Produkt Aromen enthält, regelt die EU-Aromenverordnung. Nicht jede Vorschrift entspricht der Verbrauchererwartung. Steht zum Beispiel „natürliches Vanillearoma“ im Zutatenverzeichnis des Produkts, heißt das nicht, dass es ausschließlich Aromastoffe aus der Vanille enthalten muss. Die Verordnung erlaubt bis zu 5 Prozent vanillefremde, natürliche Aromastoffe, Die Aromatypen. Sie dürfen aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen hergestellt sein und den Geschmack abrunden. Verstärken dürfen sie das Aroma der Vanille nicht. Deshalb ist es zum Beispiel nicht erlaubt, zusätzlich Vanillin einzusetzen. Es lässt sich günstig aus anderen Quellen herstellen und gaukelt mehr Vanille im Produkt vor.
Vanille dreimal gestreckt
Die Laboranalyse offenbart: Drei Anbieter haben Vanillin eingesetzt, das nicht aus der Vanille stammt – Ritter Sport in der gefüllten Schokolade Vanille-Mousse, Manner in Vanilla Waffeln und Walkers im Gebäck Pure Butter Vanilla Shortbread. Das täuscht mehr Vanille vor, als tatsächlich drin ist.
Wir haben den Anbietern unsere Funde mitgeteilt. Manner bat darum, die Antwort vertraulich zu behandeln. Ritter Sport und Walkers bestätigten, dass sie zusätzlich Vanillin in ihren Produkten einsetzen. Ritter Sport argumentierte aber, für die Vanille-Mousse ausschließlich natürliches Bourbon-Vanillearoma zu verwenden. Nur in der Schokohülse werde natürliches Aroma eingesetzt, das auch biosynthetisches Vanillin enthalte. Da sich Schokolade und Füllung berühren, „kommt es zu einem diffusionsbedingten Austausch von Inhaltsstoffen“. Das Fremdvanillin, das wir nachgewiesen haben, sei von der Schokohülse in die Mousse übergegangen. Dieser Übergang finde statt, bis sich die Vanillingehalte in Mousse und Schokolade angleichen.
Unsere Analysen und Berechnungen ergeben aber: Die Mousse enthält mehr Fremdvanillin als die Schokohülse. Offenbar wurde also auch bei der Füllung mit Fremdvanillin nachgeholfen. Mittlerweile verzichtet Ritter Sport nach eigenen Angaben in diesem Produkt übrigens auf „natürliches Aroma“. Laut der Internetseite enthält die gefüllte Schokolade nur noch „natürliches Bourbon Vanille Aroma“, „extrahierte Vanilleschote“ und „Bourbon Vanille Extrakt“.
„Künstliche Aromen strikt untersagt“
Im Jogurt von Lidl wiesen unsere Chemiker Ethylvanillin nach. Das ist kein natürlicher Aromastoff. Lidl zeigte sich „nachhaltig erschüttert“. Das Unternehmen teilte mit: „Der Einsatz von künstlichen Aromen ist bei dem betroffenen Produkt strikt untersagt.“ Das Ethylvanillin sei unabsichtlich durch fehlende Reinigungen der Produktionsanlage in den Jogurt gelangt.
In 19 Produkten fanden wir mindestens einen dieser Aromastoffe: Anisaldehyd, Anisylalkohol, Maltol, Piperonal. Wie und woraus sie gewonnen wurden, lässt sich im Labor nicht nachweisen. Da alle Lebensmittel im Test laut ihrer Zutatenliste neben Vanille nur natürliche Aromastoffe enthalten, baten wir die Anbieter um Belege für die „Natürlichkeit“. Die Aromastoffe, so die Antworten, seien natürlich, die Herstellungsverfahren vertraulich. Einen Nachweis blieben sie schuldig. Wir suchten in Patentdatenbanken und in der Fachliteratur nach Belegen. Wir fanden keine Verfahren, mit denen sie sich als natürliche Aromastoffe herstellen lassen.
Nicht von Blüten blenden lassen
Oft blenden die abgebildeten Blüten und Schoten. Mehr als jedes zweite Vanilleprodukt fällt im Test negativ auf, darunter alle, die auch „natürliches Aroma“ aufführen. Verbraucher sollten darauf achten. Auf das Biosiegel auch. Acht der neun Bioprodukte im Test enthalten pure Vanille.
-
- Vanille ist eines der teuersten Gewürze der Welt und für Bauern in Madagaskar Fluch und Segen zugleich. 80 Prozent der weltweiten Vanille-Produktion stammen von der...
-
- „Nur für kurze Zeit“, „Winter-Edition“, „Saison“: Mit solchen Hinweisen und einer Vielzahl an weihnachtlichen Geschmacksrichtungen verführen Joghurt und Quark in...
-
- Lieber teure Vanilleschoten kaufen oder reichen günstige Vanillezucker, Vanillepasten und Extrakte? Unser Test von 42 Vanilleprodukten liefert die Antwort.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.