
Facebook bewirbt in der iOS-Version seiner App unter dem Reiter „Protect“ die VPN-Anwendung Onavo, die zu Facebook gehört. Ein VPN ist eine Art digitaler Tunnel, durch den ein Nutzer zum Beispiel zu Webinhalten gelangen kann und der ihn vor unerwünschten Einblicken von außen schützen soll. Perfide: Die Onovo-App schaut aber selbst sehr genau hin und greift massiv Nutzerdaten ab.
[Update 6. September 2018]: Bei Apple nicht mehr im App-Store
Laut übereinstimmenden Medienberichten hat Facebook die App Onavo inzwischen aus dem Apple-App-Store für iOS-Geräte wie iPhones oder iPads entfernt. Tatsächlich lässt sich die App derzeit nicht im App-Store auffinden. Facebook habe die App auf Druck von Apple entfernt, heißt es weiter. Demnach gelten seit Juli 2018 für Apps in Apples App-Store neue Richtlinien. Diese besagen unter anderem, dass Apps keine Informationen darüber sammeln dürfen, welche anderen Apps auf einem iOS-Gerät installiert sind und wie diese genutzt werden. Im Google Playstore ist die App weiterhin verfügbar.
Ein Tunnel, um sich abzuschotten
Ein VPN, also ein virtuelles privates Netzwerk, ist normalerweise eine gute Sache. Nutzer können damit über eine gesicherte Verbindung – wie durch einen Tunnel abgeschottet – durchs Internet surfen. Besonders Nutzer, die etwa auf private Daten auf ihrem Netzwerkspeicher zu Hause zugreifen wollen oder sich vor Werbetracking schützen wollen, nutzen es. Um eine VPN-Verbindung aufzubauen, können Anwender Programme oder Apps nutzen, die sie dabei unterstützen. Die Krux: Wer die Software eines Fremdanbieters wählt, muss diesem Anbieter vertrauen. Denn er kann den gesamten Verkehr, der über den Tunnel läuft, einsehen. Die bessere Lösung ist daher, sich selbst einen Tunnel aufzubauen. Das geht etwa in den beliebten Fritz!Box-Routern von AVM.
Tipp: Eine Anleitung, wie Sie Ihre Identität verschleiern und einen VPN-Tunnel einrichten, finden Sie in unserem aktuellen Special Privatsphäre im Netz.
Facebook bewirbt VPN-App Onavo
Facebook-Nutzer, die sich über die iOS-Version der Facebook-App einloggen, finden neuerdings unter „Entdecken“ den Begriff „Protect“. Klickt der Nutzer darauf, wird er direkt in den App-Store von Apple auf die Download-Seite von Onavo weitergeleitet. Bei Onavo handelt es sich um eine App, die Sicherheit verspricht: „Onavo Protect verleiht Ihnen Sicherheit, wenn Sie durchs Internet browsen und Informationen über das mobile Netz teilen. Diese leistungsstarke App schützt Sie, Ihre Passwörter und privaten Informationen vor bösartigen Webseiten, Phishing- und unsicheren mobilen Webseiten, die Ihre privaten Informationen einsehen und teilen können.“

Onavo greift viele Daten ab und sendet sie an Facebook


Den Schutz persönlicher Daten verspricht Onavo. Besonders dreist vor diesem Hintergrund: Onavo gehört zu Facebook und sendet dem Mutterkonzern zahlreiche Daten „aus dem Tunnel“. Darunter sind: Informationen zum Gerät, dessen Standort, welche Apps installiert sind, das Nutzungsverhalten dieser Apps und die Menge an Daten, die der Nutzer verbraucht. Datensparsamkeit sieht anders aus. In unseren Tests von Apps etwa würde eine App, die eine eindeutige Gerätekennung an Drittanbieter sendet, mit „kritisch“ bewertet – auch wenn Nutzer vor dem ersten Start der App eine Information über das Abgreifen der Daten bekommen.
Auch Deutsche Nutzer betroffen
Entgegen anders lautender Medienberichte bietet Facebook die „Protect“-Funktion auch für deutsche Nutzer an. Bislang hieß es, nur US-Nutzer seien betroffen. Die Stiftung Warentest bekam jedoch auch in einem deutschen Facebook-Account die „Protect“-Funktion angeboten. Nutzer, die wirklich Wert auf Datenschutz legen, sollten die von Facebook angebotene App keinesfalls nutzen.
Was will Facebook mit den Daten?
Facebook verdient sein Geld mit den Daten seiner Nutzer. Je mehr Facebook über seine Nutzer weiß, desto gezielter kann das Unternehmen sie zum Beispiel mit personalisierter Werbung ansprechen. Für die Werbeindustrie ist es besonders lukrativ, Werbung möglichst zielgenau verbreiten zu können, weshalb sie Facebook entsprechend für Werbeanzeigen bezahlt. In der Datenschutzerklärung von Onavo kann der Nutzer das sogar nachlesen. Hier steht: „We use the information that we receive to operate and improve the Services, develop new products and services, analyze usage of our Apps and other applications on your device, to support advertising and related activities, and for other purposes.“ Frei übersetzt heißt das: Die gesammelten Informationen werden neben anderen Zwecken auch dafür genutzt, Werbemaßnahmen und andere, ähnliche Aktivitäten, zu unterstützen. Wer also wirklich sicher vor Einblicken von außen sein will, wählt nicht Onavo sondern eine andere VPN-Lösung.
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Man kommt auch ohne diese "asozialen" Medien wie facebook, twitter & co aus. Wenn nur genügend Leute diese "Spione", die erst von Gerichten auf rechtsstaatliche Grundsätze hingewiesen werden müssen, meiden würden, dann bestünde die Möglichkeit, dass sich neue, wirklich soziale Medien gründen könnten.
@Ger, GuessWhat, Ursamajor13
Eine Anleitung, wie Sie Ihre Identität verschleiern und einen VPN-Tunnel einrichten, finden Sie in unserem aktuellen Special "Privatsphäre im Netz":
https://www.test.de/Privatsphaere-im-Netz-Wie-Sie-Verfolger-abschuetteln-5286433-0/#id5286440
(aci/cvs)
Warum versenden sie nicht einfach die URL per Email an die gewünschten Addressaten?
Ein guter Artikel, den ich gerne teile.
Leider bietet Test nur Facebook, Twitter und Co. für ein Teilen per Knopfdruck an. Ich verwende keines davon; aus gutem Grund, wie der Artikel ja zeigt.
Klar, ich kann auch in eine PDF-Datei drucken und diese per E-Mail verschicken. Aber nicht jede(r) hat diese Möglichkeit und vielleicht fallen den Test-Machern ja auch noch einfachere Alternativen zum Teilen ein?
Schnell und richtig informiert! Den Hinweis, dass mit Daten das Geschäft gemacht wird, sollte immer bei entsprechenden Anbietern erwähnt werden.