
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Hier verkündeten die Verfassungsrichter: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben.
Das Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ist verfassungswidrig und damit nichtig. Die Richter am Bundesverfassungsgericht urteilten: Paragraf 217 Strafgesetzbuch verstößt gegen das Grundgesetz. Schwerkranke Patienten, Ärzte und Sterbehilfe-Vereine hatten sich gegen die Verbotsnorm gewehrt und Verfassungsbeschwerden eingelegt.
Menschen, die sterben wollen, dürfen nicht allein gelassen werden
Jeder Mensch hat die Freiheit, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen, so das Bundesverfassungsgericht. In seinen Leitsätzen zur Urteilsbegründung stellten die Richter klar, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Ausdruck persönlicher Autonomie das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Diese Freiheit umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen (Az. 2 BvR 2347/15 und andere).
Das umstrittene Gesetz ist ungültig
Das Bundesverfassungsgericht erklärte Paragraf 217 Strafgesetzbuch, der seit Dezember 2015 in Kraft ist, für nichtig. Die Richter argumentierten: Das Verbot einer assistierten Selbsttötung führt dazu, dass der Einzelne faktisch keine Möglichkeit hat, Suizidbeihilfe in Anspruch zu nehmen. Nach dem Gesetz machte sich strafbar, „wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt“. Dabei hat der Begriff „geschäftsmäßig“ eine Sonderbedeutung. Es geht nicht um eine Profit- oder Gewinnabsicht, wie etwa gewerbsmäßiges Handeln, sondern um wiederkehrendes oder regelmäßiges Tun. Das Gesetz traf vor allem Vereine wie „Sterbehilfe Deutschland“ oder „Dignitas“, die Mitgliedern einen selbstbestimmten und schmerzfreien Tod anbieten. Aber auch Ärzte – vor allem Palliativmediziner, die Patienten überwiegend in der letzten Lebensphase begleiten – sahen sich in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt. Gewährten sie Suizidbeihilfe, standen sie mit einem Bein im Gefängnis.
Die alte Rechtslage gilt zunächst weiter
Die Nichtigkeit des Gesetzes führt dazu, dass die Rechtslage von vor Dezember 2015 gilt. Da Suizid nach deutschem Recht kein Straftatbestand ist, ist auch die Hilfe zur Selbsttötung straflos. Doch die Verfassungsrichter sagten auch, dass der Staat Regelungen schaffen sollte, damit Sterbewillige Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidbeihilfe haben. Wie diese Lösung aussehen könnte, wird in den nächsten Wochen und Monaten debattiert.
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