
Schön gefährlich. Die Zahl der Unwetter nimmt in Deutschland zu, die Zahl der Schäden auch.
Ob Hochwasser, Sturm, Hagel oder andere Katastrophen: Schäden zu beseitigen, ist teuer. Das Finanzamt beteiligt sich an den Kosten. Es hilft Steuerzahlern aber nur, wenn sie einen Antrag stellen.
So schnell können 100 Jahre vergehen: 2002 bekam die Elbe-Flut noch den Namen Jahrhunderthochwasser. Elf Jahre später erreichte der Pegelstand neue Rekordmarken. Betrugen die Schäden beim Hochwasser 2002 rund 1,8 Milliarden Euro, so geht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für die jüngste Flut von fast 2 Milliarden Euro aus.
Wetterextreme und daraus folgende Schäden nehmen zu – nicht nur in Hochwassergebieten, sondern deutschlandweit. Bei großen Winterstürmen ist in manchen Kreisen jedes dritte Gebäude betroffen, bei Hagel sogar jedes zweite. Treffen kann es jeden. Finanzielle Hilfe bietet das Finanzamt. Es beteiligt sich an den Kosten, wenn der Betroffene in der Steuererklärung „außergewöhnliche Belastungen“ geltend macht.
Wenn Außergewöhnliches passiert
Was das Finanzamt anerkennt, steht im Einkommensteuergesetz. Es sind „zwangsläufig größere Aufwendungen, als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands“ entstanden sind.
Der kurze Text umfasst ein halbes Dutzend weit auslegbarer Begriffe. Rechtsexperten zerbrechen sich darüber seit Jahrzehnten die Köpfe. Was ist zwangsläufig, was sind größere Aufwendungen, wie vergleichbar sind Verhältnisse? Fest steht: Finanzielle Folgen von Naturkatastrophen und anderen unabwendbaren Ereignissen können steuerlich absetzbare außergewöhnliche Belastungen sein. Neben Überschwemmung gilt das zum Beispiel für Blitzschlag, Hagel, Erdbeben, Krieg, Sturm. Auch Ausschreitungen, Brand oder Diebstahl gehören dazu, ebenso Gesundheitsgefährdungen, etwa die Belastung der Wohnung mit Asbest, giftigen Holzschutzmitteln oder Schimmel.
Wenn der Blitz einschlägt
Das Finanzamt beteiligt sich nicht an allen Kosten, sondern nur an „existenziell notwendigen“ Ausgaben – etwa um Hausrat und Kleidung wiederzubeschaffen oder Schäden an einer selbstgenutzten Wohnung zu beseitigen. Es hilft aber nur, wenn der Betroffene nicht ursächlich schuld ist am Schaden. Schlägt der Blitz ein, kann niemand etwas dafür. Beschädigt er aber ein Haus, das gemäß der behördlichen Vorgaben nicht ausreichend gegen Blitzschlag geschützt ist, trifft den Hauseigentümer eine Mitschuld. Erforderlichenfalls entscheidet das Amt nach einer Stellungnahme von Gutachtern oder Versicherung.
Wird ein Haus von Schimmel befallen, weil die Bewohner es nicht richtig gelüftet haben, beteiligt sich der Fiskus nicht an der Beseitigung. Auch Baumängel gehen in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastung durch.
Die Ausgaben müssen „notwendig und angemessen“ sein. Eine Luxussanierung der gefluteten Wohnung und eine Designer-Kollektion als Kleidungsersatz erkennt das Finanzamt nicht an. Die Ausgaben müssen nachweislich angefallen sein. Wer einen Schaden nicht beseitigt, bekommt auch nichts zurück. Das Finanzamt trägt außerdem nur Kosten, die nicht von anderen beglichen wurden, etwa durch staatliche Beihilfen oder eine Versicherung.
Meist muss auch ein „üblicher Versicherungsschutz“ vorliegen, damit sich der Fiskus an der Schadensbeseitigung beteiligt. Das kann eine Hausratversicherung sein. Steht zum Beispiel eine Wohnung unter Wasser, weil die Waschmaschine des Obermieters übergelaufen ist, fragt das Finanzamt Betroffene nach ihrer Hausratversicherung. Haben sie keine, erkennt der Beamte die Kosten nicht an.
Bei der Flutkatastrophe im Sommer hat die Finanzverwaltung auf diese Voraussetzung verzichtet (Schreiben des Bundesfinanzministeriums, 21. Juni 2013, GZ IV C 4 – S 2223/07/0015:008). Betroffene können darauf verweisen, falls ihr Finanzamt von der Großzügigkeit noch nichts gehört hat.
Eigenanteil berechnen
Einen Teil der Kosten müssen Steuerzahler selbst tragen. Finanzbeamte nennen ihn „zumutbare Belastung“. Sie beläuft sich je nach Einkommenshöhe und familiärer Situation auf 1 bis 7 Prozent der Einkünfte (siehe Tabelle). Die Beamten akzeptieren nur darüber hinausgehende Ausgaben.
Beispiel: Ein Ehepaar mit zwei Kindern hat Einkünfte von 50 000 Euro. Ihre zumutbare Belastung liegt bei 3 Prozent oder 1 500 Euro. Beträgt der Schaden 20 000 Euro, kann das Ehepaar 18 500 Euro als außergewöhnliche Belastung absetzen (20 000 minus 1500). Seine Einkünfte verringern sich von 50 000 auf 31 500 Euro (50 000 minus 18 500). Unterm Strich zahlt es so statt 8 400 Euro Einkommensteuer plus Solidaritätszuschlag nur 3 317 Euro.
Unter Einkünften versteht das Finanzamt den Gesamtbetrag aller Einkünfte. Bei Arbeitnehmern ohne Zusatzeinnahmen ist es der Bruttolohn minus Werbungskosten. Pauschal zieht das Amt 1 000 Euro Werbungskosten ab. Wer mehr geltend machen kann, verringert seine Einkünfte entsprechend. Selbstständige rechnen über den Daumen Umsatz minus Betriebsausgaben.
Tipp: Kosten für die Schadensbeseitigung an Ihrer Wohnung, fürs Wiederbeschaffen von Hausrat und Kleidung können Sie beim Finanzamt auch als Freibetrag eintragen lassen. Dann haben Sie jeden Monat mehr Netto vom Brutto.