Unterhalt Mütter müssen früher arbeiten

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Nach dem neuen Unterhaltsrecht müssen geschiedene Mütter viel früher arbeiten gehen als bisher. Der Vater muss der Ex-Ehefrau nur noch Betreuungsunterhalt zahlen, solange das Kind noch keine drei Jahre alt ist.

Unterhalt nur bis zum 3. Geburtstag

Drei Jahre gibts Geld vom Expartner, danach müssen geschiedene Mütter selbst für sich sorgen. Diesen Grundsatz legt das neue Unterhaltsrecht seit 2008 fest: Wer ein gemeinsames Kind versorgt, hat in dessen ersten drei Lebensjahren Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Der Vater muss dann nicht nur für das Kind zahlen, sondern auch für die Ex-Ehefrau. Sie kann frei entscheiden, ob sie zuhause beim Kind bleibt oder arbeiten geht. Entscheidet sie sich für den Job, kann ihr Gehalt den Unterhaltsanspruch nur teilweise mindern. Außerdem darf sie es sich auch anders überlegen und den Beruf wieder aufgeben (BGH, Az. XII ZR 102/08).

Jeder muss für sich selbst sorgen

Anders ist das aber, sobald das Kind drei Jahre alt wird. Dann muss der Elternteil, der das gemeinsame Kind versorgt, meist die Mutter, zurück in den Beruf. Denn das seit 2008 geltende Unterhaltsrecht verfolgt den Grundsatz, dass nach der Scheidung jeder für sich selbst sorgen muss.

Zwar gibt es die Möglichkeit, Aufstockungsunterhalt zu bekommen, wenn das Gehalt so niedrig liegt, dass der Lebensstandard spürbar sinkt. Doch das wird in den meisten Fällen befristet, die Eigenverantwortung betont.

So bekam ein Vater vom Bundesgerichtshof recht, der seit seiner Scheidung monatlich 837 Euro an seine Exfrau zahlte. Die war als Studienrätin mit 18 Wochenstunden auf einer 70-Prozent-Stelle beschäftigt, um Zeit für den Sohn zu haben. Doch der Junge konnte nach der Grundschule bis 16 Uhr in einen Hort gehen. Damit blieb der Lehrerin Zeit genug, wieder voll zu arbeiten, so die Richter (Az. XII ZR 74/08).

Darauf, dass eine Mutter ihr Kind eventuell lieber selbst betreuen möchte, wird keine Rücksicht mehr genommen. Sobald es drei Jahre alt ist, muss sie Betreuungsmöglichkeiten nutzen. Schon im Vorschulalter ist es zumutbar, das Kind in einen Kindergarten zu geben. Erst wenn die Berufstätigkeit nicht mit dem Kindeswohl zu vereinbaren wäre, entfällt die Pflicht zur Erwerbstätigkeit. Aber das ist bei Unterbringung in Kindergärten oder Kinderhorten nicht der Fall (BGH, Az. XII ZR 114/08).

Es kommt auf die Betreuung an

Allerdings kommt es in der Praxis darauf an, ob überhaupt Betreuungsmöglichkeiten da sind. So muss eine Mutter, deren Kind nur bis 14 Uhr in den Hort kann und danach keine weitere Betreuungsmöglichkeit hat, auch nur bis zu dieser Uhrzeit berufstätig sein. Denn obwohl eine Siebenjährige nicht mehr ständig beaufsichtigt werden muss, muss doch regelmäßig nach ihr gesehen werden, was mit einer Vollzeittätigkeit nicht in Einklang zu bringen ist (BGH, Az. XII ZR 102/08). Umgekehrt gilt: Wenn die Betreuung im Hort auch die Hausaufgaben umfasst, muss die Mutter länger arbeiten.

Es muss aber nicht unbedingt eine Betreuungseinrichtung sein: Wenn der Vater verlässlich anbietet, das Kind zu festen Zeiten regelmäßig zu betreuen, kommt auch das in Betracht (BGH, Az. XII ZR 20/09).

Halbtagsjob reicht auch

Aber selbst wenn Kinder ganztags im Hort sind und ein Vollzeitjob möglich wäre, kann ein Teilzeitjob reichen, je nach Zahl der Kinder, nach ihrem Entwicklungs- und Gesundheitszustand. Schließlich müssen Kinder auch zuhause betreut werden, zum Beispiel bei den Hausaufgaben. Außerdem müssen die Hortzeiten mit den Arbeitszeiten in Einklang zu bringen sein. Einer Mutter, die von 7.30 bis 16 Uhr arbeitet, bleibt keine Zeit für den Weg zwischen Arbeitsplatz und Kindergarten und die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitspausen (OLG Frankfurt, Az. 3 UF 124/08). Dass sie auch noch Zeit braucht für den Haushalt, bleibt außer Betracht. Der ist Teil des von der Mutter zu leistenden Naturalunterhalts, dem Gegenstück zum Barunterhalt des Vaters (OLG Saarbrücken, Az. 6 UF 132/09).

Hohes Prozessrisiko

Problematisch ist, dass jeder Einzelfall für sich geprüft werden muss. So will es das Unterhaltsrecht, und diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen bestätigt. Während die Gerichte sich früher einfach am Alter des Kindes orientieren konnten, kommt es nun auf die individuellen Umstände an.

Das heißt: Den Richtern bleibt weiter Ermessensspielraum – und den Betroffenen entsprechende Rechtsunsicherheit. „Wir Anwälte können nur noch schwer einschätzen, welche Erfolgsaussichten zum Beispiel eine Klage auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt hat“, berichtet Katherina Türck-­Brocker, Fachanwältin für Familienrecht aus der Berliner Kanzlei Betz-­Dombek-­Rakete: „Das Prozessrisiko ist gestiegen.“

Tendenz zugunsten der Betreuenden

„In Großstädten mit umfassenden Betreuungseinrichtungen sind die Gerichte strenger als auf dem Land, wo nicht überall Ganztagskindergärten angeboten werden“, hat Türck-­Brocker beobachtet. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Beispiele:

  • Von einer Mutter, die ein Kind betreut, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besucht, kann in der Regel nur ein Teilzeitjob verlangt werden. Vor dem Alter von zehn Jahren ist keine Ausweitung auf Vollzeit zumutbar (Thüringer Oberlandesgericht, Az. 1 UF 167/08).
  • In der Grundschulzeit kann in der Regel keine Vollzeiterwerbstätigkeit erwartet werden (OLG Frankfurt, Az. 3 UF 124/08).
  • Geht eine Fünfjährige in einen Ganztagshort im Nachbardorf, reicht ein 30-Stunden-Job (OLG Zweibrücken, Az. 2 UF 32/10).
  • Einer Redakteurin mit einem dreijährigen Sohn sind fünf Stunden Arbeit täglich zumutbar (OLG Frankfurt, Az. 3 UF 124/08).
  • Eine Mutter von zwei sieben und fünf Jahre alten Kindern muss deutlich mehr als halbtags arbeiten (BGH, Az. XII ZR 123/08).
  • Betreut die Mutter ein 13- bis 15-jähriges Kind, das an ADS leidet, reicht ein Halbtagsjob (OLG Braunschweig, Az. 2 UF 29/08).

Welche Erwerbstätigkeit zumutbar ist, orientiert sich an einer Vielzahl von Kriterien, vor allem der Ausbildung der Mutter, ihren früheren Beruf, ihrem Alter, ihrem Gesundheitszustand. Außerdem muss die Tätigkeit angesichts der bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse zumutbar sein. „Auch da muss jeder Einzelfall geprüft werden“, erklärt Rechtsanwältin Türck-Brocker.

Rollenverteilung in der Ehe zählt auch

Ob es Betreuungsunterhalt gibt, hat aber nicht nur mit den Kindern zu tun. Es entscheiden auch „elternbezogene“ Gründe, zum Beispiel wenn während der Ehe die „klassische“ Rollenverteilung galt: Er ging arbeiten, sie kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Je länger die Ehe dauerte, desto eher darf die Frau darauf vertrauen, dass es dauerhaft bei dieser Verteilung bleibt.

Deshalb bekam eine Industriekauffrau Betreuungsunterhalt, die den neunjährigen Sohn versorgte. Sie brauche Zeit, sich auch finanziell vom Exmann zu lösen, meinte das OLG Düsseldorf. Weil das nur langsam gehe, sei allenfalls ein 20-Stunden-Job zumutbar. Dies müsse der Mann im Rahmen der nachehelichen Solidarität akzeptieren (Az. II-7 UF 88/09).

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Kommentarliste

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  • LetsLoveLife am 05.03.2011 um 16:36 Uhr
    Strafanzeige

    Zum Schutz der Kinder und zum Schutz der Männer ergeht Strafanzeige beim Amtsgericht Bonn.

  • LetsLoveLife am 05.03.2011 um 16:35 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • npatzschke am 02.03.2011 um 21:42 Uhr
    Einseitiger Bericht

    Ihr Bericht erweckt, wie im vorigen Kommentar angemerkt, den Eindruck, das Unterhaltsgesetz würde nur dann gelten, wenn nach einer Scheidung die Mutter die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernimmt. Das ist so nicht richtig. Alles, was Sie in Ihrem Bericht schreiben, gilt analog auch für einen Vater, der nach der Scheidung die Betreuung des Kindes übernimmt. Er hat dieselben Rechte und Pflichten wie eine Mutter.Im Gesetz wird nicht zwischen Mutter und Vater unterschieden. Ich finde es befremdlich, wenn Sie einen solchen Bericht derartig einseitig formulieren. Nur an einer Stelle benutzen Sie die Formulierung „der Elternteil, der das gemeinsame Kind versorgt“. An allen anderen Stellen reden Sie nur noch von der Mutter. Dies widerspricht dem in ihrer Satzung verankerten Grundsatz der Neutralität.

  • LetsLoveLife am 01.03.2011 um 08:09 Uhr
    Volksverhetzung

    Dieser Artikel ist Volksverhetzung.
    Gerade der Stiftung Warentest sollte klar sein, dass jeder zweite Elter ein Mann ist.
    Der Stiftung Warentest sollte klar sein, dass vielen Kindern der Vater genommen wird.
    Der Artikel reduziert den männlichen Elter des/der Kinder als Geldobjekt.
    Dessen sich eine Frau nur zu bedienen hat.
    Dargestellt werden im Ziel Möglichkeiten, allen den leiblichen Vater so lange wie möglich als Zahlobjekt zu nutzen.
    Das Wohl des Kindes - beide Elter als Eltern zu erfahren -, die optimalste Förderung zu erfahren, unabhängig vom Geschlecht des Elters,
    das Wohl z.B. des Mannes - oder der Frau, zum Beispiel im Schutz vor unrechtmässiger, finanzieller Ausbeutung wird sprachlich wie eindrucksgemäss verweigert.
    Dieses wird durch die Bilder (in der Papierausgabe) gestützt. Ein Kind schaut sorgenvoll nicht zum Vater, sondern zum weiblichen Elter.
    Ein Bild einer Familie wird zerrissen: Dem Kind der Vater -entrissen-, der männliche Elter entsorgt.