Der Versicherer darf eine bei Unfalltod oder -verletzung fällige Zahlung nur kürzen, wenn er nachweisen kann, dass eine Krankheit die Folgen zu mindestens 25 Prozent mit verursacht hat. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Zweifel an Todesursache
Geklagt hatte eine Witwe. Ihr Ehemann hatte zu ihren Gunsten außer einer Risikolebensversicherung eine Unfallzusatzversicherung abgeschlossen. Gut 230 000 Euro sollte seine Frau zusätzlich erhalten, wenn er bei einem Unfall stirbt. Er erlitt bei Elektroarbeiten einen schweren Stromschlag. Er starb zehn Tage später im Krankenhaus. Die Obduktion ergab: Der Mann war schwer krank. Er hatte bereits mehrere Herzinfarkte erlitten. Die Versicherung verweigerte die bei Unfalltod fällige zusätzliche Zahlung. Ohne die Krankheit hätte der Mann den Stromschlag überlebt, behaupteten die Versicherungsjuristen. Gutachter schränkten allerdings ein: Das sei zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher.
Strengbeweis...
Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden: Die Versicherung muss die volle Todesfallentschädigung an die Witwe zahlen. Kürzen darf das Unternehmen seine Zahlung nach den von den meisten Unfallversicherern verwendeten Klauseln nur, wenn ihm der Beweis gelingt, dass der Tod zu mindestens 25 Prozent von einer Vorerkrankung oder einem Gebrechen mit verursacht wurde. Nicht ausreichend ist, wenn die Sachverständigen das bloß für wahrscheinlich halten.
... statt Schätzung
Die Bundesrichter korrigieren damit ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken. Die Richter dort hatten eine Regel aus der Zivilprozessordnung herangezogen, nach der das Gericht über den Eintritt und die Höhe von Schäden nach freier Überzeugung entscheiden und auch schätzen darf.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.11.2011
Aktenzeichen: IV ZR 70/11