
Rumms! Der Hintermann hat nicht aufgepasst, der Kotflügel ist zerbeult. Was nun? Das Portal Unfallhelden.de vermittelt Autofahrern, die Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sind, Anwalt, Gutachter, Werkstatt und gegebenenfalls einen Mietwagen. Für Geschädigte ist die Hilfe kostenfrei. test.de hat sich angeschaut, was Kunden von den Unfallhelden erwarten können – und erklärt das Geschäftsmodell des Portalbetreibers.
Unfallhelden helfen bei der Abwicklung des Schadenfalls
Wer mit seinem Auto in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, braucht nicht nur eine Werkstatt für die Reparatur, sondern meist auch einen Anwalt – und gegebenenfalls einen Gutachter zur Ermittlung der Schadenhöhe. So mancher hat darauf keine Lust und ruft aus Bequemlichkeit nur die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers an. Das ist aber nicht ratsam, weil die oft versucht, die Ansprüche des Geschädigten zu kürzen. Wer seine Rechte mit Anwalt durchsetzen will, ohne sich um einen solchen kümmern zu müssen, kann sich an das Münchner Portal Unfallhelden.de wenden – und bekommt per Telefon oder über die Website Werkstatt, Anwalt und Gutachter vermittelt. Betreiber von Unfallhelden.de ist die Parqon Claims Services GmbH. Das Münchener Unternehmen verspricht, dass die Einschaltung der Unfallhelden für Kunden grundsätzlich kostenlos ist.
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Der Service richtet sich vor allem an Unfallgeschädigte
Um kostenfrei von dem Angebot zu profitieren, sollte der Nutzer höchstens eine Teilschuld am Unfall haben. Alleinschuldigen Autofahrern nennt das Portal zwar günstige Werkstätten, die Reparatur muss der Fahrer dann aber selbst bezahlen oder über die eigene Vollkaskoversicherung abwickeln. Ergibt die erste Anscheinsprüfung, dass der Fahrer den größten Teil der Schuld trägt, gibt es auch nicht den vollen Service: „Dann empfehlen wir, unmittelbar Kontakt mit der eigenen Versicherung aufzunehmen“, sagt Marc-Oliver Eckart, Geschäftsführer von Parqon Claims Services. „Stellt sich trotz wahrheitsgemäßer Angaben des Kunden ein Mitverschulden erst nach Einschalten von Anwalt, Gutachter und Werkstatt heraus, hat der Kunde keine Kosten“, so Eckart. Die Unfallhelden übernehmen seinen Kostenanteil.
Rechtsanwalt frei wählbar
Mit dem Vermittlungsangebot sei keine Pflicht verbunden, die vom Portal empfohlenen Anwälte oder Werkstätten zu beauftragen, versichert Eckart. Wer etwa schon einen Anwalt kenne oder eine Werkstatt habe, der er seit Jahren vertraue, könne auch diese beauftragen. Auch wer sein Auto gar nicht mehr reparieren lassen und nur Bargeld für den entstandenen Schaden haben möchte, kann den Anwalt entsprechend beauftragen.
Wie gut funktioniert der Dienst in der Praxis? Ein Fallbeispiel

Karolina Sitarek hat die Dienste der „Unfallhelden“ genutzt. © Rois & Stubenrauch
Mai 2017. Karolina Sitarek aus Wien ist mit ihrem Auto in München unterwegs. An einer roten Ampel in München rammt sie ein Auto von hinten. Ein klassischer Auffahrunfall, die Schuldfrage ist schnell geklärt. Nach dem Unfall nimmt Sitarek Kontakt mit den Unfallhelden auf. Wenige Stunden danach meldet sich ein Anwalt und befragt sie zu dem Vorgang. Die Unfallhelden schicken außerdem einen Gutachter vorbei, der den Schaden am Wagen beziffert. Sitarek möchte von der Versicherung des Unfallverursachers, der Barmenia, Schadenersatz in bar. Um die Reparatur des Autos will sie sich selbst kümmern, an ihrem Heimatort Wien.
Erst als der Anwalt nachhakt, zahlt die Barmenia
Der von den Unfallhelden vermittelte Rechtsanwalt macht Sitareks Ansprüche bei der Barmenia geltend. Die will den vom Gutachter ermittelten Schaden zunächst nicht in voller Höhe übernehmen. Aber als der Anwalt nachhakt, kommt die volle Summe doch noch. Sogar ein kleines Schmerzensgeld holt er für Sitarek heraus. Insgesamt dauert es rund sieben Monate, bis sie ihr Geld hat.
Auch bei unverschuldetem Unfall lieber zum Anwalt
Der Fall Sitarek zeigt, dass auch dann der Gang zum Anwalt ratsam ist, wenn die Schuldfrage eindeutig ist. Nicht selten versuchen die Autoversicherungen des Unfallverursachers selbst bei einfach gelagerten Fällen die Ansprüche der Opfer zu kürzen. „Mit einem Anwalt an der Seite kann das Unfallopfer oft deutlich mehr Schadenersatz erzielen“, berichtet Gregor Samimi, Gregor Samimi, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Berlin. Hätte Karolina Sitarek ohne Anwalt bei der gegnerischen Versicherung angerufen und um Schadenregulierung gebeten, hätte sie sehr wahrscheinlich weniger Schadenersatz und eventuell auch kein Schmerzensgeld erhalten.
Unfallhelden nur als Vermittler tätig
Die Plattform Unfallhelden arbeitet als reiner Vermittler. Ihr Betreiber, die Parqon Claims Services, beschäftigt selbst keine Anwälte oder Gutachter, sondern hat ein Netzwerk aus unabhängigen Dienstleistern aufgebaut. Meldet sich ein Unfallopfer bei den Unfallhelden, wird ein Dienstleister aus diesem Netzwerk beauftragt. Zum Anwaltsnetzwerk der Unfallhelden, das laut Betreiber 50 bis 100 Anwälte umfasst, gehört auch die Münchner Kanzlei Rechtsanwälte Eckart, Köster & Kollegen. Die Kanzlei, in der auch Unfallhelden-Geschäftsführer Marc-Oliver Eckart arbeitet, hat auch den Fall Sitarek bearbeitet.
Das Geschäftsmodell der Unfallhelden
Die Hilfe bei der Vermittlung von Gutachtern, Anwälten und Werkstätten ist für die Kunden kostenfrei, sagen die Unfallhelden. Aber womit verdient das Portal dann Geld? Nach eigenen Angaben leben die Unfallhelden von den Provisionen der eingeschalteten Dienstleister und außerdem von Lizenzgebühren, die etwa Gutachter und Anwälte für die Benutzung der Unfallhelden-Software bezahlen müssen. Die von den Unfallhelden eingeschalteten Gutachter, Anwälte und Werkstätten werden in der Regel von der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers bezahlt, wenn das Unfallopfer keine Teilschuld trifft. Einen notwendigen Prozess gegen die Autoversicherung des Unfallgegners finanzieren die Unfallhelden nicht. Will der geschädigte Autofahrer die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung verklagen, weil diese auf einer Kürzung der geltend gemachten Ansprüche beharrt, muss er das auf eigenes Risiko tun oder, sofern vorhanden, seine Rechtsschutzversicherung einschalten.
Wie sicher ist die Zahlungsabwicklung?
Wenn der von den Unfallhelden empfohlene Anwalt für seinen Mandanten den Schadenersatz erstritten hat, wird die vollständige Summe zunächst auf ein Konto des Anwalts überwiesen. Der leitet es nach Abzug sämtlicher Kosten (Anwalt, Werkstatt, Gutachter) an den Kunden weiter. Dieses Verfahren birgt ein kleines Insolvenzrisiko: Verbucht der Rechtsanwalt das Geld der Versicherung pflichtwidrig auf seinem privaten Konto, könnten Gläubiger im Insolvenzfall darauf zugreifen. Unfallhelden-Geschäftsführer Marc-Oliver Eckart erklärt, dass es einen solche Fall noch nie gegeben habe. Sollte ein Kunde doch einmal Ausfälle haben, würden die Unfallhelden im Zweifel dafür aufkommen.
Holen die Unfallhelden-Anwälte das Maximum raus?
Aber: Läuft der Kunde bei diesem Geschäftsmodell nicht Gefahr, dass die beauftragen Partneranwälte im Zweifel nur sehr vorsichtig Schadenersatz fordern – damit das Risiko für die Unfallhelden, am Ende auf Kosten sitzen zu bleiben, möglichst klein ist? Marc-Oliver Eckart sieht diese Gefahr nicht. „Die Anwälte bekommen keinerlei Vorgaben bezüglich der Bearbeitung“, sagt er. Ein Anwalt, der für seinen Kunden nicht das Beste heraushole, mache sich schadenersatzpflichtig. Sollte es dennoch zu einem solchen Fall kommen, würden die Unfallhelden dem Kunden beistehen.
Wann der Kunde doch Kosten trägt
Allerdings können auf Unfallhelden-Kunden ausnahmsweise doch Kosten zukommen, wenn sie zum Beispiel bei der Unfallmeldung gelogen haben. Behauptet der Kunde zum Beispiel, dass ein Lackschaden durch einen Unfall entstanden ist und stellt der daraufhin eingeschaltete Gutachter anschließend fest, dass dieser Lackschaden nicht von dem Unfall kommen kann, wären die Gutachterkosten unter Umständen vom Kunden zu tragen. So sehen es die aktuellen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Unfallhelden (Punkt 6) vor. Außerdem muss der Kunde zahlen, wenn er entgegen der Empfehlung der Unfallhelden etwa bei einem sehr alten Auto auf die Reparatur in einer teuren Markenwerkstatt besteht, die gegnerische Versicherung nach der Rechtsprechung in einem solchen Fall aber nur die Reparaturkosten einer günstigen, freien Werkstatt übernehmen muss.
Fazit: Unfallhelden nützlich und bequem
Die Unfallhelden bieten nichts, was man als Unfallopfer in Zusammenarbeit mit einem selbst ausgewählten Verkehrsrechtsanwalt nicht auch erreichen könnte. Für Autofahrer, die unverschuldet Opfer eines Autounfalls wurden, keinen Anwalt kennen und es bequem haben wollen, ist der Dienst freilich eine Hilfe. Wer nach einem erfahrenen Verkehrsanwalt sucht, kann seinen Unfall zum Beispiel aber auch über das Portal Schadenfix (Telefon 0800 196 0 196) melden. Dabei handelt es sich um einen Service der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltsvereins. Nach der Unfallmeldung setzt sich ein Anwalt mit dem Betroffenen in Verbindung, um die weitere Vorgehensweise abzuklären. So oder so ist es in jeden Fall ratsam, nach einem unverschuldeten Unfall einen Anwalt mit der Unfallabwicklung zu beauftragen. So gehen keine berechtigten Ansprüche verloren.
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Den Artikel über Unfallhelden fand ich interessant. Darum habe ich mich direkt mal auf deren Website umgesehen und bin … leider nicht übermäßig begeistert.
1. Fauxpas: Die auf der Website verlinkte Unfallhelden-App ist im AppStore nicht verfügbar.
2. Fauxpas: Die Hotline ist nicht erreichbar. Gut, es ist Ostersamstag, aber heutzutage würde ich eine 24h-Stunden-Hotline eigentlich schon erwarten.
3. Fauxpas: Die Ansage des Anrufbeantworter lautet einfach: „Der Teilnehmer hat die Mailbox aktiviert.“ (Kein Witz!)
Später erreichte ich die Hotline doch noch und hatte nur eine einfache Frage. Nämlich, ob ich im Falle eine (Un)Falles als Geschädigter neben den Unfallhelden zusätzlich auch meine KFZ-Versicherung informieren müsse. Diese Frage war dann doch zu speziell. Die konnte der gute Mann mir leider nicht beantworten. Die dafür zuständigen Kollegen waren nicht erreichbar. Kein Ding, vielleicht war er neu. Für mich jedenfalls war das der 4. Fauxpas. Und damit ein paar zu viele 😬
10.März 2020 fuhr ein PKW der am Straßenrand parkte mir volles Programm in die Seite, diese EUOPA Versicherung (Versicherung der Verursachers) findet immer neue Gründe um nicht zahlen zu müssen, einmal Karona, dann fehlt das Protokoll der Polizei und wieder einige Tage später Stellungnahme ihres Versicherungsnehmers, werde nun den zuständigen Ombudsmann und meiner Rechtschutzversicherung bemühen müssen.
Es geht um einen Auffahrunfall auf einem Supermarktparkplatz in Österreich. Der (bekannte) unabhängige Gutachter bestätigt gleich nach Sichtung der Fotos, dass der Unfallgegner Schuld ist - erkennbar am Auffahrwinkel.
Er empfiehlt mir einen befreundeten Anwalt 100 km entfernt, der online arbeitet. Sein Kommentar: Parkplatzschaden, Schadenteilung fifty-fifty üblich, er kontaktiert die österreichische Versicherung. Ich bestehe wg. Gutachterkommentar auf "unschuldig". Der Anwalt will sich nicht darauf einlassen. ADAC informiert, dass bei Auslandsunfällen die Regulierung auch in D möglich ist - wusste der Anwalt nicht. Anwalt bleibt tatenlos, legt Mandat genervt nieder. Ich kontaktiere die österreichische Versicherung und erreiche schnell die volle Kosten-Deckungszusage. Als die Werkstatt statt der geschätzten Kosten von 2.500 € dann 4.000 € abrechnet, kläre ich auch das mit der österr. Versicherung, sie zahlt 100%. -> ohne Anwalt 100%, mit Anwalt nur 50% und Rabattverlust!!!
@Dee: Danke für die geschilderten Erfahrungen zu den Partneranwälten von Schadenfix. Mit solchen unschönen Verhaltensweisen treiben die Rechtsanwälte Kunden zu Portalen wie Unfallhelden.de, die Kunden versprechen kostenfrei zu arbeiten (sofern sie den Fall annehmen). (maa)
Ich hatte mich an Schadenfix gewandt, wo man mir telefonisch sagte, dass man nichts für mich tun könne. Man liefere nur die technische Plattform.
Zerknirscht erzählte man mir allerdings von ähnlichen persönlichen Erfahrungen, bei denen man von Anwälten ähnlich abgezockt wurde.