
Rat in Sachen Gesundheit gibt die Unabhängige Patientenberatung. Doch die Qualität der Auskunft hing im Test vom jeweiligen Mitarbeiter ab.
Unabhängige was? Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, kurz: UPD, ist vielen unbekannt. Dabei kann sich jeder an sie wenden, der ein Anliegen zum Thema Gesundheit hat. Egal, ob medizinische oder sozialrechtliche Fragen: Die Mitarbeiter beraten von Arzneimitteln bis zur Zusatzversicherung – auch auf Türkisch, Arabisch und Russisch.
Die UPD möchte die Gesundheitskompetenz der Patienten stärken und ihnen Verunsicherungen nehmen: damit sie ihre Rechte gegenüber Krankenkassen kennen, Entscheidungen verstehen und mit Ärzten auf Augenhöhe sprechen. Die UPD möchte vieles. Vor allem nicht mehr die große Unbekannte sein. Und doch: Nur 128 600 Anfragen wurden 2018 an sie gerichtet. 222 500 Beratungen sollten es sein. Das ist nicht die einzige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Unser Rat
Die UPD scheint unabhängig und neutral zu beraten – ihre Arbeit ist aber nach wie vor verbesserungswürdig. Neben guten Empfehlungen gab sie im Test auch lückenhafte Infos.
- Wie Ratsuchende vorgehen sollten.
- Darf ich meine Krankenakte sehen? Welcher Arzt prüft auf Sporttauglichkeit? Bei einfachen Fragen kann die Telefonberatung genügen, gebührenfrei unter 0800/011 77 22. Bei komplexen Themen empfiehlt sich der schriftliche Weg: Per App, per Brief oder mittels Onlineplattform der UPD auf patientenberatung.de können auch Dokumente mitgesendet werden. Bleiben nach der schriftlichen Antwort noch Fragen offen, können Sie telefonisch nachhaken.
- Wer auch informiert,
- aber nicht persönlich berät: die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (bzga.de), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (iqwig.de), das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (patienten-information.de), die Ärzte- und Zahnärztekammern sowie Verbraucherzentralen der Länder (teils kostenpflichtig).
Die große Unbekannte
In unserem Check im Jahr 2016 war die UPD gerade an einen neuen Träger übergegangen und überzeugte kaum mit ihren Beratungen. Seitdem baute sie ihren Service aus: Sie berät heute in 30 Städten vor Ort, ist in 100 Städten und Gemeinden mobil unterwegs, bietet eine App für Android an und präsentiert umfangreiche Gesundheitsinformationen auf ihrer Website. Anfang 2020 haben wir die Unabhängige Patientenberatung erneut gecheckt. Ergebnis: Unabhängig? Ja. Beratung? Nicht immer.
Fünf Testfälle
Mit fünf Anliegen wandten wir uns an die UPD: per Online-Formular, über die Beratungsplattform, per Telefon oder vor Ort. Positiv war die Erreichbarkeit. Allerdings erforderte es bei unseren beiden Testanrufen zwei bis drei Anläufe der UPD, bis tatsächlich fachlich zuständige Mitarbeiter zurückriefen. Und dann waren diese nur wenig vorbereitet. Immerhin: Sie nahmen sich bis zu 19 Minuten Zeit für das Anliegen unserer Tester und waren meist freundlich. Für Online-Anfragen setzt sich die UPD das Ziel, binnen 24 Stunden zu antworten, in unseren Fällen dauerte es drei bis vier Tage. Zwar war das Datensendeverhalten der App unkritisch und die persönlichen Daten der Ratsuchenden blieben geschützt – jedoch hing der Erkenntnisgewinn vom jeweiligen Berater ab, bei dem wir landeten.
Eine Flachberatung
So war die Beratung zum Krankengeld hilfreich (Testfall 2). In drei weiteren Fällen berieten sie entweder nicht vollständig (Testfall 1), fehlerhaft (Testfall 4) oder unverständlich (Testfall 5). Zum Zahnersatz erhielt unser Tester statt einer Fachberatung eine Flachberatung: Auch im zweiten Anlauf wurde ihm der Heil- und Kostenplan nicht annähernd erläutert (Testfall 3). Wie weit Anspruch und Wirklichkeit der UPD auseinanderliegen, veranschaulichen die Testfälle.
Wo sind die Grenzen?
Auffällig: Für unsere Ratsuchenden wurde nicht klar, was sie erwarten dürfen. Wo hört die allgemeine Beratung, die die UPD zusagt, auf? Wo fängt die individuelle Hilfe an, die die Berater teils ablehnten? Was bedeutet etwa der Anspruch, Heil- und Kostenpläne zu erläutern, für den Einzelnen? Zudem war ein systematisch strukturiertes Vorgehen kaum erkennbar. Möglich, dass es keine bewährten Beratungsleitfäden gibt.
Ist es da nicht paradox, dass laut Bundesregierung mehr als 90 Prozent der Ratsuchenden die Beratung als sehr gut oder gut empfinden, sie wieder nutzen oder weiterempfehlen würden? Nein. Denn Ratsuchenden ist es nur selten möglich, die tatsächliche Beratungskompetenz noch einmal zu hinterfragen, sie auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen.
Wo Menschen arbeiten, gibt es Unterschiede. Eine Beratung darf aber nicht davon abhängig sein, bei wem der Ratsuchende zufällig landet. Die UPD wäre selbst gut beraten, würde sie durch ein verlässlicheres Wissensmanagement eine konstante Qualität all ihrer Berater sicherstellen. Dann wäre sie ihrem eigenen Anspruch näher. Mehr Kontinuität, weniger Glückssache – so etwas spricht sich rum.
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Warentest geht auf ganz konkrete Dinge ein, die konkret behandelt und beschrieben sind.
Ich hätte aus den Antworten der UPD erwartet, dass diese ebenfalls ganz Konkret auf die bezogenen Fälle abstellt.
Kann ich das nicht, will ich das nicht, dann ist es ja nun nicht selten, wenn ich die Seriosität oder di Kompetenz des anderen in Frage stelle.
Mich interessiert in diesem Zusammenhang nicht die Zusammensetzung von Gremien und ähnliche Meinungen sondern die Antwort auf konkrete, den Beanstandungen von Warentest folgende Stellungnahme.
Waren es nicht Hunde die beißen wenn sie getroffen werden?
Kommentar vom Autor gelöscht.
@thibeau: Es ist nicht richtig, dass unser Kuratorium sich überwiegend aus Vertretern von Verbraucherzentralen zusammensetzt. Grundsätzlich arbeitet die Stiftung Warentest unabhängig und erhebt bei Dienstleistungsuntersuchungen ihre Daten mit sozialwissenschaftlichen Methoden – so auch bei dieser Untersuchung. Es ist unsere Aufgabe, Stärken und Schwächen von Gesundheitsdienstleistungen aufzudecken und für unsere Leser abzuleiten, worauf bei der Inanspruchnahme einer Dienstleistung geachtet werden sollte. Wir haben in unserem Artikel keinesfalls von einer Beratung bei der UPD abgeraten, sondern aufgrund unserer Testergebnisse dargestellt, was Ratsuchende von einer guten Beratung erwarten dürfen – und wo sie sich zusätzlich informieren können. Der von Ihnen angesprochene Zwischenbericht der Prognos AG zur Evaluation der Beratung der UPD https://www.prognos.com/presse/news/detailansicht/1838/731bae299f9b3ea4ec22abb20dbe8e7c/ weist an verschiedenen Stellen ebenso darauf hin, dass eine einheitliche Beratungsqualität noch nicht gewährleistet ist und auch das Wissensmanagement innerhalb der UPD verbessert werden muss. Hier zeigt sich also kein „ganz anderes Bild“. Jeder Berater ist ein Individuum - dennoch sollte eine einheitliche Beratungsqualität sichergestellt sein. Wir würden uns freuen, wenn die UPD diese im Sinne der Patienten und Verbraucher weiter verbessern kann. (KA/SL)
Ich bin selbst Berater bei der UPD und finde die Darstellung der Stiftung Warentest ebenfalls nicht sonderlich unabhängig. Betrachtet man das Kuratorium findet man überwiegend Mitarbeiter der Verbraucherzentralen, in deren Räumlichkeiten vor 2016 die Unabhängige Patienteberatung eingegliedert war. Spricht dort etwa Neid oder Eifersucht bei der Bewertung der "neuen UPD" eine Rolle? Alle Berater werden regelmäßig geschult und sind stets auf dem aktuellen Stand der Dinge, von daher beraten auch alle gleich.
Regelmäßige anonyme Prüfungen durch die Prognos, sowie Befragungen von Ratsuchenden spiegeln ebenfalls ein ganz anderes Bild. Die Anzahl der Beratungen sagt ebenfalls nichts über die Qualität der Beratung aus. Man könnte sie auch so interpretieren, dass im deutschen Gesundheitswesen nur wenig zu hinterfragen gibt. Jeder Berater ist ein Individum und hat andere menschliche Qualitäten, so dass die Beratung stylistsich unterschiedlich vom Ergebnis her aber überall gleich ist.
@aNOnyme: Wir halten die unabhängige Patientenberatung für eine wichtige Anlaufstelle und ein unterstützenswertes Beratungsangebot. Es gehört zu unseren Aufgaben, hierüber zu berichten.
Neben den Verbraucherzentralen nennen wir in der Meldung den Sozialverband VdK Deutschland und den Verbund unabhängige Patientenberatung als Träger. Und wir verweisen auf die Angebote patienten-information.de und die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern und Landeszahnärztekammern als weitere Anlaufstellen für Unterstützung. In unserem Kuratorium sitzen übrigens nicht nur Vertreter der Verbraucherzentralen. Das Kuratorium setzt sich zusammen aus sechs Verbrauchervertretern, sechs Vertretern der Wirtschaft und sechs neutralen Sachverständigen. Das Kuratorium hat eine beratende Funktion, kann Vorschläge für Untersuchungen einbringen oder auch einzelnen Untersuchungsvorhaben widersprechen. Wer sich über unsere unabhängige Arbeit informieren möchte und wissen will, wie sich unsere Gremien zusammensetzen, findet die Infos hier unter https://www.test.de/unternehmen/ (TK)