Mieter dürfen einsteigen, wenn Vermieter ihre Wohnung in Eigentum umwandeln und verkaufen. Das kann sich lohnen.
Als der Vermieter die Umwandlung des Hauses in Eigentumswohnungen ankündigte, ist Mieterin Astrid B. gleich klar: Der will die Wohnungen im gerade frischsanierten Haus verkaufen.
Wir erzählen anhand ihres fiktiven Falls, wie es weitergehen kann. Ihr Berater beim Mieterverein beruhigt Astrid B. An ihrem Mietvertrag ändert sich dadurch gar nichts, erklärt er. Mindestens drei Jahre lang darf der neue Eigentümer den Mietvertrag mit Astrid B. nicht kündigen – auch dann nicht, wenn er die Wohnung selbst braucht. In Gegenden mit Mangel an bezahlbarem Wohnraum kann die Landesregierung die Kündigungsschutzfrist für Mieter umgewandelter Wohnungen auf zehn Jahre verlängern. In Berlin zum Beispiel ist das schon der Fall.
Einstieg in den Kaufvertrag
Monate später findet Astrid B. tatsächlich ein Schreiben ihres Vermieters im Briefkasten. Er habe einen Käufer für ihre Wohnung gefunden, schreibt er. 109 000 Euro will dieser zahlen. „Ich unterrichte Sie hiermit über Ihr Vorkaufsrecht“, heißt es weiter. Sie habe zwei Monate Zeit, es auszuüben.
Vorkaufsrecht heißt, dass Astrid B. in den Kaufvertrag – so wie ihn der Vermieter mit dem Käufer ausgehandelt hat – einsteigen darf. Sie erfährt weiter: Der Vertrag steht ihr als Mieterin zu, wenn die Zweizimmerwohnung erstmals nach der Umwandlung verkauft wird und sie bereits vor der Umwandlung einen gültigen Mietvertrag hatte.
Bisher hat Astrid B. noch nie darüber nachgedacht, eine Wohnung zu kaufen. Doch die Wohnung gefällt ihr, die Nachbarn sind nett und das Haus ist nach der Sanierung in gutem Zustand. Sie hat etwas Geld gespart und bekommt als Angestellte im öffentlichen Dienst ein anständiges und vor allem sicheres Gehalt.
Sie recherchiert. 109 000 Euro ist für eine bezugsfreie Eigentumswohnung mit 60 Quadratmetern wenig, findet sie heraus. Die kosten sonst in ihrer Gegend oft 150 000 Euro, gerne auch mehr. Für eine vermietete Wohnung allerdings ist der Preis hoch.
Wohnungsunternehmer bezahlen in diesen Fällen meist 12 bis 14 Jahresmieten als Kaufpreis. Astrid B. zahlt 600 Euro Kaltmiete pro Monat. Danach dürfte die Wohnung also nicht mehr als 100 800 Euro kosten.
Vertrag von Experten prüfen lassen
Astrid B. ruft ihren Vermieter an und bittet ihn, ihr eine Kopie des Kaufvertrags zu überlassen. Mit der geht sie zur Verbraucherzentrale. Der Berater sagt ihr: Der Vertrag ist ganz normal, es gelten keine besonderen Regeln. Im Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer, an den Makler eine Provision in Höhe von 5 Prozent des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen. „Das gilt ja nicht für mich“, meint Astrid B. Sie kenne den Makler nicht und habe nichts mit ihm zu tun. „Doch, das gilt auch für Sie“, widerspricht ihr der Berater.
Maklercourtage wird fällig
Als Vorkaufsberechtigte könne sie den Vertrag nur so nehmen, wie er ist: mit der Pflicht, Courtage an den Makler zu zahlen, der den Vertrag vermittelt hat. Astrid B. schluckt: fast 6 500 Euro extra. „Plus Grunderwerbsteuer, Kosten für Notar und Eintragung ins Grundbuch“, ergänzt ihr Berater. Macht noch mal rund 7 000 Euro.
20 000 Euro hat Astrid B. gespart. Der Berater gibt ihre Daten in seinen Rechner ein. Sie müsste monatlich knapp 350 Euro an die Bank zahlen, wenn sie den nötigen Kredit von 102 500 Euro für einen Zinssatz von 2 Prozent bekommt und anfänglich 2 Prozent tilgt. „Das ist ja wenig“, staunt sie.
Doch als Wohnungseigentümerin muss sie zusätzlich das sogenannte Hausgeld zahlen. Da stecken zum einen die Nebenkosten vor allem für Heizung, Hausreinigung, Winterdienst und Wartung drin, die sie auch als Mieterin zahlen musste. Hinzu kommen Kosten für die Eigentumsverwaltung und die Instandsetzungsrücklage: fast 200 Euro macht beides zusammen monatlich aus.
Kauf bringt fast 200 Euro Ersparnis
Bisher zahlte sie 600 Euro Miete und 144 Euro Nebenkosten. Beim Kauf zahlt sie 350 Euro Kreditrate und knapp 200 Euro Hausgeld – hätte aber keine Ersparnisse mehr.
Aktuell niedrige Zinsen machen es möglich: Das Vorkaufsrecht zahlt sich oft aus. Doch ganz ohne Eigenkapital geht es kaum – auch wenn Banken und Vermittler das gerne suggerieren. Wenn der Kredit über 80 Prozent des Werts der Wohnung ausmacht, steigt nämlich der Zinssatz. Statt des laut Finanztest-Marktplatz aktuell idealen Effektivzinses von 1,76 Prozent für einen Kredit – ohne Riester-Förderung mit 15 Jahren Zinsbindung – sind dann bei einem Kredit für den gesamten Kaufpreis schnell 2,4 oder 2,5 Prozent Zinsen fällig. Trotz Raten an der Schmerzgrenze kann dann die Restschuld bei Auslaufen der Zinsbindung so hoch sein, dass die Finanzierung bei steigenden Zinsen platzt, weil die Raten dem Kreditnehmer über den Kopf wachsen.
Vorteil für vorkaufsberechtigte Mieter: Sie können der Bank gegenüber damit argumentieren, dass der Kaufpreis wegen der Vermietung geringer ist als der Wert der Wohnung an sich. Wenn das die Bank überzeugt, wird sie trotz Finanzierung von mehr als 80 Prozent des Kaufpreises einen günstigeren Zinssatz anbieten.
Umwandlung birgt teure Risiken
Der Kauf frisch umgewandelter Wohnungen birgt aber auch besondere Risiken. Der bisherige Eigentümer behält bis zum Verkauf der Hälfte der Wohnungen die Mehrheit in der Eigentümerversammlung.
Er kann so teure Baumaßnahmen durchsetzen, die dann aber alle Eigentümer mitbezahlen müssen. Auch bei der Verteilung der Kosten kann er versuchen, die zu benachteiligen. Denn schließlich wählt er den Hausverwalter aus, der den übrigen Eigentümern das Leben schwermachen kann.
Achtung vor Dachgeschossausbau
Auch die Teilungserklärung legt der Alt-Eigentümer fest. Sie bestimmt, welche Rechte die Eigentümer haben. Käufer müssen sie genau prüfen. Oft finden sich etwa großzügige Regeln für den Ausbau der Dachgeschosse. Die kann der Eigentümer dann auch noch teuer verkaufen. Fehler beim Dachausbau können teuer werden. Zahlen müssen dann alle Eigentümer.
Längst nicht immer läuft alles so glatt wie bei Astrid B., die sich dafür entschieden hat, ihre Wohnung zu kaufen.
Unklar ist etwa, was gilt, wenn der bisherige Eigentümer seine Mieter nicht über den Verkauf einer Wohnung unterrichtet hat. Der Bundesgerichtshof urteilt demnächst über einen solchen Fall. Amts- und Landgericht Hamburg hatten die Schadenersatzklage des Mieters abgewiesen.
Tipp: Wie dieser Fall ausgeht, lesen Sie in der Meldung Vorkaufsrecht:Schadenersatz für übergangene Mieter.
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