
Sieht aus wie ein wichtiges Behördenschreiben, ist aber nur Werbung von Vodafone Kabel Deutschland. © Stiftung Warentest

Viele Fernsehzuschauer, die ihr Programm über Antenne empfangen, sind angesichts der anstehenden Umstellung auf die neue Übertragungstechnik DVB-T2 HD verunsichert. Mit unseriösen Werbemethoden und irritierenden Aussagen versuchen Kabel- und IP-TV-Anbieter wie Vodafone Kabel Deutschland und Deutsche Telekom diese Verunsicherung auszunutzen, um neue Kunden zu gewinnen. test.de erklärt, was Antennenzuschauer tatsächlich tun müssen – und was sie getrost lassen können.
Hinweis während des laufenden Programms
Wer über Antenne fernsieht und daher von der Umstellung auf die neue Übertragungstechnik DVB-T2 HD betroffen ist, bekommt seit geraumer Zeit während des laufenden Programms eine grüne Banderole am unteren Bildschirmrand eingeblendet – mit der Aufforderung, sich zu informieren und rasch zu handeln.
Tipp: Testergebnisse und Tipps für einen reibungslosen und kostengünstigen Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 HD liefert unser Special Umstellung auf DVB-T2 HD. Im Test: Fernseher, Empfänger und Antennen für das neue Antennenfernsehen in hoher Auflösung.
Vodafone geht mit üblen Tricks auf Kundenfang
Die Verunsicherung der Fernsehzuschauer nutzt Kabelanbieter Vodafone Kabel Deutschland, um Antennenbesitzer mit einer besonders dreisten Masche zu einem Umstieg auf Kabel zu bewegen: Vodafone stellte vielen Verbrauchern in den vergangenen Tagen einen persönlich adressierten Brief zu, der aufgemacht ist wie ein amtliches Schreiben. „Wichtige Hinweise zu Anschlussdiensten in Ihrem Gebäude“ ist auf den mattrosafarbenen Umschlag gedruckt – in Stempeloptik.
Optik eines Behördenbriefs

© Stitung Warentest

Nach dem Öffnen staunt der Leser nicht schlecht: Sieht das Schreiben auf den ersten Blick doch so aus, als sei der Absender eine Behörde. „Wiederholter Zustellversuch“ steht aufgestempelt am oberen Rand, darunter etwas, was aussieht wie eine handschriftliche Signatur. Erst bei näherem Hinsehen erkennt man, dass Stempel und Signatur nur aufgedruckt sind.
„Melden Sie sich bis spätestens 28.2.2017“
In der fett gedruckten Betreff-Zeile heißt es: „DVB-T Abschaltung erfordert Umstellung auf moderne TV-Versorgung.“ Und weiter: „Aufgrund der sukzessiven Abschaltung des analogen Fernsehdienstes DVB-T sind immer mehr Haushalte auf eine neue TV-Versorgung angewiesen. In Ihrer Region profitieren Sie dank des Ausbaus des hochleistungsfähigen Glasfaser-Kabelnetzes von neuen Möglichkeiten im Bereich des Fernsehens.“ Am Ende des Briefes folgt die unverhohlene Aufforderung: „Melden Sie sich dazu spätestens bis 28.2.2017 telefonisch bei uns. Wir haben für Sie eine spezielle, kostenfreie Rufnummer eingerichtet.“
Verbraucherzentrale: „Unlauteres Werbeschreiben“
Dem Verbraucher wird in diesem Schreiben an mehreren Stellen suggeriert, dass ein Umstieg auf einen anderen Empfangsweg notwendig ist, falls er sein Fernsehprogramm über Antenne empfängt. Erst am Ende zeigt sich der Absender: „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Vodafone Kabel Deutschland“. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz kritisiert den Brief als „unlauteres Werbeschreiben“, mit dem der Fernsehzuschauer „in die Irre“ geführt werde.
Digitalfernsehen für alle gibt‘s schon seit 2008
Abgesehen von der irreführenden Aufmachung des Schreibens und der unseriösen Werbebotschaft ist auch die Aussage „Abschaltung des analogen Fernsehdienstes DVB-T“ inhaltlich Unsinn: Seit Ende 2008 ist in Deutschland der Fernsehempfang ausschließlich digital und nicht mehr analog möglich. Das Kürzel DVB steht für “Digital Video Broadcast“, sprich Digitalfernsehen.
Vodafone hat sich inzwischen für das Werbeschreiben entschuldigt
Auf Nachfrage von test.de sagte Vodafone-Pressesprecher Volker Petendorf, dass sein Unternehmen die Auslieferung des „Werbe-Mittels“ bereits während „des ersten kleinen Testlaufs“ gestoppt habe. Nur „wenige tausend Haushalte“ seien angeschrieben worden, so Petendorf. „Auch werden wir das Stilmittel der behördlich gestalteten Werbung bis auf Weiteres in keinem Werbemittel mehr einsetzen.“ Abschließend sagte er: „Wir bitten TV-Zuschauer, die sich über diesen Brief geärgert haben, um Entschuldigung.“
Verbraucherzentrale berichtet von vielen Beschwerden
Michael Gundall, Mitarbeiter in der Abteilung Telekommunikation und Digitale Medien bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, bezweifelt die Angaben von Vodafone. „Bei uns haben sich sehr viele Verbraucher beschwert“, sagt Gundall. „Wir haben den Eindruck, dass Vodafone mehr als wenige tausend dieser Werbebriefe verschickt hat.“
Telekom wirbt mit ähnlichem Tenor für Internetfernsehen
Auch die Deutsche Telekom versucht, die Umstellung auf DVB-T2 HD zu nutzen, um neue Kunden zu gewinnen. „Sorglos fernsehen trotz DVB-T-Abschaltung“ – so wirbt der ehemalige Staatskonzern in einem Prospekt für sein IP-TV-Angebot (Fernsehen übers Internet). Immerhin kann man der Telekom noch zugutehalten, dass ihre suggestive Werbung vergleichsweise leicht zu durchschauen ist.
Viele Zuschauer müssen sich einen DVB-T2-HD-Empfänger anschaffen
Fakt ist: Wer weiterhin kostengünstig über Antenne fernsehen will, kann dies auch zukünftig tun. Dafür benötigen viele Fernsehzuschauer aber ein neues Empfangsgerät – und zwar bis zum 29. März 2017. An diesem Termin wird das bisherige Antennenfernsehen DVB-T nämlich auf die neue Übertragungstechnik DVB-T2 HD umgestellt. Betroffen sind etwa drei Millionen Haushalte (mehr dazu in unseren FAQ DVB-T2). In Fernseher der neuen Generation sind diese Empfänger oft schon eingebaut. Unser Produktfinder Fernseher zeigt, für welche Geräte dies zutrifft – und welche davon empfehlenswert sind.
DVB-T2 HD bietet bessere Bildqualität
Bis 2019 sollen sämtliche Sendegebiete in Deutschland schrittweise auf DBV-T2 HD umgestellt werden. Die neue Technik ermöglicht hochaufgelöstere Bilder (HD – High Definition) als bisher üblich. Wie unser aktueller Test zeigt, sind gute DBV-T2-HD-Empfangsgeräte schon ab etwa 50 Euro zu haben. Ist der Receiver installiert, fallen keine weiteren, monatlichen Zusatzkosten an – vorausgesetzt, man kann auf Privatfernsehen verzichten.
Privatsender gucken kostet 69 Euro extra im Jahr
Mit Einführung der neuen Übertragungstechnik DVB-T2 HD sind RTL, Sat1 und Co für Antennenzuschauer – nach einer dreimonatigen kostenlosen Schnupperphase – nicht mehr umsonst zu haben: Die großen, werbefinanzierten Privatsender werden ihre Programme via DVB-T2 nur noch verschlüsselt und kostenpflichtig übertragen. Für Antennenzuschauer werden dann pro Gerät 69 Euro jährlich fällig, wenn sie nicht auf die Privaten verzichten möchten. Im Vergleich zu einem Kabelanschluss sind knapp sechs Euro Extrakosten pro Monat jedoch immer noch verhältnismäßig günstig. Wem das zu viel ist, der muss sich nach dem Umstieg auf DVB-T2 auf die frei empfangbaren öffentlich-rechtlichen Sender beschränken, die weiterhin unverschlüsselt senden.
Wichtig: Wer bereits heute via Kabel, Satellit oder Internet fernsieht, für den ändert sich durch die Umstellung von DVB-T auf DVB-T2 HD nichts.
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