
Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin, beklagt, dass es Arbeitgebern an Vertrauen gegenüber ihren Mitarbeitern fehle. Das führe oft zu Streit. ©
Wenn Unternehmen ihre Angestellten überwachen, müssen sie deren Rechte wahren, sagt Fachanwalt Alexander Bredereck.
Allgemeiner Verdacht reicht nicht
Unter welchen Bedingungen darf mein Arbeitgeber mich im Homeoffice überwachen?
Die Möglichkeiten der Überwachung von Arbeitnehmern sind in Deutschland stark eingeschränkt. Das gilt im Homeoffice genauso wie am Büroarbeitsplatz. Der Arbeitgeber braucht einen Anlass, zum Beispiel den konkreten Verdacht eines schwerwiegenden Vertragsverstoßes des Arbeitnehmers. Der allgemeine Verdacht, im Homeoffice macht doch sowieso jeder private Dinge, reicht nicht.
Können Sie sagen, welche Methoden grundsätzlich zulässig und welche in der Regel illegal sind?
Pauschal würde ich sagen: Unzulässig sind alle für den Chef vom Typ Kontrollfreak interessanten Methoden, insbesondere eine permanente Überwachung ohne Anlass. Zulässig sind nur Methoden, mit denen der Arbeitgeber einen konkreten Vertragsverstoß des Arbeitnehmers nachweisen will, um darauf zum Beispiel eine Kündigung stützen zu können.
Arbeitszeitbetrug ist ein Kündigungsgrund
Welche Folgen kann eine Überwachung für einen Arbeitnehmer haben?
Vertragsverstöße, die durch eine Überwachung zutage treten, sind ideale Kündigungsgründe. Das betrifft vor allem den Arbeitszeitbetrug: Der Angestellte gibt vor zu arbeiten, während er tatsächlich andere Dinge tut. Es ist heutzutage völlig normal, dass Arbeitnehmer während der Arbeit private Dinge verrichten, zum Beispiel im Internet surfen. Entscheidend ist das Ausmaß. Deckt die Überwachung ausschweifendes privates Surfen auf, kann das schnell zu einer – auch fristlosen – Kündigung führen.
Was mache ich, wenn ich infolge einer Arbeitnehmerüberwachung gekündigt werde?
Arbeitnehmer erhalten häufig in solchen Fällen vor der Kündigung eine Anhörung zu dem Verdacht, aufgrund dessen die Überwachung überhaupt erfolgt ist. Bereits jetzt, spätestens aber wenn die Kündigung zugegangen ist, sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Für die Kündigungsschutzklage hat man zwar drei Wochen Zeit, die Zurückweisung einer Kündigung kann aber nur innerhalb weniger Tage erfolgen.
Wie sieht es mit dem Datenschutz für die bei der Überwachung erhobenen personenbezogenen Daten aus?
Das ist ein großes Problem. Der Arbeitgeber riskiert empfindliche Bußgelder, wenn er gegen die Datenschutzgesetze verstößt. Arbeitnehmer können gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch geltend machen und ihn im Fall von Gesetzesverstößen bei der Datenschutzbehörde anzeigen.
Alternative Kontrollmöglichkeiten
Welche anderen nicht-technischen Methoden der Arbeitnehmerüberwachung kennen Sie?
Kontrollanrufe, E-Mail-Anfragen mit kurzen Rückäußerungsfristen oder Überraschungsbesuche. Darüber hinaus überprüfen Arbeitgeber Profile ihrer Mitarbeiter in sozialen Medien.
Welche Folgen hat eine unzulässige Überwachung durch den Arbeitgeber?
Auch wenn Arbeitsgerichte hier teilweise zu großzügig sind, für Arbeitgeber besteht die Gefahr, dass sie die gewonnenen Erkenntnisse vor Gericht nicht verwerten dürfen. Zudem macht sich der Arbeitgeber gegenüber dem Beschäftigten schadenersatzpflichtig.
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@Olaf68: Hier kommt es auf die betriebliche Regelung an. Fragen Sie nach, ob es im Betrieb dazu einer Regelung gibt. Der Arbeitgeber darf die private Nutzung des betrieblichen Gerätes / Netzwerkes zur privaten Nutzung ausschließen. (maa)
Wie ist die Rechtslage, wenn ich den mir zur Verfügung gestellten Internetzugang (über den Firmenserver) außerhalb der erfassten Arbeitszeit für private Zwecke nutze, z.B. für Bankgeschäfte, Suchanfragen?
Liebe Kollegen*innen,
das ALLERWICHTIGSTE um Überwachung und Bespitzelung zu verhindern ist einen Betriebsrat zu gründen oder einen guten Betriebsrat zu wählen!
Nach §87 6. hat der Betriebsrat ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei technischen Einrichtungen die dazu geeignet (richtig gelesen: die bloße Eignung reicht aus) sind Beschäftige in Leistung oder Verhalten zu überwachen. Wir in unserem Betriebsrat, schauen uns auch noch das allerkleinste Softwareprogramm, jede Videokamera und jedes elektronische Türöffnungssystem an. Will er sein Vorhaben unbedingt gegen uns durchsetzen, drohen ihm hohe Kosten für eine Einigungsstelle mit meist negativem Ausgang für ihn.
Nächsten März sind Betriebsratswahlen! Also Betriebsrat gründen oder einen besseren wählen! Notfalls einfach eine eigene Liste gründen, Kollege*innen zum Defizit in Sachen Regelung von Überwachung aufschlauen und schon seid Ihr am Ruder! Überwachung läßt sich durch einen BR verhindern, das ist einmalig in Deutschland!
" Wenn der/die Mitarbeiter/in liefert was vereinbart wurde, kommt kein Arbeitgeber auf die Idee, das Vertrauensverhältnis durch zusätzliche Kontrollen zu belasten."
Leider ist es eben nicht so. Schon mehrfach (!) selbst und bei Freunden erlebt: "Ich will nicht, dass Ihr im Homeoffice seid, weil ich euch nicht kontrollieren kann." So die Aussage mancher Vorgesetzten. Kontrollanrufe gehören dann auch dazu - und das trotz dessen, dass die Mitarbeiter problemlos alle Arbeiten erledigen und erreichbar sind. Manche Menschen sind leider unbelehrbar. In diesem Sinne ist es gut, dass man da nicht völlig ausgeliefert ist, nur weil manche Vorgesetzten einen Spleen haben... Dann gibt es auch noch fälle, wo man mal einen Moment nicht ans Telefon geht, aber zeitnah zurückruft. Riesen Drama. Ja, sorry... muss man sich dann eine Windel anziehen oder auch auf dem Klo ans Telefon gehen? Im Büro muss man nie zur Toilette? Ich sage ja, manche haben einen Spleen... gelinde gesagt....
...sollte der Arbeitgeber unbegründet Kontrollmassnahmen durchführen, dann hat er doch (begründete?) Zweifel an der Loyalität des Mitarbeiters. Wenn der/die Mitarbeiter/in liefert was vereinbart wurde, kommt kein Arbeitgeber auf die Idee, das Vertrauensverhältnis durch zusätzliche Kontrollen zu belasten. Frei nach dem Sprichwort: "und ist es noch so fein gesponnen, es kommt doch an die Sonnen"