Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Fernwärmeanbieter Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Preise eingeleitet. Betroffen sind 30 Fernwärmenetze im ganzen Bundesgebiet. test.de sagt, um welche Unternehmen es sich handelt und wie sich Kunden jetzt verhalten sollten.
Behörde hat jahrelang ermittelt
Bereits 2009 hatte das Bundeskartellamt eine Untersuchung der Fernwärmepreise gestartet. Die Ermittlungen waren nach Angaben der Behörde schwierig und zeitraubend. Erst im vergangenen Jahr lag das Ergebnis vor: Mancherorts bezahlten Privatkunden für die Kilowattstunde Wärme in den Jahren 2007 und 2008 nicht mal 4 Cent, während andernorts 18 Cent fällig waren. Bei elf Netzen lagen die Preise um 30 Prozent über dem Durchschnitt anderer Anbieter. Die Kartellwächter gaben den betroffenen Anbietern Gelegenheit, Gründe für ihr weit überdurchschnittlichen Preise zu liefern.
Jetzt beginnen Missbrauchsverfahren
Sieben der betroffenen Anbietern mit insgesamt rund 30 Fernwärmenetzen gelang es nicht, die Beamten im Bundeskartellamt von der Angemessenheit ihrer Preise zu überzeugen. Gegen sie leitete die Behörde jetzt förmliche Missbrauchsverfahren ein. Es handelt sich um folgende Versorgungsunternehmen:
- Dalkia GmbH, Hamburg
- Danpower Energie Service GmbH, Potsdam
- Energie SaarLor Lux AG, Saarbrücken
- E.ON Hanse Wärme GmbH, Hamburg
- RWE Energiedienstleistungen GmbH, Dortmund
(früher: ExxonMobil/Favorit Fernwärme GmbH) - Stadtwerke Leipzig GmbH, Leipzig
- Stadtwerke Rostock AG, Rostock.
Für Verbraucher hat die Einleitung der Missbrauchsverfahren zunächst keine Folgen. Wenn die Beamten am Ende allerdings Bußgelder wegen Preismissbrauchs verhängen und sie sich anschließend in möglichen Rechtsstreitigkeiten auch vor Gericht durchsetzen, müssen die betroffenen Anbieter ihren Kunden einen Teil der Gebühren erstatten.
test.de rät: Als Kunden eines der betroffenen Unternehmen sollten Sie ihre Gebühren deshalb ab sofort nur noch unter Vorbehalt zahlen.
Hoher Preis nicht automatisch Missbrauch
Wie die Verfahren ausgehen, ist noch völlig offen. Der Verdacht der Kartellwächter beruht bisher vor allem auf dem Vergleich der Preise. Klar ist: Auch die Kosten der Unternehmen sind sehr unterschiedlich. Ein kleines Fernwärmenetz in einer Kleinstadt ist pro Anschluss erheblich teurer als der Betrieb eines großen Netzes, an das vor allem große Häuser mit zahlreichen Wohnungen angeschlossen sind. Auch die Betriebsart spielt beim Preis eine Rolle. So ist beispielsweise Kohle als Brennstoff billiger als Gas und erst recht billiger als Heizöl.
Streit um Namensnennung
test.de hatte schon bei Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse im vergangenen Jahr gefordert, alle Anbieter namentlich zu nennen. Das hatte die Behörde damals abgelehnt. Jetzt nennt sie zumindest die sieben Unternehmen, gegen die sie förmliche Ermittlungen eingeleitet hat. Manche Unternehmen und einige Kartellrechtsanwälte halten schon das für unzulässig. Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine solche Bloßstellung, argumentiert etwa Anwalt Rolf Hempel auf blog.beck.de. Andererseits gilt: Behörden sind verpflichtet, Presseanfragen zu beantworten, soweit sie nicht ausnahmsweise zur Geheimhaltung berechtigt oder sogar verpflichtet sind. Nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder hat sogar Jedermann das Recht, Herausgabe von amtlichen Informationen zu verlangen.
Über den Bericht des Bundeskartellamts über die Fernwärmepreise berichtete test.de bereits im vergangenen Jahr unter www.test.de/fernwaerme-preise.
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