
Biogasanlage und Windrad. Die UDI-Gruppe setzte auf erneuerbare Energien. © Getty Images / Jeannot Olivet
Zwei Firmen der UDI-Gruppe, die auf grüne Energien spezialisiert ist, fordern über Güteverfahren Rückzahlungen von Anlegern. Diese sollten lieber nicht zahlen.
Aus Anlegern werden Antragsgegner
Neuer Ärger für Kundinnen und Kunden der ins Trudeln geratenen UDI-Gruppe: Die Anlagefirmen UDI Projekt-Finanz GmbH und UDI Projekt-Finanz II GmbH aus Roth behaupten, Geld sei zu Unrecht an Anleger ihrer Genussrechte geflossen. Das gelte für Zinsen und die Rückzahlung gekündigter Genussrechte. Die Firmen forderten, Ausschüttungen zurückzuzahlen oder zumindest zu erklären, dass Forderungen von UDI gegenüber ihnen nicht verjähren. Die deutliche Mehrheit der Anleger ging darauf nach Angaben von UDI nicht ein. Gegen sie beantragten die beiden Firmen kurz vor Jahresende 2021 rund 280 beziehungsweise 360 Güteverfahren bei der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle Hamburg (ÖRA). Bei einem solchen Güteverfahren bemühen sich Schlichter, eine Lösung für Rechtsstreitigkeiten zu finden und einen Gerichtsprozess zu vermeiden. Ein Güteantrag hemmt zudem die Verjährung. Wer ihn kurz vor Jahresende stellt, kann verhindern, dass Ansprüche nach dem Jahreswechsel nicht mehr durchsetzbar sind.
Genussrechte nahmen auch an Verlusten teil
Gesellschaften der UDI-Gruppe boten mehr als zehn Jahre lang Geldanlagen verschiedener Art vor allem für Projekte mit erneuerbaren Energien wie Wind, Solar, Biogas an. Dazu zählen die beiden Genussrechte von UDI Projekt-Finanz und UDI Projekt-Finanz II aus den Jahren 2007 und 2008. Genussrechte sind wenig reguliert und können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Die beiden UDI-Genussrechte boten üppige 6,25 Prozent Basisverzinsung plus die Chance auf bis zu 4 Prozent Bonus pro Jahr. Einen Anspruch darauf gab es aber nur, wenn die Jahresüberschüsse dafür ausreichten. Zudem verloren die Genussrechte bei Verlusten an Wert. Dieser Rückgang musste erst wieder aufgeholt werden, bevor wieder Gewinne an die Anleger ausgeschüttet werden durften.
Zahlungen wurden geringer und fielen dann ganz aus
Während der Laufzeit war jahrelang nicht öffentlich erkennbar, wie viel Gewinn oder Verlust die Gesellschaften erwirtschafteten. Sie mussten im öffentlich zugänglichen Unternehmensregister nur ihre Bilanzen hinterlegen beziehungsweise veröffentlichen. Angaben zum Jahresergebnis brauchten sie nicht zu machen. Sie mussten auch keine Gewinn- und Verlustrechnungen beifügen, aus denen sich ein Überschuss oder Fehlbetrag ablesen lässt. In den Verkaufsprospekten hatten die Gesellschaften allerdings angekündigt, ihre Jahresabschlüsse freiwillig durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer prüfen und testieren zu lassen. In diesem Rahmen werde er „die Ordnungsgemäßheit der Ergebnisbeteiligungsberechnung für die Genussrechtsinhaber kontrollieren und entsprechend testieren“. Anleger berichteten Finanztest, sie hätten in diesen Jahren keine Informationen zu Überschüssen oder Fehlbeträgen erhalten. Aus ihrer Sicht schien ohnehin zunächst alles in Ordnung zu sein, denn sie bekamen jahrelang Zinsen. Spätestens ab 2015 überwiesen die Gesellschaften aber weniger als den Basiszinssatz, neuerdings gar nichts mehr.
Ende 2021 nicht ausreichende Ergebnisse mitgeteilt
Ende 2020 übernahm die Dalasy Beteiligungs- & Kapitalmanagement GmbH den Großteil der UDI-Gruppe, darunter die beiden Genussrechtsfirmen. Ihr neuer Geschäftsführer Rainer J. Langnickel schrieb den Genussrechtsinhabern Ende 2021, dass das Geld zu Unrecht an sie ausgezahlt worden sei und forderte die Rückzahlung.
In erster Instanz ging Klage gegen Ex-Geschäftsführer verloren
Die UDI-Gesellschaften gingen auch gegen den ehemaligen Geschäftsführer vor, der die Zahlungen durchgewinkt hatte. So verklagte ihn die UDI Projekt-Finanz GmbH, aber nur wegen Zinszahlungen in den Jahren 2010 und 2017 und der Rückzahlung ausstehender Genussrechte im Jahr 2017. UDI führte auf Nachfrage von Stiftung Warentest Kostengründe für die Beschränkung auf zwei Jahre an. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage aber zurück: In dem Urteil führte es aus, die Zahlungen seien „eine langjährige, regelmäßig von den Gesellschaftern gebilligte Praxis“ gewesen. Ansprüche aus dem Jahr 2010 seien ohnehin verjährt. UDI hat Berufung eingelegt und betonte gegenüber Stiftung Warentest, der ehemalige Geschäftsführer sei lange Jahre auch Gesellschafter gewesen und habe somit sein eigenes Handeln gebilligt.
Anlegeranwälte halten Großteil der Ansprüche für verjährt
Ob Anlegerinnen und Anleger das Geld zurückzahlen müssen und wenn ja, für wie viele Jahre, ist aber unklar. UDI antwortete nicht konkret auf Finanztest-Fragen nach der genauen Grundlage für die Rückforderungen und dem Eintritt der Verjährung im Fall der Anleger. Die Rechtsanwältin Susanne Schmidt-Morsbach von der Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB in Berlin, die auch eine Interessensgemeinschaft von UDI-Anlegern betreut, geht davon aus, dass die Forderungen in diesem Fall nach drei Jahren zum jeweiligen Jahresende verjähren. Es ginge dann nur noch um die verringerten Auszahlungen ab dem Jahr 2018. Aus Sicht von Rechtsanwälten der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) aus München verstoßen die Genussrechtsbedingungen zu den Ausschüttungen zudem gegen das Transparenzgebot.
Offene Fragen zur Höhe der Rückforderungen
Offene Fragen stellen sich auch zu den Beträgen, die zurückzuzahlen sein sollen. Geschäftsführer Langnickel listete in den Rückforderungsschreiben vom Dezember die Ergebnisse der jeweiligen UDI-Gesellschaften ab Auflage der Genussrechte für einzelne Jahre und kumuliert auf. In etlichen Jahren fiel demnach ein Minus an. Überschüsse waren eher gering. Das kann den Eindruck erwecken, dass in vielen Jahren die Jahresergebnisse nicht für Ausschüttungen ausreichten. Stiftung Warentest hat die Zahlen mit der Entwicklung des Eigenkapitals in den öffentlich zugänglichen Bilanzen abgeglichen. Das legt die Vermutung nahe, dass Langnickel Jahresergebnisse genannt haben könnte, bei denen die Zinszahlungen bereits abgezogen worden sind. Entscheidend für die Frage, ob Jahresergebnisse für Zinszahlungen ausreichen oder nicht, sind aber die Beträge vor Abzug der Zinsen. In Jahren, für die Zinsen gezahlt wurden, müsste das Ergebnis vor deren Abzug somit deutlich positiver gewesen sein. UDI antwortete nicht konkret auf die Frage von Stiftung Warentest, ob in den Schreiben die Ergebnisse vor oder nach Zinsen genannt wurden.
Waren wirklich die gesamten Ausschüttungen unberechtigt?
Die Jahresergebnisse nach Abzug der Zinsen spielen auch eine Rolle. Sie sind wichtig für die Frage, ob eventuell erst Verluste aufgeholt werden müssen, bevor wieder Ausschüttungen für die Genussrechte geleistet werden können. Eine Analyse von Stiftung Warentest ergab, dass nicht in allen Jahren volle Ausschüttungen berechtigt gewesen wären. Sollten aber die Ergebnisse vor Zinsen tatsächlich deutlich höher ausgefallen sein, wie es die Analyse der Zahlen nahelegt, dann sieht es so als, als wären zumindest vor 2015 in einigen Jahren ein Aufholen von Fehlbeträgen beziehungsweise Ausschüttungen in einer Höhe unter dem Basiszinssatz darstellbar gewesen. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass allenfalls ein Teil der Ausschüttungen im Feuer stünde. UDI blieb auf Nachfrage dabei, dass die Bedingungen für jegliche Genussrechtsvergütungen durchgehend nicht erfüllt gewesen seien, ohne sich konkret zu den Analyseergebnissen zu äußern.
Verbindliche Einigung erscheint schwierig
Es sind also noch viele Fragen offen, die eine Rolle für die Vorgehensweise der Anlegerinnen und Anleger spielen. Güteverfahren sind an sich eine sinnvolle, kostengünstige Möglichkeit, um Rechtsstreitigkeiten zu klären. Einigen sich die streitenden Parteien nicht, steht ihnen immer noch der Weg zum Gericht offen. In diesem Fall dürften die Vorstellungen weit auseinanderliegen, eine verbindliche Einigung scheint schwierig. Für Anlegerinnen und Anleger muss es nicht von Nachteil sein, wenn der Streit vor Gericht landet. Es ist denkbar, dass Gerichte die Genussrechtsbedingungen oder das Verhalten der Gesellschaft über Jahre beanstanden oder es eventuell Gegenforderungen der Anlegerinnen und Anleger gibt. Dann könnten die Forderungen ins Leere laufen. Auch wenn die Ansprüche Bestand haben, bleibt die Frage, wie lange zurück sie durchsetzbar sind. Güteanträge hemmen die Verjährung zwar, aber nur, soweit die Frist dafür noch nicht abgelaufen ist und wenn sie die Forderung hinreichend genau bezeichnen. Es gab bereits Fälle, in denen Gerichte die Güteanträge als zu vage einstuften und die angestrebte Hemmung nicht eintrat.
Der Rat: Nicht am Güteverfahren teilnehmen
Wenn die Schreiben der ÖRA eintreffen, dürfte es daher für viele Anlegerinnen und Anleger am besten sein, ihr gegenüber zu erklären, dass sie nicht am Güteverfahren teilnehmen. Sobald die ÖRA die UDI-Unternehmen darüber informiert hat, läuft die Zeit. Sechs Monate später tritt wieder Verjährung ein. Die UDI-Firmen können sie nur erneut stoppen, indem sie gegen die Anleger vor Gericht ziehen. Erklären sich die Anleger dagegen bereit, am Güteverfahren teilzunehmen, haben die UDI-Firmen währenddessen Zeit, für den Fall der Nicht-Einigung eine Klage vorzubereiten. Vielen ist die Vorstellung sehr unangenehm, verklagt zu werden. Es ist aber möglich, dass der Fall sehr glimpflich für sie ausgeht, weil die Klägerinnen gar nicht oder nur mit einem kleinen Teil ihrer Forderungen durchdringen und entsprechend auch die Gerichtskosten ganz oder zu einem guten Teil tragen müssen. Ein Restrisiko für die Beklagten bleibt allerdings: Setzen sich die Klägerinnen doch weitgehend durch oder werden in der Zwischenzeit zahlungsunfähig, bleiben zumindest die Kosten an den Anlegerinnen und Anlegern hängen. Wer am Güteverfahren teilnehmen will, muss keinen eigenen Rechtsbeistand haben. Angesichts der komplexen Materie ist es aber sinnvoll, einen Anwalt oder eine Anwältin ins Boot zu holen.
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- Tausende Anleger der auf erneuerbare Energien spezialisierten UDI-Gruppe sollen eine Verzichtserklärung unterschreiben. Die Experten der Stiftung Warentest raten ab.
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- Wer auf Wind, Sonne oder Biogas setzen will, stößt oft auf UDI, einen großen, bankenunabhängigen Direktvertrieb für ökologische Kapitalanlagen aus Roth bei Nürnberg....
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