
Tropen-Holz. Links die Scheinkastanie, rechts der Shorea-Baum.
Falsch deklariert oder mit falschen Nachhaltigkeitssiegeln – bei Testkäufen von Holzwaren in Baumärkten und Möbelhäusern fanden unsere Tester Dubioses: Falsche Etiketten, falsche Siegel. Kein Wunder: Stammen doch schätzungsweise 15 bis 30 Prozent des global gehandelten Holzes aus illegalen Quellen, wie Interpol und Vereinte Nationen ermittelt haben. Wir haben zehn auffällige Produkte untersucht – und sind fündig geworden.
Handel mit illegalem Holz
Raimundo dos Santos Rodrigues war auf dem Heimweg, als er am 25. August 2015 in einen Hinterhalt gelockt und ermordet wurde. Sein Name soll auf einer Todesliste gestanden haben. Das berichtet die Londoner Nichtregierungsorganisation Global Witness, die weltweit Morde an Umweltaktivisten dokumentiert – 185 waren es allein 2015. Raimundo dos Santos Rodrigues hatte jahrelang die Methoden illegaler Holzfäller in Maranhão im brasilianischen Regenwald angeprangert.
Dokumentenfälschung, Beamtenbestechung, Hackerangriffe
Illegaler Holzhandel wird von Ermittlern längst in einem Atemzug mit Drogen- und Menschenhandel genannt. Die Protagonisten holzen ganze Wälder ab, die ihnen nicht gehören, fällen streng geschützte Urwaldriesen, fälschen Dokumente, bestechen Beamte oder hacken Behördenwebsites, um an Konzessionen zu kommen. Schätzungsweise 15 bis 30 Prozent des global gehandelten Holzes stammt aus illegalen Quellen, berichten die Polizeiorganisation Interpol und das UN-Umweltprogramm UNEP. In wichtigen Exportländern der Tropen wie Kongo oder Brasilien sollen es bis zu 90 Prozent sein. Direkt betroffen von dem Kahlschlag sind vor allem die indigenen Einwohner, denen die Lebensgrundlage geraubt wird. Der jährliche wirtschaftliche Schaden wird auf weltweit rund 135 Milliarden Euro geschätzt. Kaum zu beziffern ist der Schaden für Klima und Artenvielfalt.
Zehn auffällige Produkte untersucht
In Deutschland, so schätzt das Bundeslandwirtschaftsministerium, sind zwei bis fünf Prozent des eingeführten Holzes illegal. Wir sind in Hamburger Baumärkten und Möbelhäusern einen Tag lang auf Einkaufstour gegangen und haben nach Produkten aus Tropenholz gesucht, die nicht oder vermutlich falsch deklariert waren oder die geschützte Arten wie Palisander enthielten. Bei Toom und Hagebaumarkt fanden wir nichts Verdächtiges. Bei Bauhaus, Globus-Fachmärkte, Höffner, Obi, Poco und Thomas Philipps kauften wir insgesamt zehn auffällige Produkte ein und ließen im Labor die Holzart ermitteln.
Falsche Deklaration bedrohter Arten
Was wir an diesem einen Tag entdeckten, stimmt nachdenklich: Zwar fanden wir keine Beweise für illegales Holz, doch bei jedem der Anbieter, bei denen wir gekauft hatten, blieben Fragen offen. Neun Produkte enthielten Tropenhölzer, die auf der Roten Liste bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN stehen. Drei der Produkte waren falsch deklariert und fünf gar nicht. Gleich zweimal fiel der Etikettenschwindel bei Obi auf. Beide Produkte – eine Gartenbank und eine Holzfliese – trugen ein falsches FSC-Siegel, das nachhaltiges Holz garantieren soll (Interview).
[Update 20.10.2017]: Der größte Zertifizierer für Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, der Forest Stewardship Council (FSC), hat nach unserem Bericht über illegales Tropenholz in Baumärkten einem Hersteller das Siegel entzogen. In test 7/2017 hatten wir von Testkäufen berichtet, bei denen wir unter anderem auf eine falsch deklarierte Gartenbank mit FSC-Siegel gestoßen sind. Sie bestand laut Etikett aus Eukalyptus. Im Labor zeigte sich jedoch, dass ihr Holz von Tropenbäumen verschiedener Gattungen stammte, von denen viele Arten als gefährdet gelten. Die Bank trug das Nachhaltigkeits-Siegel für Eukalyptus. Da dieses Holz aber nicht verwendet wurde, stimmte auch das Siegel nicht. Nun teilte uns der FSC mit, dass unabhängige Kontrolleure den chinesischen Hersteller vor Ort überprüften. Dabei deckten sie weitere Unregelmäßigkeiten auf, etwa Hölzer aus fragwürdiger Herkunft. Der Hersteller verlor daraufhin sein FSC-Zertifikat. Update Ende
Kontrollen zu selten, Strafen zu lasch
Seit 2013 gilt in der EU die Holzhandelsverordnung. Importeure müssen nachweisen, dass ihre Ware aus legalem Einschlag stammt. „Seitdem ist hierzulande weniger illegales Holz auf dem Markt“, sagt Gerald Koch, Wissenschaftler am Hamburger Thünen-Institut für Holzforschung, das für Behörden, Handelsunternehmen, Verbände und Privatpersonen Analysen durchführt. Umweltorganisationen begrüßen die Verordnung, monieren aber zu seltene Kontrollen und zu lasche Strafen (Viele Regeln, wenige Kontrollen). Zudem lässt die Verordnung zum Teil willkürlich erscheinende Ausnahmen zu, etwa für Holz in Sitzmöbeln, Küchenutensilien und Werkzeuggriffen.
Falsches FSC-Siegel bei Obi

Tropen-Möbel. Scheinkastanien wachsen in Asien, ihr Holz heißt Berangan.
Auch die bei Obi gekaufte Gartenbank zählt zu den Ausnahmen. Trotzdem hätte dem Unternehmen auffallen können, dass die Deklaration als Eukalyptus falsch ist und das auf der Bank angenietete FSC-Siegel nicht für die enthaltenen Holzarten gültig ist. Wir haben Obi um eine Stellungnahme zu den Ungereimtheiten gebeten. Eine Antwort auf unsere Fragen haben wir nicht bekommen.
Falsch deklarierter Brotkasten
Auch zu der falsch deklarierten Holzfliese äußerte sich Obi nicht. Laut Handelsverordnung muss der Importeur die legale Herkunft nachweisen. Statt Bangkirai fand unser Labor vier andere Tropenhölzer, von denen zwei schlechter haltbar sind als Bangkirai. Thomas Philipps Sonderposten fiel durch einen falsch deklarierten Brotkasten auf (siehe Foto).

Urwaldriese für Fliesen. Das Holz Red Balau stammt vom Shorea-Baum.
Bauhaus und Globus legen FSC-Zertifikate vor
Dass es besser geht, zeigten andere Händler: Globus teilte zu einer Bangkirai-Fliese mit, dass sie 2011, also vor Inkrafttreten der Handelsverordnung, importiert worden war – und legte ein entsprechendes FSC-Zertifikat vor. Bauhaus belegte mit einem FSC-Zertifikat die nachhaltige Herkunft einer Steakplatte.
Keine Belege für nachhaltiges Holz
Fünf der verdächtigen Produkte von vier verschiedenen Händlern wurden ohne Deklaration der Holzart angeboten (Zehn Holzprodukte im Labortest) . Alle enthalten Tropenholz, darunter bedrohte Arten der Roten Liste. Eine Deklarationspflicht gibt es nicht. Auch ist der Handel mit diesen Hölzern nicht verboten – die Rote Liste ist unverbindlich. Vier der Produkte sind als Werkzeug oder Sitzmöbel von der EU-Verordnung ausgenommen. Deshalb müssen die Händler nicht einmal nachweisen, dass ihr Holz aus legalen Quellen stammt.
Palisanderholz-Handel nur noch mit Genehmigung
Das fünfte, eine Buchstütze von Möbel Höffner, ist eine Ausnahme von der Ausnahme: Sie besteht aus Palisanderholz, das seit Jahresanfang nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Cites) geschützt ist und nur mit einer Genehmigung gehandelt werden darf. Höffner konnte aber belegen, die Buchstütze bereits 2013 importiert zu haben.
Anbieter bleiben konkrete Antworten schuldig
Bei den fünf nicht deklarierten Produkten im Test ist also rechtlich nichts zu beanstanden. Es liegt dennoch nahe, dass Holz bedrohter Arten nur aus nachhaltigem Forst stammen sollte. Wir haben die vier Anbieter gefragt, was sie tun, um den Verkauf von illegalem Holz auszuschließen – auch wenn sie nicht dazu verpflichtet sind. Ihre Antworten blieben vage.
Tipp: Beachten Sie die deklarierte Holzart. Für Innenräume oder Werkzeuge ist das beständige Tropenholz nicht nötig. Im Außenbereich kann Robinie eine Alternative sein. Das heimische Hartholz ist aber selten. Wenn Tropenholz, dann bietet das FSC-Siegel trotz Schwächen nach Ansicht vieler Experten die größte Sicherheit für eine legale und nachhaltige Herkunft.