Tracking Wie unser Surf­verhalten über­wacht wird – und was dagegen hilft

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Tracking - Wie unser Surf­verhalten über­wacht wird – und was dagegen hilft

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Wer im Internet surft, wird von Firmen über­wacht – oft ohne es zu merken. Die Methode heißt Tracking. Hier erklären wir, wie sie funk­tioniert und welche Risiken sie birgt.

Was gibt es Neues vom FC Bayern München? Stellt sich der Fußball­fan diese Frage, kann er im Internet nach Antworten suchen, zum Beispiel auf dem Portal des Fernsehsenders Sport1. Während er die Seite liest, liest die Seite ihn: Bis zu 73 „Tracker“ haben wir auf Sport1.de gefunden. Sie saugen fleißig Informationen über den Besucher ab. Das kann seine Verweildauer sein, das Betriebs­system seines Computers, die Adresse der zuvor besuchten Seite oder sein Stand­ort.

Die moderne Büchse der Pandora

Diese Verfolgung des Surf­verhaltens heißt Tracking. Sie findet auf fast jeder Seite im Internet statt. Bei den Spionen handelt es sich oft um Werbenetz­werke, Daten­analysefirmen oder soziale Platt­formen. Über die Jahre häufen sie immense Daten­mengen an, aus denen sich umfang­reiche Persönlich­keits­profile erstellen lassen. Sie erlauben präzise Rück­schlüsse auf Interessen und Bedürf­nisse des Nutzers, seine finanzielle Lage, den Beziehungs­stand, gesundheitliche Probleme, politische Haltungen und sexuelle Präferenzen.

Firmen sammeln all diese Infos mithilfe von Trackern. Dabei handelt es sich um Software, die den Nutzer und sein Surf­verhalten genau beob­achtet. Es gibt einen Haupt­grund, weshalb die Betreiber von Internet­seiten fremden Firmen erlauben, auf ihren Portalen zu spionieren: Sie wollen mit dem Einblenden von Werbung Geld verdienen. Je pass­genauer Anzeigen werbender Firmen auf die individuellen Interessen und Vorlieben des Surfers zuge­schnitten sind, desto erfolg­versprechender ist die Werbung. Die akkurate Anpassung an den Nutzer funk­tioniert aber nur, wenn er umfassend ausgeforscht wird. Mal über­wachen ihn nur zwei Unternehmen auf einer Seite, mal sind es 30 oder 40.

Gegen Werbung im Netz ist an sich wenig einzuwenden: Sie ermöglicht, dass wir online kostenlos Musik hören, Videos sehen oder Nach­richten über den FC Bayern lesen können. Werbung finanziert viele Grati­sportale. Sport1 etwa muss Redak­teure und Techniker bezahlen, um die News über den FC Bayern an die Leser zu bringen.

Das Problem: Zur Personalisierung der Werbung werden Unmengen von Nutzer­daten abge­griffen. Der Surfer zahlt nicht mit Geld, sondern mit dem Verlust seiner Privatsphäre. Das Geschäft lohnt sich: Im Jahr 2015 sorgte Onlinewerbung welt­weit für rund 130 Milliarden Euro Umsatz.

Im Verborgenen

Der Surfer bemerkt im Normalfall kaum etwas vom Tracking. Irgend­wann hat ihm Sport1.de mal einen Hinweis zu den Cookies einge­blendet, die auf der Seite aktiv sind. Doch meist klicken Nutzer dann einfach schnell auf Okay. Kaum jemand liest die oft ellen­langen, komplizierten Erklärungen. Vom Ausmaß des Daten­hungers der Tracker haben viele Menschen daher kaum eine Vorstellung.

Wie die Verfolgung funk­tioniert

Die Tracker können Surfer häufig über mehrere Internet­browser und mehrere Geräte hinweg verfolgen - vom Smartphone über den PC bis hin zum Tablet. Die Verfolgung gelingt ihnen vor allem mit zwei Techniken: Cookies und Fingerprinting.

Cookies sind kleine, in Internet­seiten einge­bettete Dateien, die auto­matisch auf den Rechner des Nutzers über­tragen werden, sobald er eine Seite erst­mals aufruft. Sie weisen jedem Surfer eine individuelle Identifikations­nummer zu, um ihn bei späteren Besuchen oder auf anderen Seiten wieder­erkennen zu können. Cookies bleiben oft jahre­lang auf dem Computer.

Beim Fingerprinting speichern die Tracker einen digitalen „Finger­abdruck“ des Surfers. Sie erfassen etwa das Betriebs­system seines Rechners, die darauf installierten Schrift­arten, die Speicher­kapazität und die Auflösung des Displays. So erstellen sie ein möglichst individuelles Profil des verwendeten Geräts, um den Nutzer auch auf anderen Seiten identifizieren zu können.

Lang­samer durchs Netz

Tracking hat nicht nur auf die Privatsphäre negative Auswirkungen. Es senkt auch die Surf­geschwindig­keit: Zusätzlich zur Internetseite müssen zahlreiche Tracking-Elemente geladen werden, die folg­lich die Daten­menge erhöhen. Außerdem verwenden einige Tracking-Methoden Programmier­sprachen wie Javascript oder Flash, die als Einfalls­tore für Computerviren gelten.

Auf Bonität abge­klopft

Die Nutzer­daten dienen zwar primär, aber nicht ausschließ­lich zu Werbe­zwecken. Auch sogenannte Scoring-Unternehmen, die die Bonität von Verbrauchern bewerten, interes­sieren sich dafür. Ihre Urteile können zum Beispiel darüber entscheiden, ob jemand einen Kredit erhält oder nicht. Zusätzlich wäre auch Preis­diskriminierung möglich: Als zahlungs­kräftig einge­stufte Kunden könnten online für das gleiche Produkt mehr bezahlen müssen als andere Käufer, die als weniger wohl­habend gelten.

Viele solcher Scoring-Dienste sind kaum einem Verbraucher bekannt. Ihre Urteils­findung ist oft intrans­parent und es gibt keine Garantie, dass sie Nutzern Auskunft über die von ihnen erfassten Daten erteilen. Scoring-Firmen außer­halb der EU müssen sich nicht einmal an europäische Daten­schutz­bestimmungen halten.

Albtraum Daten­diebstahl

Das wohl beunruhigendste Szenario im Zusammen­hang mit Tracking ist ein Daten­diebstahl. Täter kann beispiels­weise ein frustrierter, neugieriger Mitarbeiter einer Trackingfirma sein – oder ein Hacker, dem es gelingt, die Server eines solchen Unter­nehmens zu knacken und die dort gespeicherten Nutzer­daten zu erbeuten.

Je nach Art der entwendeten Daten lässt sich alles Mögliche damit anfangen: Erpressung mit kompromittierenden Informationen etwa – oder eine Über­wachung täglicher Routinen, um den besten Zeit­punkt für Einbrüche zu bestimmen.

Bei den digitalen Eindringlingen kann es sich auch um staatliche Hacker handeln. Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden ist bekannt, dass Geheim­dienste Sicher­heits­lücken ausnutzen, um Bürger auszuspähen.

Die gute Nach­richt: Tracking lässt sich einschränken. Auf den folgenden Seiten steht, wie Surfer ihre Privatsphäre mithilfe von Tracking-Blockern schützen können.

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27 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • kanab am 09.03.2020 um 11:33 Uhr
    Wenn Sie den Privatsphäreschutz von Handys Prüfen

    bitte einen Blick auf FairEmail (sehr beeindruckender, voll konfigurierbarer Schutz!) und NetGuard desselben Entwicklers nicht vergessen. Mit letzterem kann ich endlich kostenfreie Spiele ohne Werbung spielen ...

  • FelixT1000 am 08.05.2019 um 11:49 Uhr
    Pi-hole sei erwähnt.

    Wer sein gesamtes Netzwerk auf einen Schlag von Werbung und Trackern befreien möchte, dem empfehle ich Pi-hole. Es werden keine Plugins benötigt. Daher funktioniert die Filterung neben PCs/Notebooks auch auf Smartphones, Tabletts, Smart TVs, Gäste-Geräte, Smarthome devices, usw. Werbefinanzierte Apps sind damit tatsächlich verwendbar. Es ist auch ganz interessant zu sehen, wer da noch so alles nach Hause funkt. (Dabei blicke ich dich scharf an, Logitech Harmony Hub!).

  • WolfgangJanke am 21.02.2018 um 11:43 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 07.02.2018 um 12:22 Uhr
    Was wird getrackt ?

    @13Frank: Das ist in der Tat erschreckend. In einer Hinsicht können wir Sie aber zumindest beruhigen: Die Tracker erfassen nicht die Inhalte Ihrer Mails. Sie erfassen "nur", dass Sie gerade die Seite von GMX verwenden. (SG)

  • 20FM19 am 05.02.2018 um 19:50 Uhr
    Tracking bei gmx

    Ich nutze seit einiger Zeit uBlock Origin.
    Es ist erschreckend: wenn ich in meinem Email-Konto von GMX eingeloggt bin und Mails durchgehe kommen schnell 100 blockierte Anfragen zusammen. Heißt das, selbst im persönlichen Account können Fremde zugreifen?