Für Tierschützer ist der 11. März 2013 ein Meilenstein: Seit diesem Stichtag gilt EU-weit ein generelles Verkaufsverbot für Kosmetikprodukte, die zuvor an Tieren erprobt wurden – und zwar auch dann, wenn die Tests außerhalb der EU durchgeführt wurden. Die Kosmetikhersteller weisen darauf hin, dass weiter an alternativen Testverfahren geforscht werden muss. Nur so könnten künftig alle Sicherheitsfragen auch ohne Tierversuche beantwortet werden.
40 Jahre Kampf gegen Tierversuche
Jahrzehntelang war es im Kosmetiksektor üblich, Experimente an Kleintieren wie Mäusen, Kaninchen oder Meerschweinchen durchzuführen. Die Tierversuche sollten absichern, dass bestimmte Inhaltsstoffe von Wimperntusche, Cremes & Co. verträglich und nicht gesundheitsschädlich sind. „Rund 40 Jahre hat unser Kampf gegen Tierversuche gedauert“, sagt Roman Kolar vom Deutschen Tierschutzbund. Jetzt ist sein Verband froh, ein endgültiges Verkaufsverbot erreicht zu haben. Der zuständige EU-Kommissar Tonio Borg erklärte, das Verbot entspreche der festen Überzeugung vieler europäischer Bürger, dass die Entwicklung von Kosmetika keine Tierversuche rechtfertigt. Die Verbrauchersicherheit sei dadurch nicht gefährdet, so die Stellungnahme des EU-Kommissars.
Schrittweise Abschaffung seit 2004
Das Verbot von Tierversuchen erfolgte schrittweise. Die EU gestand der Industrie Zeit zu, um alternative Testmethoden entwickeln zu können. Zunächst verbot sie im Jahr 2004 Tierversuche für das fertige kosmetische Endprodukt. 2009 folgte dann ein detaillierteres Verbot für Tierversuche an einzelnen kosmetischen Inhaltsstoffen. Hersteller behielten aber die Möglichkeit, die Tests außerhalb der EU durchführen zu lassen und dort eine Marktzulassung zu bekommen. Solche Kosmetika, die anderswo mit Tierversuchen in Berührung kamen, konnten weiterhin in Deutschland verkauft werden. Lange wurde deshalb um ein umfassendes Vermarktungsverbot gerungen. Im Januar 2013 signalisierte EU-Kommissar Borg, dass dieses Verbot ohne Ausnahmen im März 2013 in Kraft treten werde.
Auch Ausnahmen wurden gekippt
Verboten ist seit dem 11. März 2013 auch der Verkauf von Kosmetika, die zuvor in drei speziellen toxikologischen Tests an Tieren untersucht wurden. Mit diesen Tests prüften die Hersteller, ob sich Fremdsubstanzen negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Tiere auswirken, ob ihre wiederholte Verabreichung zu Schäden bei den Tieren führt und auf welchem Weg der tierische Organismus sie verarbeitet und weiter transportiert. „Bis heute gibt es dafür leider noch keine anerkannten Ersatzmethoden“, sagt Gilbert Schönfelder, Leiter der Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch am Bundesinstitut für Risikobewertung. Um beispielsweise Methoden im Bereich der Reproduktionstoxizität zu entwickeln, werde im Rahmen des EU-Projekts Seurat (Safety Evaluation Ultimately Replacing Animal Testing) seit Jahren aufwendig geforscht. Auch die deutschen Kosmetikhersteller monieren, dass das EU-Verbot diese Tatsache außer Acht lassen würde. Es bedürfe weiterer Forschung, heißt es in der Stellungnahme des Industrieverbands Körperpflege und Waschmittel.
Vorreiter gegen Tierversuche
Für die meisten europäischen Kosmetikhersteller beginnt jetzt nicht die Stunde Null. Sie forschen schon länger an Methoden, die Tierversuche überflüssig machen. Hautätzungsversuche können sie etwa an künstlichen Hautmodellen durchführen. Mehrere große Firmen beteiligen sich beispielsweise an der EU-Initiative EPAA (European Partnership for Alternative Approaches to Animal Testing) – einem Zusammenschluss der EU-Kommission, europäischer Handelsverbände und Unternehmen, die alternative Testverfahren voranbringen wollen. Daneben haben einzelne Kosmetikfirmen schon früh auf eigene Faust für ein Verbot von Tierversuchen gekämpft wie etwa die britische Kette The Body Shop.
Verbot gilt nur für Kosmetikbranche
Grundsätzlich abgeschafft sind Tierversuche aber nicht. Andere Bereiche als die Kosmetikbranche können weiter darauf zurückgreifen, etwa für bestimmte Inhaltsstoffe in Arzneimitteln. Auch führen andere wichtige Drittländer weiterhin Tierversuche für Kosmetika durch. In China ist das sogar gesetzlich vorgeschrieben.