
Straßenhund. Tun wir ihm wirklich einen Gefallen, wenn er später in einer Stadtwohnung leben muss? © Shutterstock
Einen ausländischen Straßenhund zu adoptieren, will gut vorbereitet sein. Hier lesen, worauf Sie achten müssen. Einfach mitnehmen geht nicht.
Alles neu für Othello
Windhund Othello aus Andalusien ist neu bei Petra Schönewald in Hagen angekommen. Als Pflegestelle für den Tierschutzverein Galgo-Hilfe setzt sich Schönewald vor allem für Windhunde aus Spanien ein: „Unsere Aufgabe ist es, den Hunden beizubringen, mit einer Familie in einem Haus zu leben. Die meisten kennen das nicht, sie sind manchmal nicht stubenrein und anfangs sehr verstört.“ Von Petra Schönewald und ihren vier eigenen Hunden lernen die „Neuen“, Vertrauen zu fassen. Ehemalige Straßenhunde aus Urlaubsländern haben oft Schreckliches erlebt. Die spanischen Galgos werden massenhaft gezüchtet. Am Ende der Jagdsaison oder wenn sie verletzt sind, werden sie zu Hunderten ausgesetzt, in Tötungsstationen abgegeben oder totgeschlagen.
Einpacken und mitnehmen geht nicht
Manchem Tierfreund bricht es schier das Herz – doch einen zugelaufenen Hund oder eine Katze am Urlaubsende einfach mitzunehmen, ist meist nicht möglich. Selbst für Reisen innerhalb der Europäischen Union müssen Tiere gechippt und geimpft sein und einen Ausweis haben. Wer die Regeln missachtet, riskiert, dass der Hund oder die Katze kostenpflichtig zurückgeschickt, für Monate in Quarantäne gesteckt oder sogar eingeschläfert wird. Bevor Dalmatiner Dian Dian von China nach München fliegen konnte, brauchte sein Besitzer Alfred Schlosser sogar mehrere Monate Vorbereitungszeit (Formalitäten bei der Einreise). Urlaubsreisende sind dafür normalerweise nicht lange genug im Land. „Eine Tierklinik mit Erfahrung in diesem Bereich und englischsprachigem Personal zu finden, war die größte Hürde“, meint er. Alfred Schlosser arbeitet in der Nähe von Shanghai. Im Dezember 2016 gesellte sich der Dalmatiner zu ihm: „Er lief mir über eine Stunde lang nach. Alle Versuche, den Besitzer ausfindig zu machen, verpufften. Ich meine, der Hund hat mich ausgesucht, nicht ich ihn.“ Schnell war klar: Dian Dian soll zur Familie nach Bayern umziehen.
Angekommen – nach 15 Stunden Flug
Mit einem Mikrochip kennzeichnen, Impfen, Blutentnahme, Ausfüllen der Zolldokumente für die Blutprobe, Abschlussuntersuchung und elektronischer Antrag auf das „Animal Health Certificate“ beim Zoll vor Abflug – alles lief reibungslos. Währenddessen gewöhnte sich Dian Dian an die Transportbox, in der er während des 15-stündigen Flugs reisen musste. Inzwischen ist er wohlbehalten im neuen Zuhause angekommen. Dank der akribischen Vorbereitung dauerte die Zollprozedur am Münchner Flughafen nur fünf Minuten.
Vereine helfen bei der Ausreise
Wer sich im Ausland in ein Tier verliebt und sich eine solche Aktion nicht zutraut, kann sich helfen lassen: Tierschutzvereine im Ausland nehmen Fundtiere auf und bereiten sie für die Ausreise vor. Dr. Heidi Bernauer-Münz von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz sagt: „Oft fliegen die Leute dann einige Wochen später noch mal hin und holen sich ihren Hund ab.“ Die Galgo-Hilfe beispielsweise kooperiert in Andalusien mit einem Tierheim, in dem die Hunde tierärztlich betreut, kastriert, gechippt und geimpft werden. Neben den großen Galgos sind auch Mischlinge dabei oder kleinere Hunde wie die Bodeguero-Hündin, die mit Othello nach Hagen kam. Sie hat schon ein neues Zuhause gefunden. In Pflegestellen können Interessenten sich beraten lassen, wenn sie einen Hund adoptieren wollen. Bei Fragen oder Problemen helfen erfahrene Vereinsmitglieder. Petra Schönewald macht auch Kontrollbesuche. „Es ist schon vorgekommen, dass wir Leute abgelehnt haben, etwa weil sie in Bezug auf ihre Wohnsituation gelogen hatten“, sagt sie. „Wir wollen, dass unsere Hunde einen Platz für immer finden.“
Was sich Tierhalter überlegen sollten
Die neuen Besitzer sollten wissen, worauf sie sich für die nächsten 10 bis 15 Jahre einlassen. Galgos haben zum Beispiel oft ein ausgeprägtes Jagdverhalten und dürfen nicht ohne Leine raus. Die schnellen Sprinter sind eher nichts für die Stadtwohnung. Sie wollen sich austoben: Der Gartenzaun muss deshalb 1,80 Meter hoch sein. Finanziell müssen Hundehalter je nach Größe und Alter etwa 100 Euro im Monat für Futter und Tierarztkosten einplanen. Kranke oder verletzte Tiere werden um ein Vielfaches teurer, da sie nicht nur Zeit und Liebe, sondern auch Medikamente, Operationen und manchmal Spezialfutter brauchen. Damit kommt mancher frischgebackene Tierhalter nicht klar. „Leider werden regelmäßig Hunde und Katzen aus dem Auslandstierschutz bei uns abgegeben, die Zahlen steigen massiv“, beklagt Annette Rost, Pressesprecherin des Tierschutzvereins Berlin. Die Ursachen aus ihrer Sicht: „Es fehlen oft Vorkenntnisse der zukünftigen Halter. Sie werden mit den ehemaligen Straßenhunden allein gelassen und fühlen sich schnell überfordert.“ Manchmal passen auch die Voraussetzungen nicht, sagt sie. „Zum Beispiel werden Hunde an Leute vermittelt, die in der 3. Etage wohnen. Plötzlich stellt sich heraus, dass der Hund Hüftprobleme hat und die Treppe nicht steigen kann.“
Unseriöse Tiervermittler erkennen
Neben echten Tierschützern gibt es Vermittler, die das Mitleid von Tierfreunden ausnutzen, um Geld zu verdienen. Das ist oft verbunden mit brutalen Transportbedingungen oder sogar mit der Zucht von Hunden extra zu diesem Zweck. Interessenten sollten auf Indizien achten, die für unseriöse Praktiken sprechen.
Kennenlernen. Seriöse Vereine machen Vorkontrollen und klären mit den zukünftigen Haltern, wie sie wohnen, ob es weitere Tiere oder Kinder gibt, ob sie Erfahrungen mit der jeweiligen Rasse haben und welche Erwartungen sie an das Zusammenleben mit dem vierbeinigen Mitbewohner stellen. Mensch und Tier haben die Gelegenheit, sich kennenzulernen. Bis das passende Zuhause gefunden ist, wird der Hund oder die Katze in einer Pflegestelle betreut.
Tierschutz vor Ort. Seriöse Vereine betreiben Heime im Ausland und arbeiten mit Tierärzten zusammen, kastrieren und chippen Hunde und Katzen und machen Aufklärungsarbeit und Impfkampagnen. Ein gutes Zeichen ist, wenn ein Verein seit Jahren mit Tierschützern vor Ort kooperiert und transparent und aktuell über seine Projekte informiert. Wohin Spenden fließen, belegen Vereine im Jahresbericht.
Papiere. Die Vereine legen alle erforderlichen Papiere vor (Formalitäten bei der Einreise).
Jungtiere. Wenn übers Internet überwiegend Welpen und kaum ältere Hunde angeboten werden, deutet das auf unseriösen Handel hin.
Horrorgeschichten. Wird das Leid der Tiere im Internet besonders drastisch und mitleiderregend dargestellt oder zur Eile gedrängt, um Tiere vor dem Tod zu retten, sollte man ebenfalls misstrauisch sein.
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Besuch mal eine Tötungsstation in Spanien!!
Nur mal zu Erinnerung, JA es ist schrecklich die Tiere im Urlaub leiden zu sehen und JA es ist bestimmt gut gemeint, diese dann mit nach Deutschland zu bringen und sich um sie zu kümmern, aber man sollte bei all dem bitte nicht vergessen, dass auch in Deutschland die Tierheime gut gefüllt sind und auch hier genug arme Tiere leben, denen man ein gutes neues Zuhause gönnen kann.