
© Shutterstock, StockFood / Desgrieux (M)
Quecksilber und andere Schadstoffe belasten die Meere und Fische. Wir haben 20 Thunfisch-Konserven und tiefgekühlte Steaks geprüft. 18 Produkte sind okay.
Testergebnisse für 20 Thunfisch 09/2016
Die kleinste Art füllt die meisten Dosen: der Echte Bonito, auch Katsuwonus pelamis oder Skipjack genannt. Umweltschützer bewerten seine Bestände vor allem im Westpazifik als gesund: also von Südostasien bis Neuseeland. Dort geht es auch dem Gelbflossenthun gut, den Feinschmecker bevorzugen. Thunfisch steht in Deutschland auf Platz vier der beliebtesten Speisefische: nach Alaska-Seelachs, Hering und Lachs. Etwa acht Dosen Thunfisch gönnt sich jeder Bürger im Schnitt pro Jahr.
Die Raubfische schwärmen durch die warmen und gemäßigten Zonen aller Ozeane. Sie können viel giftiges Quecksilber aus erbeuteten Fischen aufnehmen – es reichert sich erst in Plankton an, dann in planktonfressendem Fisch. Die Konzentration des Metalls habe sich in einigen Regionen seit der Industrialisierung fast verdreifacht, schrieben US-Forscher 2014 im Magazin Nature.
Ist der Thunfisch im Handel mit Quecksilber und anderen kritischen Stoffen belastet? Wir schickten Konserven sowie Tiefkühl-Thunfisch zum Check ins Labor. 18 der 20 Produkte können Verbraucher bedenkenlos essen, 2 sind wegen hoher Mineralölgehalte mit Vorsicht zu genießen.
Kein Risiko durch Quecksilber
Zu viel Quecksilber kann das Nervensystem schädigen, vor allem bei Ungeborenen und Babys. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät daher Schwangeren und Stillenden, „vorsorglich den Verzehr von Thunfisch einzuschränken“. Der Grund: Selten, aber hin und wieder stoßen Lebensmittelkontrolleure auf Thunfisch mit bedenklich viel Quecksilber. Der stammt oft von alten Tieren, die im Lauf ihres bis zu 15 Jahre langen Lebens reichlich Quecksilber angereichert haben. Heute verarbeitet die Industrie eher junge Thunfische.
Wir fanden Quecksilber zwar in jeder Probe, aber nicht in hohen Gehalten. Alle liegen weit unter dem EU-Grenzwert von 1 Milligramm je Kilogramm Thunfisch. Der Grenzwert ist großzügiger bemessen als für andere Fischarten. Die dürfen maximal halb so viel Quecksilber aufweisen. Doch auch dieses Limit unterschreitet jede Probe im Test. Die Produkte mit dem meisten Quecksilber – Followfish, Deutsche See und Rewe – enthalten etwa ein Drittel des erlaubten Grenzwerts. Selbst Schwangere und Stillende könnten diese und alle anderen Produkte unserer Testauswahl essen.
Zwei Dosen mit kritischen Mineralölen
Bedenkliche Konzentrationen an Mineralölen, darunter auch möglicherweise krebserregende Verbindungen, fanden wir in den Konserven von Fontaine und Pan do Mar aus dem Biohandel. Die eine enthielt Thunfisch mit Bio-Sonnenblumen-, die andere mit Bio-Olivenöl. Die kritischen Mineralöle können aus verunreinigten Speiseölen oder aus dem Verarbeitungsprozess in das Produkt gelangt sein.
Vor allem in Konserven mit raffiniertem, also nicht kaltgepresstem Öl, wiesen wir Schadstoffe nach, die bei der Raffination von Speiseölen entstehen. Dazu gehören 3-MCPD- und Glycidyl-Ester. Vermeiden lassen sie sich bislang nicht, aber verringern. Sobald die beiden Schadstoffe im Körper verdaut sind, könnten sie krebserregend sein. Das Bundesinstitut für Risikobewertung schätzt das Risiko durch 3-MCPD-Ester geringer ein als das durch Glycidyl-Ester. Eine Gesundheitsgefahr bergen selbst die drei am höchsten mit diesen Stoffen belasteten Produkte im Test nicht. Daher lautet das Gruppenurteil für Vier Diamanten, Saupiquet in Sonnenblumenöl und K-Classic von Kaufland befriedigend.
Roter Thun stark gefährdet
Der Mensch setzt dem Thunfisch nicht nur durch Schadstoffe zu, sondern auch durch übermäßige Fischerei. Der Rote Thun aus dem Mittelmeer etwa – mit bis zu 4,5 Meter Länge das größte Familienmitglied – gilt als bedroht und unbezahlbar. Bei anderen Arten ist die Lage differenzierter.
Für Deutschland bewerten drei Institutionen die Daten der Thunfischbestände und Fangmethoden: Das Thünen-Institut für Seefischerei, eine Forschungseinrichtung des Bundes, leitet Ratschläge für die Politik ab. Die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace erstellen Einkaufsratgeber für Verbraucher. Ohne die Ratgeber ist es für Konsumenten schwierig, nachhaltig gefangenen Thunfisch im Handel zu erkennen. Auf den Packungen stehen zwar der wissenschaftliche Name der Fischart, Fanggebiet und -geräte, aber es bleiben Fragen: Ist der Pazifik ein gutes Fanggebiet? Was sind Ringwaden?
Tipp: Antworten geben die Einkaufsratgeber von WWF und Greenpeace online auf wwf.de und greenpeace.de. Wir haben ihre Empfehlungen mit den Angaben auf den geprüften Produkten verglichen. Welchen Thunfisch Sie demnach mit gutem Gewissen kaufen können, lesen Sie im Unterartikel Nachhaltigkeit. Auch in unserem Special Ratgeber Fisch finden Sie Tipps für den nachhaltigen Einkauf.
Ideen für die Zubereitung
Der kräftig-deftige Fisch eignet sich für viele Gerichte. Thunfisch aus der Dose gehört in einen klassischen Nizza-Salat – neben Eiern und Zwiebeln. Er schmeckt pur auf Brot, lässt sich aber auch mit Frischkäse und Schnittlauch zu einem Aufstrich pürieren. Feinschmecker schwärmen von gebratenen Thunfischsteaks. Tiefrot und kaum nach Fisch schmeckend erinnern sie an Rindfleisch. Auch vom Grill machen sich Thunfischwürfel am Spieß gut.
-
- Fisch ist gesund, aber Überfischung und Klimawandel bedrohen die Bestände. Welche Arten können Fischfans guten Gewissens essen? Worauf sollten sie beim Einkauf achten?
-
- Anfangsmilch soll das Baby rundum versorgen. Die meisten Pre-Nahrungen im Test der Stiftung Warentest sind erfreulich gut – aber nicht jedes Markenprodukt.
-
- Sushi gilt als gesund: Die mit Klebereis, Gemüse, Fisch und Algenblättern zubereiteten Happen liefern wertvolle Fettsäuren und sind oft kalorienarm. Doch die...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Sie gehen also davon aus dass die Grenzwerte sich rein am Verbraucherschutz und nicht auch an wirtschaftlichen Erwägungen orientieren? Sorry da sind sie aber reichlich naiv. Ja, ich finde es gut wenn Stiftung Warentest strengere Grenzwerte zu Grunde legt. Und zum konkreten Fall: Klar haben Verbraucher - zurecht - höhere Anforderungen als an konventionelle Produkte.
Meiner Meinung sind die Lebensmitteltests, wie die Stiftung Warentest sie macht, bestimmt interessant aus wissenschaftlicher Sicht, für den Verbraucher aber sind sie weitestgehend nutzlos, da es sich um Zeitpunkttests handelt. Es werden also die Chargen getestet, die im Einkaufszeitraum am Markt sind. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dürfte in der Regel von diesen Chargen so gut wie nichts mehr in den Geschäften zu finden sein, auf andere Chargen, als die getesteten, sind die Ergebnisse aber nicht übertragbar, bei erneuten Tests könnten sich sogar völlig abweichende Ergebnisse gegenüber den veröffentlichten ergeben. Leider werden die Chargennummern von der Stiftung Warentest, vor Freischaltung des Artikels, in der Liste der getesteten Produkte nicht genannt.
@shui: Wir haben den Fokus in unserer Untersuchung auf Schadstoffe in Thunfisch auf den relevantesten Schadstoff, das Quecksilber, gerichtet.
Bezüglich des Reaktorunglücks in Fokushima geht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nach Sichtung der bisherigen Datenlage davon aus, dass für den Menschen keine Gefahr durch den Verzehr von Fisch oder Meeresfrüchten aus den pazifischen Fanggebieten besteht:
http://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/02_UnerwuenschteStoffeOrganismen/06_Radioaktivitaet/01_Fukushima/lm_Fukushima_node.html
Lesen Sie bitte auch auf den Seiten der Verbraucherzentrale Hamburg mehr zu diesem Thema:
http://www.vzhh.de/ernaehrung/112918/radioaktivitaet-in-lebensmitteln.aspx (PF)
@RonWolfsohn; Bonitas; noksch: Die Marktanteile von Thunfisch in Öl und in eigenem Aufguss sind in etwa gleich. Wir haben deshalb Thunfisch in Öl ausgewählt, weil wir neben dem Fisch selbst auch das Öl als mögliche Quelle für Schadstoffe untersuchen wollten. Wir fahndeten nach kritischen Mineralölen sowie nach 3-MCPD- und Glycidyl-Ester, die bei der Raffination von Speiseölen entstehen können. Dabei spielte es für die Testauswahl keine Rolle, ob es sich um Sonnenblumen- oder Olivenöl handelte.
Zu umfangreich und kostenintensiv wäre es, beide Marktsegmente zu untersuchen. Exemplarisch haben wir noch einige tiefgekühlte Thunfischsteaks hinzugenommen. (PF)