
Nach der Insolvenzanmeldung der TaM, die das Theater am Marientor in Duisburg betreibt, ist die für November 2019 geplante Aufführung des Musicals Wallace erst einmal abgesagt. © FUNKE Foto Services / Stefan Arend
Die TaM Betriebsgesellschaft mbH hat Ende Oktober einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Sie betrieb das Tehater am Marientor in Duisburg. Finanztest hatte bereits Anfang 2017 bezweifelt, dass es sich dabei um ein „gewinnbringendes Flaggschiff“ für Anleger der Liechtensteiner Autark Invest AG handelt. Wie berichtet, hatte die Autark Invest AG dies immer wieder gegenüber den rund 3 600 Anlegern behauptet. Chef der inzwischen liquidierten Autark Invest AG war der wegen dubioser Finanzgeschäfte vorbestrafte Stefan Kühn.
Anleger wurden von Anfang an belogen
Die Insolvenzanmeldung des Theaters ist ein weiteres Indiz dafür, dass Anleger der Autark-Gruppe ihr Geld nicht wiedersehen werden. Ihnen waren für Nachrangdarlehen jährliche Zinsen von bis zu 7,5 Prozent bei Laufzeiten von bis zu 30 Jahren angeboten worden. Insgesamt sollen Anleger rund 50 Millionen Euro eingezahlt haben.
Nachdem Anleger in einem Ende 2016 verschickten Brief bereits über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Autark-Gruppe belogen worden waren, hatte Finanztest Anlegern Anfang 2017 empfohlen, alle Einzahlungen zu stoppen. In dem Brief wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen über den Verbleib von Anlegergeldern in zweistelliger Millionenhöhe – genauso wie die Insolvenz des angeblichen Erfolgsunternehmen Autark Digital GmbH in Hamburg – verschwiegen. Stattdessen war von „überaus erfreulichen Geschäftsergebnissen“ die Rede, wozu auch das „Flaggschiff“ Theater am Marientor gehören sollte. Fragen nach der Höhe der Gewinne des Theater beantwortete die damalige Theaterchefin und Ehefrau von Stefan Kühn, Sabine Kühn, nicht.
Theater wurde hinter dem Rücken der Anleger verkauft
Auch veranlasste Kühn als Boss der Autark, dass das „gewinnbringende Flaggschiff“ hinter dem Rücken der Anleger an eine von ihm mitbegründete Inco Genossenschaft verkauft wurde, die von seinem guten Bekannten und ehemals für die Autark-Gruppe tätigen Grischa Pietsch geleitet wurde. Weiter war der für die Autark Invest AG tätige Rechtsanwalt Jens Walter Aufsichtsratsvorsitzender der Inco Genossenschaft. Auch soll der Wert des Theaters, das von Kühn für rund 3 Millionen Euro gekauft wurde, auf 30 Millionen Euro hoch gesetzt worden sein. Der Kaufpreis für das Theater sollte die Inco in Raten an eine vom damaligen Autark-Boss-Kühn initiierte Gesellschaft namens Rahl überweisen. Damit wurde das Geld der Autark Invest AG entzogen. Im Sommer 2018 ließ die Staatsanwaltschaft Dortmund 40 Objekte der Autark-Gruppe – darunter auch die Rahl – wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs und der Untreue gegen Autark Invest -Boss Stefan Kühn durchsuchen (Autark: Wo sind die Millionen?)
Liechtenstein hatte bereits Sicherungsgebot erlassen
Übel ist auch, dass der Verkauf der Anteile an die Inco Genossenschaft stattfand, als das Fürstliche Landgericht in Liechtenstein bereits ein Sicherungsgebot gegen die Autark Invest AG und die Quantum Capital Advisors Ltd. wegen einer Forderung ihn Höhe von über 6 Millionen Euro erlassen hatte. Laut Gericht ist die Quantum Capital Advisors Ltd., deren Aktionärin die Autark Invest AG war, Alleingesellschafterin der TaM Betriebsgesellschaft. Weiter geht aus den Liechtensteiner Ermittlungsakten hervor, dass Stefan Kühn zu diesem Zeitpunkt bereits Anlegergelder der Autark zweckentfremdet und für private Zwecke verwendet haben soll. Gegenüber Anlegern wurde diese Situation verschleiert. Zuletzt bot man ihnen an, ihre Nachrangdarlehen in angeblich lukrative Aktien einer Autark-Entertainment Group AG umzutauschen. Tatsächlich hat die Autark Entertainment Group AG, wo wiederum Stefan Kühn Vorstand ist, gar keinen von der Bundesanstalt für Finanzaufsicht zugelassenen Börsenprospekt. Auch wissen die meisten Anleger wohl nicht, dass Stefan Kühn, der früher Koschate hieß, bereits in der Schweiz und in Deutschland wegen dubioser Finanzgeschäfte im Gefängnis gesessen hatte.
Aufführung des Musicals Wallace vorerst abgesagt
Die Autark Entertainment Group AG sollte laut Kühn unter anderem mit dem „Ticketing“für das Theater am Marientor Gewinne erwirtschaften. Das hat aber nicht funktioniert. Aktuell ist zunächst die für Mitte November geplante Aufführung des Musicals Wallace im Theater am Marientor abgesagt worden. Wie es danach weiter geht, wird der vorläufige Insolvenzverwalter Nikolaos Antoniadis entscheiden müssen.
Kampf zweier Anlagehaie
Trotz alledem scheut sich Kühn nicht, für die Insolvenz des Theaters andere verantwortlich zu machen. So verweist er auf seine Auseinandersetzung mit dem ebenfalls wegen dubioser Finanzgeschäfte gesuchten Rainer von Holst, der sich dem Zugriff der Justiz durch Flucht in die USA entzogen hat (Von Holst Anlageskandal). Dieser habe mit Negativberichten in seinem dubiosen Onlinedienst Gerlachreport dafür gesorgt, dass Investoren für das Theater am Marientor abgeschreckt worden seien.
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