Böse Überraschung für all jene, die Opfer von überteuerten Abschleppfirmen geworden sind: Sie bekommen von Unternehmen wie der Parkräume KG kein Geld zurück. Sie müssen sich an die Grundstücksbesitzer halten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem heute veröffentlichten Urteil entschieden. test.de erklärt die Hintergründe.
Auto zurück – erst bei Zahlung
Da wittert mancher Unternehmer das große Geschäft: Unternehmen wie die Parkräume KG bieten Besitzern von Privatgrundstücken an, sich für sie kostenlos um Falschparker auf deren Grundstücken zu kümmern. Besonders Supermärkte und große Immobilienunternehmen lassen sich darauf gern ein. Taucht dann ein Falschparker auf, lassen die Parkplatzwächter ihn abschleppen. Wo der Wagen steht, erfährt der Besitzer erst, wenn er die meist horrend hohe Rechnung gezahlt hat.
Horrend hohe Rechnungen
So ist die Rechtslage: Grundstücksbesitzer dürfen Falschparker abschleppen lassen und die Rückgabe des Autos verweigern, bis der Falschparker das Abschleppen bezahlt hat. Allerdings: Die Betroffenen müssen nur die Kosten fürs Abschleppen und die Vorbereitung dazu bezahlen. Das sind nach Schätzungen von Insidern Beträge von allenfalls 100 Euro. Doch die Parkräume KG kassiert weit mehr: Im Fall, den der Bundesgerichtshof jetzt zu entscheiden hatte, waren zum Beispiel exakt 261,21 Euro fällig.
Streit um die Rückzahlung
Zu viel gezahltes Geld können Betroffene zurückfordern. Bislang hielten sie sich dabei bisher immer an das Unternehmen, an das sie zuvor gezahlt hatten. Auf den ersten Blick eine klare Sache – und so hatten im aktuellen Fall auch das Berliner Amts- und das Landgericht die Parkräume KG verurteilt, 130,31 Euro an den betroffenen Autobesitzer zu erstatten. Nun aber meint der BGH: Zu Unrecht. Ansprechpartner für Rückforderungen ist nach dem Richterspruch allein der Grundstücksbesitzer. Schließlich habe er das Abschleppunternehmen beauftragt und konnte anhand der Rahmenverträge auch erkennen, dass Rückforderungen auf ihn zukommen können, argumentierten die Bundesrichter.
Grundstücksbesitzer sind alarmiert
Kurios: Die Parkräume KG hatte zwar die Abweisung der Klage beantragt, aber nicht aus diesem Grund. Sie vertrat vielmehr die Auffassung, dass ihr die gesamten 261,21 Euro zustehen. Dass womöglich nicht sie, sondern der Grundstücksbesitzer auf Rückzahlung haftet, wollte das Unternehmen gar nicht erörtert wissen. Doch obwohl das auch der Kläger so akzeptierte, ließen die Bundesrichter nicht mit sich reden. Diese Frage sei von Gesetzes wegen ohne Rücksicht auf die Interessen der Parteien zu klären, beschieden sie die Parkräume KG. Hintergrund: Die Grundstücksbesitzer zahlen zwar nichts. Sie sind aber die wichtigsten Kunden des Unternehmens. Wenn diese jetzt für überzogene Rechnungen der Parkräume KG haften, werden sie womöglich die Verträge mit dem Unternehmen nicht verlängern oder sogar kündigen. Steffi Pianka, Sprecherin der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WBM), kündigte bereits an, das Urteil zu prüfen und über Konsequenzen nachzudenken. Im BGH-Fall hatte ein Tochterunternehmen der WBM die Parkräume KG eingeschaltet und wird jetzt wohl die vom Kläger geforderten 130,21 Euro zahlen müssen.
Abgeschleppter trägt Prozesskosten
Ärgerlich für den überteuert Abgeschleppten: Er bekommt seine 130,31 Euro zwar wohl noch zurück, muss jetzt aber schätzungsweise rund 1 000 Euro für den erfolglosen Prozess gegen die Parkräume KG zahlen. Schon einmal hatte ein Opfer der Parkräume KG aus Berlin den Rechtsstreit über alle Instanzen hinweg verloren, obwohl das Unternehmen mehr Geld forderte als ihm zustand. Hintergrund und Tipps für Betroffene liefert die umfangreiche Meldung Abgeschleppt – Auto monatelang versteckt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.07.2012
Aktenzeichen: V ZR 268/11
[Update 17.09.2012] Die WBM wird die Parkraumbewirtschaftung neu ausschreiben. „Wir wollen das auf eine solide Basis stellen“, erklärte Sprecherin Steffi Pianka.
[Update 04.01.2013] Die WBM hat Ihre Ausschreibung für solide Parkraumbewirtschaftung inzwischen gestartet. Bemerkenswert: Das Unternehmen sucht nur nach Abschleppunternehmern. Die Kontrolle der Grundstücke ist nicht ausgeschrieben. Den Zuschlag soll bekommen, wer unberechtigt parkende Autos am günstigsten abschleppt.