
© Dorothee Mahnkopf / DieKleinert.de
Selbstentworfene Testamente sind meist voller Fehler. Dienste im Internet versprechen günstig Abhilfe. Unser Test zeigt: Drei von fünf liefern rechtssichere Vorlagen.
freischalten
Testergebnisse für 5 LegalTech / Online-Testament 09/2018„Günstiger und schneller als der Anwalt.“ So und ähnlich klingen Werbeversprechen von Onlinediensten, bei denen Nutzer innerhalb kürzester Zeit ihr Testament – und andere Rechtsdokumente – selbst erstellen können. Wir wollten wissen, was die Portale leisten, und haben sie mit drei Beispielfällen aus dem Erbrecht getestet.
Das Ergebnis unseres Tests von fünf Anbietern: Das Portal Schwantestament lieferte überhaupt kein Testament, DasRecht kein brauchbares. Anders bei Afilio, Smartlaw und Janolaw (zu den Testergebnissen Online-Testament). Ihre Dokumente waren rechtssicher.
Rechtssicher heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass das Testament auch das ist, was ein Nutzer in seiner konkreten Situation braucht. Unser Test zeigte: Fehlende Rückfragen durch die Portale können dazu führen, dass jemand ein Dokument mit unliebsamen Folgen erstellt – ohne das zu wissen.
Unser Rat
- Testament.
- Mit einem Testament haben Sie die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wie Ihr Vermögen nach Ihrem Tod verteilt werden soll. Verfassen Sie keins, gilt die gesetzliche Erbfolge, die nicht immer passt. Verschaffen Sie sich zunächst einen detaillierten Überblick über Ihr Vermögen und Ihre Verbindlichkeiten. Überlegen Sie, wer etwas erhalten soll und wer nicht. Bedenken Sie: Enterbte nahe Angehörige haben Anspruch auf einen Pflichtteil.
- Onlinedienste.
- Sie müssen Ihren letzten Willen von Anfang bis Ende handschriftlich und eigenhändig schreiben. Formulieren Sie im Testament klar und deutlich, wer was bekommen soll. Die Onlinedienste Afilio, Smartlaw und Janolaw erstellen günstig Vorlagen, die Ihnen dabei helfen können. Einfach nur abschreiben sollten Sie sie nicht. Als Einstieg ins Thema sind die Portale aber nützlich. Mit den digitalen Fragebögen, Ratgeberseiten und Hinweisen können Sie sich einen Überblick verschaffen, was Sie selbst regeln können und wie.
- Beratung.
- Haben Sie eine Patchworkfamilie oder ein sehr großes Vermögen, gehen Sie zu einem Notar oder Fachanwalt für Erbrecht.
Wie die Portale funktionieren
Wir haben uns vor allem den Prozess angeschaut, den die Nutzer beim Erstellen einer Testamentsvorlage durchlaufen. Welche Fragen werden ihnen gestellt, welche Eingabemöglichkeiten haben sie? Bekommen sie ausreichende Hinweise, wenn sie falsche Vorstellungen davon haben, was rechtlich in einem Testament möglich ist?
Die Nutzer werden auf den Onlineportalen durch digitale Fragebögen geführt. Sie legen etwa fest, wer als Erben eingesetzt wird, ob jemand ein Vermächtnis erhalten oder ob ein Testamentsvollstrecker den Nachlass verwalten soll.
Über rechtliche Fragen informierten Afilio und Smartlaw am besten. Afilio machte dies am verständlichsten. Alle fünf Onlinedienste helfen juristischen Laien mit eingeblendeten Hinweisen und Erklärungen. Bei DasRecht und Schwantestament liefen zum Zeitpunkt unserer Untersuchung auch Erklärvideos.
Hat der Nutzer alle Eingaben gemacht, spuckt das Portal das fertige Dokument aus – automatisch zusammengesetzt aus Textbausteinen. Dieses kann aber aufgrund der strengen formalen Vorschriften des Erbrechts allenfalls als Vorlage dienen: Wer ein Testament verfasst, muss es leserlich mit Hand abschreiben und unterzeichnen. Ein unterschriebener Ausdruck eines online erzeugten Testaments ist unwirksam. Darauf wiesen alle Anbieter im Laufe des Erstellprozesses oder in der Testamentsvorlage ausdrücklich hin.
Weniger als hundert Euro
Onlinetestamente sind günstig: Einzel- und Ehegattentestamente gibt es kostenlos oder für bis zu 95 Euro.
Beim Notar dagegen spielt die Höhe des Nachlasses eine Rolle: Bei einem Wert von 10 000 Euro nimmt ein Notar für ein von ihm beurkundetes Einzeltestament 75 Euro, für ein Ehegattentestament 150 Euro plus Auslagen und Umsatzsteuer. Bei einem Nachlasswert von 100 000 Euro kostet ein Einzeltestament 273 Euro, ein gemeinschaftliches 546 Euro plus Auslagen und Umsatzsteuer.
Bei komplexen Fällen zum Profi
Es gibt Familienkonstellationen, bei denen ein Notar oder Fachanwalt für Erbrecht sinnvoll ist. Das gilt besonders, wenn größere Werte vererbt werden und erbschaftssteuerliche Fragen zu klären oder die Familienverhältnisse komplex sind, beispielsweise wenn der Erblasser Kinder aus mehreren Ehen hat. Unverheiratete, die sich gegenseitig absichern wollen, sollten einen Erbvertrag machen. Das geht nur beim Notar.
Auch Erbfälle mit Auslandsbezug gehören auf den Tisch eines Experten, ebenso Fälle, in denen der Nachlass eine Firma betrifft.
Versprochen wird Hilfe nach Maß
Viele Werbeversprechen der Anbieter erweckten den Anschein, sie hätten für jeden Nutzer die passende Lösung parat. Beim Anbieter DasRecht fanden wir zum Beispiel: „Patchworkfamilien. Bei uns bekommen Sie kein billiges Standardformular: Die Formulierungen unserer Anwälte bilden die Lebenswirklichkeit moderner Familien ab.“ Smartlaw schreibt etwa: „Wie bei einem Anwalt erhalten Sie ein für Sie optimales Dokument.“
Solche Versprechen können die Anbieter nicht einlösen. Wir sehen die Werbung kritisch, haben sie aber nicht in die Bewertung einbezogen. Bewertet haben wir allerdings im Prüfpunkt „Transparenz“, ob die Dienste klar darüber informieren, für welche Fälle ein Onlinetestament geeignet ist und für welche nicht. Sie mussten außerdem eindeutig darauf hinweisen, dass sie beim Erstellen des Onlinetestaments keine individuelle Rechtsberatung bieten.
Den zweiten Punkt erfüllten fast alle, doch fast immer fehlten klare Informationen, für wen sich ein Onlinetestament eignet. Die „Transparenz“ war deshalb in keinem Fall sehr gut. Janolaw schnitt hier am schlechtesten ab. Afilio und Smartlaw haben inzwischen nach eigenen Angaben Änderungen vorgenommen. Afilio nennt nun konkret Personen, die besser zum Anwalt gehen.
Ein persönliches Gespräch mit einem Anwalt oder Notar nimmt immer einen anderen Verlauf als ein Fragebogen im Internet. Die Beratung durch einen Juristen hat außerdem den Vorteil, dass dieser fragt, worauf sein Mandant selbst nicht kommt, und Fehlvorstellungen gerade rückt.
Testfall zeigt Grenzen auf
Die Grenzen der Onlinedienste zeigt einer unserer Testfälle besonders gut. Ein Ehepaar um die 70 möchte sein Testament machen. Die beiden haben zwei Söhne, die sie nicht als Erben für ihr Haus einsetzen wollen. Sie möchten ihren beiden Enkeln alles vermachen.
Klar ist: Ein Testament ist hier sinnvoll. Die Eheleute sollten unbedingt ihren Nachlass regeln, ansonsten gilt die gesetzliche Erbfolge. Dann würden beim Tod des ersten Elternteils der überlebende Ehegatte und die Söhne erben und sich das Haus teilen müssen, beim Tod des zweiten Elternteils die Söhne allein. Es würde das eintreten, was das Ehepaar nicht möchte: Ihr Vermögen würde auf ihre Kinder übergehen, die Enkel gingen leer aus.
Problem: Pflichtteile der Kinder
Damit der überlebende Partner das Eigenheim behalten kann, müssen sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzen und verfügen, dass die Enkel erst erben, wenn beide tot sind. So werden die Söhne keine Erben. Doch wenn das Ehepaar mit einem der Anbieter aus dem Test so sein Testament macht, übersehen die beiden womöglich einen wichtigen Punkt: Die enterbten Söhne haben per Gesetz einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses – den sogenannten Pflichtteil.
Das kann besonders beim Immobilienerbe zu Problemen führen: Stirbt etwa die Ehefrau zuerst, erhält ihr Mann zwar ihre Haushälfte allein, die Söhne können aber ihre Pflichtteile fordern. Bei einem Wert des Eigenheims von 600 000 Euro wären das jeweils 37 500 Euro.
Der Vater müsste diese Beträge an die Söhne auszahlen. Im schlimmsten Fall müsste er dafür das Haus verkaufen.
Die Onlinedienste weisen zwar allgemein auf das Pflichtteilsrecht gesetzlicher Erben hin, stellen aber keinen Bezug zum Einzelfall her. Teilweise waren die Erklärungen sogar verwirrend. Smartlaw und Janolaw setzten zu viele Vorkenntnisse voraus. Sie erläuterten Sachverhalte aus dem Pflichtteilsrecht, ohne dem Nutzer davor zu erklären, was der Pflichtteil überhaupt ist. Dafür gab es Abzüge im Urteil über den Erstellprozess.
Notar klärt wichtige Detailfragen

© Dorothee Mahnkopf / DieKleinert.de
Ein Fachanwalt für Erbrecht oder ein Notar würden dieses Problem bei der Testamentsgestaltung ansprechen. Die Lösung für das Ehepaar könnte sein: Um die Pflichtteilsansprüche der Söhne auszuschließen, könnten die Eheleute versuchen, die beiden zu einem Verzicht auf ihre Pflichtteile zugunsten der Enkel zu bewegen. Eine Option, die die Portale nicht anbieten. Und auch gar nicht anbieten können – ein Pflichtteilsverzicht muss notariell beurkundet werden.
Was ein Notar kostet
Wer einen Notar in Anspruch nimmt, zahlt Gebühren. Diese richten sich nach dem Wert des Nachlasses.
Gegenstand |
Kosten 1(Euro) bei einem Nachlasswert von ... |
|
50 000 Euro |
500 000 Euro |
|
Notarielles Einzeltestament |
165,00 |
935,00 |
Gemeinschaftliches Testament |
330,00 |
1 870,00 |
Erbvertrag |
330,00 |
1 870,00 |
Erbverzicht |
330,00 |
1 870,00 |
Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments |
82,50 |
467,50 |
Vollständige Aufhebung eines Erbvertrags |
165,00 |
935,00 |
Rücktritt vom Erbvertrag |
82,50 |
467,50 |
Legende
- 1
- Zuzüglich Auslagen wie Porto und Kopien sowie Umsatzsteuer.
Für Ahnungslose zum Ausprobieren
Auf die von den Webseiten erstellten Testamentsvorlagen allein sollte sich also niemand verlassen. Sie lohnen sich allenfalls für Nutzer, die sich bereits anderweitig schlaugemacht haben. Die in den Vorlagen verwendeten standardisierten Textbausteine können ihnen als Formulierungshilfe dienen.
Völlig Ahnungslose, die wissen möchten, was sie überhaupt regeln können und wie, können sich von Anfang bis Ende durch die digitalen Fragebögen klicken und verschiedene Optionen ausprobieren. Das ist bei allen kostenlos.
-
- Dank hoher Freibeträge bleiben Erbschaften im Familienkreis oft steuerfrei. Wir erklären, wie Sie auch große Vermögen steuerfrei übertragen – mit Erbschaftsteuerrechner.
-
- Viele denken beim Wort Adoption nur an Kinder. Aber auch Erwachsene können sich adoptieren zu lassen. Das hat oft auch steuerliche Gründe. Wir erklären die Regeln.
-
- Rechtsanwalt Gerhard Grüner vertrat Enkel, die erst erben sollten, wenn sie ihren Großvater regelmäßig besuchten. Das Oberlandesgericht Frankfurt hielt diese...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
ich hatte auf Empfehlung der Stiftung Warentest ( die wird durch Afilio beworben), die Gelegenheit genutzt, zwei Vorsorgemsöglichkeiten zu nutzen.
1: Patientenverfügung
2. Vorsorgeverfügung (etwas zeitversetzt beantragt).
Nachdem ich für Punkt ein aufgefordert wurde einen Betrag in Höhe von ca.
€ 40 zu zahlen habe ich diese sofort getan, um in den genuss der Vordrucke zu kommen.
Soweit so gut.
Anschliessend folgte die Vorsorge - wobei hier keine weiteren Zahlungen angefordert wurden.
Allerdings erhiet ich dann ca. 2 Wochen später die Aufforderung, dass es unbedingt wichtig wäre, hier eine Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister (kostenpflichtig) durchzuführen, damit gesichert ist, dass auch im Bedarfsfall der "Zugriff" gesichert ist.
Als ich dieser mehrmaligen Aufforderung nicht folgte und später eine schriftliche Ablehnung formulierte mit dem Hinweis, dass ich nicht weiter penetriert werden möchte, da ich selber in der Lage bin eine ordentliche Aufbewahrung zu organisie
@markus234: Bei der Bestimmung des Geschäftswertes ist der Notar auf die Mithilfe des Mandanten angewiesen. Bei niedrigen Geschäftswerten kann eine Mindest¬gebühr zum Zuge kommen. Bei unbekannten Werten oder offensichtlich zu niedrig angegebenen Werten darf der Notar schätzen. (maa)
Hallo StiWa,
in Ihrem Artikel schreiben Sie auch über die Kosten eines Notars, die sich ja nach dem Nachlasswert richten. Wie wird denn der Nachlasswert bestimmt? Muss bei Immobilien ein Gutachten vorgelegt werden? Müssen bei Konten/Depots aktuelle Auszüge vorgelegt werden? Wie kontrolliert der Notar denn, dass die Werte auch wahrheitsgemäß angegeben werden und nicht Vermögen verschwiegen wird um die Gebühren zu drücken?
@jks12: Banken, Versicherungen usw. leisten zwar an den oder die Erben auch aufgrund eines privatschriftlichen Testaments mit Eröffnungsprotokoll. Sie behalten sich in der Regel aber in ihren AGB vor, einen Erbschein zu fordern, wenn sie das für notwendig halten. Insofern kann es sehr unterschiedliche Erfahrungen geben, wie einfach und mit welchen Unterlagen die Abwicklung eines Erbfalls von statten ging. (PH)
@AKI und ulfcihak: In einigen Fällen sieht das Gesetz vor, dass der Erbe seine Erbenstellung durch Vorlage des Erbscheins zu beweisen hat, obwohl ein notarielles Testament vorliegt. So kann zum Beispiel das Grundbuchamt bei der Umschreibung des Eigentums an Grundstücken im Zweifelfall durchaus einen Erbschein verlangen (§35 GBO), wenn das für notwendig erachtet wird. Normalerweise reicht dem GBA aber der Nachweis der Erbenstellung durch die Vorlage einer Abschrift des eröffneten notariellen Testaments nebst Eröffnungsprotokoll aus. (PH)