Glückliche Kühe, Bauern, die vom Milchpreis gut leben können – welche Anbieter setzen sich dafür ein? Unser Test zeigt: Wem Tierwohl und faire Preise wichtig sind, der sollte am ehesten zu Bio-Milch greifen.
Biolandwirt Ulrich Bosch kümmert sich um 430 Kühe, Kälber und Jungvieh. „Die Tiere haben bei uns direkten Zugang auf die Weide, sie können vom Laufstall aus hinauslaufen.“ Er ist Betriebsleiter vom Gut Brook bei Kalkhorst im westlichsten Winkel von Mecklenburg.
Im Freien grasen, das können weit weniger als die Hälfte der über vier Millionen Milchkühe in Deutschland. Sie leben nur im Stall. 57 Prozent der Deutschen glauben nicht, dass sich die Milchwirtschaft stark für das Wohlergehen der Kühe einsetzt, wie eine aktuelle repräsentative Forsa-Umfrage belegt. Wir haben geprüft, welchen Unternehmen Tierwohl, Umweltschutz und faire Preise am Herzen liegen.
Viele Höfe und Molkereien besucht
Wir verfolgten die Spur der frischen Vollmilch zurück, deren Qualität wir für diese Ausgabe geprüft haben (Frische Vollmilch im Test): vom Handel über Molkereien bis zu Landwirten. Keine leichte Sache. Eine Packung kann Milch Dutzender Bauernhöfe enthalten. Pro Produkt wählten wir je einen Hof mit einer großen und kleinen Liefermenge aus. Wir prüften auch, ob die Landwirte angemessene Preise erhalten. Nach Abschaffung der Milchquote 2015 setzten ihnen Niedrigpreise zu; viele Erzeuger gaben auf.
Der Weg führte uns zu 28 deutschen und dänischen Bauern, vom Familienbetrieb mit vier Kühen bis zum Großbetrieb mit 2 400. Drei von ihnen stellen wir auf diesen Seiten vor – neben Biobauer Ulrich Bosch zwei konventionell arbeitende Landwirte (Drei Milchbauern im Kurzporträt). Unsere Prüfungen zeigten, dass die Kühe bei allen drei gut aufgehoben sind.
Nicht überall fanden wir saftige Wiesen, mancherorts waren die Ställe veraltet und dunkel. Missstände aber sahen wir keine. Weder auffällig kranke Kühe noch solche, die stets angebunden im Stall stehen.
Niedriger Preis, niedriger Einsatz
Unsere Bilanz: Je billiger eine Milch, desto weniger Einsatz für Tierwohl, Umwelt und faire Erzeugerpreise sollten Käufer vom Anbieter erwarten. Bis auf die Milchwerke Berchtesgadener Land ist das Engagement der Anbieter von konventioneller Vollmilch – ab 68 Cent pro Liter zu haben – mau. Die Handelsketten Aldi (Nord), Aldi Süd, Edeka, Netto Marken-Discount, Rewe und Penny machen ihren Lieferanten kaum Vorgaben, wie die Milch produziert werden sollte. Preise, die sie Molkereien zahlen, hielten sie alle geheim.
Gute Noten für Anbieter von Bio-Milch
Stark für Tiere und Umwelt engagieren sich die Bauern und Molkereien, die Bio-Milch erzeugen. Vor allem da, wo der Anbieter zugleich Molkerei ist: die Gläserne Molkerei, Andechser, Arla Foods und – bei konventioneller Milch – Berchtesgadener Land. Sie wählen ihre Bauern aus, kümmern sich, achten darauf, dass die Kühe artgerecht gehalten werden, die Bauern angemessen verdienen. Umweltschutz bedeutet ihnen mehr, als nur die gesetzliche Düngeverordnung einzuhalten.
Verbraucher, die das unterstützen wollen, sollten die Eigenmarken der guten Molkereien kaufen. Das zeigen etwa die Gläserne Molkerei und die dänische Großmolkerei Arla: Sie verkaufen ihre Milch auch an Aldi Süd, Lidl oder Rewe, die sich bei weitem nicht so stark engagieren. Lidl etwa verdankt die gute Note bei seiner Bio-Milch nur der Gläsernen Molkerei.
Molkereien bestimmen Milchpreis
Bio-Milch hat ihren Preis: im Test 1,09 bis 1,49 Euro pro Liter. Bei der Preisgestaltung spielen Molkereien eine Schlüsselrolle. Viele sind genossenschaftlich organisiert, ihr Vorstand legt den Milchpreis fest.
Die Molkereien, die sich stark für faire Bedingungen engagieren, zahlten zum Untersuchungszeitpunkt im Frühjahr mittlere bis hohe Preise: 37 bis 57 Cent pro Kilo Rohmilch inklusive Zuschläge, etwa für gute Qualität, Bio oder Weidegang. Inzwischen sind die Erzeugerpreise gestiegen, im Juli auf einen Grundpreis von 36 Cent, den höchsten Stand seit Langem. „Um kostendeckend arbeiten zu können, sollte ein Bauer pro Kilo 45 Cent bekommen“, fordert der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter Romuald Schaber. Um das zu erreichen, hat sein Verband „Die faire Milch“ initiiert. Bisher beteiligen sich daran nur wenige Landwirte (Was heißt "faire Milch"?).
Die Molkereien hinter Bärenmarke, Landliebe und Weihenstephan hielten ihre Produktionsbedingungen geheim (Kommentare CSR-Test, Die Schlusslichter). Wir bewerten das als mangelhaft.
Das machen Bio-Bauern anders
Überzeugend setzen sich Bio-Landwirte wie Ulrich Bosch für Nachhaltigkeit ein. „Biohaltung ist viel Arbeit am Tier“, sagt er. Da einige der Holstein-Schwarzbunt-Rinder vom Gut Brook Hörner tragen, muss er ihnen im Stall viel Platz einräumen – etwa 7 Quadratmeter pro Tier. Futter wie Heu oder Klee erzeugen er und seine Mitarbeiter selbst. Antibiotika verabreichen sie nur, wenn es notwendig ist, nicht vorbeugend.
Es sind Bio-Verbände wie Bioland oder Naturland, die solche hohen Anforderungen an Tierwohl, Klima- und Bodenschutz stellen. Kontrolleure prüfen regelmäßig, ob Höfe diese einhalten. Im konventionellen Bereich gibt es viel weniger solcher Auflagen – hier liegt der Unterschied.
Jede Bio-Milch im Test stammt von Kühen, die weiden. Licht, Luft, natürliche Böden – beim Grasen leben sich Kühe aus. Von den konventionellen Bauern ermöglicht nur jeder zweite den Weidegang.
Individuelle Betreuung zahlt sich aus
„Für mich lohnt sich die Weide finanziell nicht“, sagt Gerhard Berger, der konventionelle Bergbauernmilch erzeugt. Er investiert lieber in einen größeren Laufstall und Laufhof. Seine Kühe sollen sich artgerecht verhalten können. Neben genug Platz zählen dazu Liegeflächen mit Stroh, gutes Stallklima und Bürsten zum Schubbern.
Die Mehrzahl der konventionellen Bauern im Test bekam fürs Tierwohl die Note befriedigend. Bei allen fanden wir gesunde Tiere vor. Das liegt im Eigeninteresse der Bauern: Nur Milch gesunder Kühe lässt sich verkaufen. „Ich sehe meine Kühe zweimal am Tag am Melkstand“, sagt Markus Ostenried. „Wenn was nicht stimmt, merke ich das sofort.“ Unser Test zeigt: Je individueller die Tiere betreut werden, desto besser.
Anbindehaltung ist umstritten
Standard sind Laufställe mit Liegeboxen. Kühe können sich darin frei bewegen und oft direkt zur Melkanlage gehen. Laufstall plus Weide – für diese Haltung vergaben wir die meisten Punkte. Keine Punkte gab es, wenn Kühe angebunden im Stall standen. „Eine angebundene Kuh kann sich nicht natürlich bewegen“, sagt Tierarzt Joachim Kleen. Er berät Milchbauern. „Die ganzjährige Anbindung gehört verboten. Die Teilzeit-Anbindung ist weniger gravierend und wird seltener.“ Pläne, die Anbindung zu verbieten, sind bisher gescheitert.
Im Test fanden wir in 6 der 28 Betriebe die „Teilzeit-Anbindung“ vor. Alle waren kleine Höfe, sie binden die Tiere vor allem im Winter an. In allen hatten die Kühe Zugang zur Weide, mindestens 120 Tage im Jahr. In jedem Hof wurden sie gut betreut, wie etwa Tierarztprotokolle belegten.
Nach fünf Jahren aussortiert
Als Nutztiere sind Milchkühe auf Hochleistung gezüchtet. Etwa 27 600 Liter gibt eine Holstein-Kuh in ihrem kurzen Leben. Im Schnitt bringt sie drei Kälber zur Welt – die Geburt löst die Milchproduktion aus. „Eine Kuh, die am Tag 35 Liter Milch gibt, ist wie eine Marathonläuferin“, sagt Tierarzt Kleen. „Ihr Energieaufwand ist nur mit Kraftfutter zu decken.“ Nach gut fünf Jahren muss sie oft einem rentableren Jungtier Platz machen und wird geschlachtet. Dabei könnte sie bis zu 20 Jahre alt werden.
Das Gesetz macht zur Kuhhaltung keine speziellen Vorgaben. Verbände und Initiativen wollen das ändern. Verbraucher können das Kuhwohl unterstützen und am Milchregal nicht knausern. Die Qualität der Milch stimmt jedenfalls meist (Frische Vollmilch im Test).
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@StiWa
Ihre Vorgehensweise ist wenig kaum tagulich.
Die Discounter schreiben teilweise gar keinen Betrieb oder eine Briefkastenfirma auf die Packung. Dazu kommt, dass die Nennung der Firma nicht Produktionsstätte identifiziert. Schauen Sie einmal nach, wie viele Produktionsstätten (in Deutschland !) Arla Foods hat: es sind wohl 12. Da ist die Aussage produziert von ARLA kaum tauglich.
Dazu kommt, dass - wenn diese eindeutig wäre - man im Laden mit seinem Smartphone die Betriebsnummer eingeben müsste um zu überprüfen, ob dann der von Ihnen angegeben Name herauskommt. Aber das wäre wie schon dargestellt immer noch nicht hinreichend.
Die Betriebsnummer ist ein eindeutiger Schlüssel, die Bezeichnung des Konzerns nicht. Bitte beim nächsten Mal angeben - Danke!
Wieder einmal wird leider nur ESL Milch gut geheißen.
Traditionell hergestellte Milch sei auf dem Rückzug.
Wenn immer beworben wird, daß die meisten Verbraucher das so wollen, dann kommt es vielleicht auch so.
Brechen Sie doch einmal einen Lanze für trasitionell hergestellte (Bio-) Milch.
Auch wenn die Werbung der Großkonzerne das negiert: Es gibt immer mehr Menschen, die sich gesund und ursprünglich ernähren wollen.
@MHeise: Bei allen Eigenmarken des Handels, also auch bei Milchprodukten vom Discounter, geben wir jeweils den Hersteller in einer Fußnote an. Beim Milchtest ist der Hersteller sowohl im Produkttest über die Fußnote als auch beim CSR-Test direkt im Tabellenkopf genannt. (BR/PF)
Discounter-Milch wird meist in gleicher Verpackung von unterschiedlichen Betrieben hergestellt, da sowohl die Mengen als auch die Regionalität dies erforderlich machen. Oft wechselt der Discounter auch den Hersteller.
So ist es z.B. so, dass die Aldi-Süd-Bio-Milch (die vor mir steht) von der gläsernen Molkerei (genauer: Meierei Mecklenburg Gmbh) und nicht von Arla Foods hergestellt wird.
Meine Bitte: Geben Sie beim nächsten Test die Molkereiprodukteproduktionsstätte (den Code) und auch die Bezeichnung des Betriebs an. Sie haben die Nummer ja erläutert, aber so ist das Detektivarbeit.
"Traditionell hergestellte Milch wird wie fast jede Milch homogenisiert"
Die Aussage auf Seite 19 ist nicht richtig: Bio-Milch in Flaschen ist meist nicht homogenisiert: Andechser, Breisgau, Berchtesgardener und Dennree sind beispielsweise nicht homogenisiert. Dennree Mich ist auch im Tetrapack nicht homogenisiert. Die Aufrahmung hält sich bei fettarmer Mich in Grenzen und läßt sich meist durch kurzes Schütteln beseitigen. Geschmacklich und vielleicht auch gesundheitlich ist nicht nicht homogeniesierte Mich einfach besser !