Frische Voll­milch im Test

Milch – macht sie krank oder stark?

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Frische Voll­milch im Test - Vor allem Biomilch punktet

Kuhmilch pur. Regel­mäßig wird diskutiert, ob sie der Gesundheit eher schadet als nützt. © Plainpicture

Manche Kritiker behaupten, Kuhmilch verursache Krebs, begüns­tige Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen oder erhöhe das Risiko für Diabetes. Wir sagen, was davon zu halten ist.

Frische Voll­milch im Test Alle Testergebnisse für Voll­milch

Kritiker sehen Milch als Krankmacher

Mancher­orts ist die normale Kuhmilch rar geworden, etwa in einigen Szene-Cafés. Dort können Kundinnen und Kunden zwischen laktosefreier Milch und Kuhmilch-Alternativen wie Haferdrinks oder Sojagetränken wählen. Fast jeder Vierte, der auf Milch verzichtet, tut dies laut einer Umfrage der Gesundheit zuliebe. Ist die Milch der Kuh nicht mehr empfehlens­wert?

Seit Jahren melden sich Kritiker hartnä­ckig zu Wort. Ihr Tenor: Milch macht krank. Sie verstopfe Arterien, verschleime den Magen, verursache Diabetes oder ließe die Knochen schwinden. Ihre Begründungen: Die gesättigten Fett­säuren der Milch würden den Cholesterinspiegel erhöhen und so Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen hervorrufen. Das Kalzium in der Milch würde nicht etwa die Knochen stärken, sondern die Gefahr für Knochenbrüche erhöhen.

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Die Studien­lage ist nicht eindeutig

Was ist dran an den Vorwürfen? „Wenn wir die Daten­lage zu Milch ansehen, lässt sich nicht sagen, dass sie grund­sätzlich ungesund ist“, sagt Dr. Stefan Lorkowski, Professor für Biochemie und Physiologie der Ernährung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Denn viele Studien zeigten keine konsistenten – also uneinheitliche – Ergeb­nisse, so der Ernährungs­wissenschaftler: „Viele negative Wirkungen, die der Milch nachgesagt werden, sind daher nicht eindeutig belegt – etwa, dass sie das Diabetes-Risiko erhöhen soll.“

Stör­faktoren können Studien­ergeb­nisse beein­flussen

Ein grund­sätzliches Problem: Die meisten Daten zu den Effekten des Milch­konsums auf die Gesundheit stammen aus Beob­achtungs­studien. In solchen Studien beob­achten Forschende eine Gruppe von Personen über einen bestimmten Zeitraum, können die Bedingungen aber nicht steuern oder kontrollieren. Sie betrachten lediglich, ob es einen Zusammen­hang zum Beispiel zwischen dem Milch­konsum und dem Auftreten einer bestimmten Erkrankung gibt.

Die Aussagekraft dieser Art Studien ist begrenzt, denn Stör­faktoren können ihre Ergeb­nisse beein­flussen: „Die beob­achteten Effekte müssen nicht zwingend auf den Milch­konsum, sondern können auch auf andere Umstände zurück­zuführen sein – etwa andere Ernährungs­gewohn­heiten oder einen generell ungesünderen Lebens­stil“, erklärt Professor Lorkowski.

Kein klarer Zusammen­hang zu Herz­erkrankungen

Wie steht es nun um einzelne Gesund­heits­risiken? Ein Übersichtsartikel im New England Journal of Medicine kommt unter anderem zu dem Schluss, dass Studien keinen klaren Zusammen­hang zwischen Milch und koronarer Herz­krankheit oder Schlag­anfällen gefunden haben.

Milch­konsum scheint Darm­krebs­risiko zu senken

In Bezug auf Krebs­erkrankungen kommt es auf die Krebs­art an: Demnach ist kein erhöhtes Risiko für Brust­krebs durch Milch­konsum zu erkennen. Auf das Darm­krebs­risiko scheint Milch sogar positiv zu wirken, was möglicher­weise auf den hohen Kalzi­umgehalt zurück­zuführen ist.

Sonderfall Prostata­krebs

Allerdings weisen Studien darauf hin, dass ein sehr hoher Milch­konsum mit einem erhöhten Risiko für Prostata­krebs einhergehen könnte. Das Max-Rubner-Institut hat berechnet, dass das ab einer Aufnahme von 1,5 Gramm Kalzium am Tag relevant wird. So viel Kalzium enthalten beispiels­weise 1,25 Liter Milch oder 140 Gramm Hartkäse. Männer sollten daher Milch und kalziumreichem Käse nicht in rauen Mengen zu sich nehmen. Kalziumreiche Käsesorten sind zum Beispiel Greyerzer und Parmesan oder auch Gouda und Tilsiter.

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Kinder brauchen Kalzium für die Knochen

Das Kalzium in der Milch und in Milch­produkten leistet auch einen Beitrag zum Knochen­aufbau. Im Erwachsenen­alter scheint ein hoher Milch­konsum nicht ausschlag­gebend für starke Knochen zu sein und kann allein nicht die Entstehung von Osteoporose verhindern. Doch die Versorgung mit dem Mineralstoff ist für Kinder und Jugend­liche wichtig. Vor allem für das Wachs­tum und die Stabilität der Knochen. Für die Kalzium-Verwertung braucht der Körper allerdings auch ausreichend Vitamin D und Magnesium.

Professor Stefan Lorkowski betont, dass Eltern ihren Kindern Milch aber nicht als Durst­löscher geben sollten. Dafür ist sie zu kalorienreich. Die besten Durst­löscher sind Wasser, ungesüßter Kräuter- oder Früchtetee. Außerdem sei es wichtig, Kindern ungesüßte Milch­produkte anzu­bieten. Kinderdesserts enthalten oft viel Zucker oder Fett.

Milch kann Teil der Ernährung sein – muss sie aber nicht

Wie empfehlens­wert ist nun das Glas Milch am Tag? „Es spricht nichts dagegen“, meint Stefan Lorkowski: „Wenn ich vergleiche, wie wenig Milch Erwachsene in Deutsch­land trinken und wie viel Fleisch­waren sie essen – dann ist es für die Gesundheit wichtiger, den Fleisch­konsum zu reduzieren.“

Der Jenaer Wissenschaftler weist aber darauf hin, dass eine ausgewogene Ernährung auch ohne Milch möglich ist. Wer etwa wegen des großen CO2-Fußabdrucks auf Milch verzichtet, kann den Bedarf an Kalzium auch aus anderen Quellen wie Mandeln, grünem Gemüse und kalziumreichem Mineralwasser decken.

Tipp: Eine geringere Klima­wirkung als Kuhmilch haben Milchalternativen wie Haferdrinks. Wir geben einen Über­blick, wie Milch im Vergleich zu veganen Pflanzendrinks die Umwelt belastet, aber auch, wie sie in Bezug auf die Nähr­stoffe abschneidet.

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MHeise am 15.03.2023 um 14:43 Uhr
Schaumfähigkeit - Proteingehalt, Starttemperatur

Das Schäumverhalten wird vorwiegend vom Proteingehalt (Proteine sind Eiweiße) beeinflusst, nicht so sehr vom Fettgehalt. Der Fettgehalt dagegen ist schon wichtig für die Geschmacksbildung. Fett wirkt ja letztlich als natürlicher Geschmacksverstärker. Die Starttemperatur spielt hierbei auch eine Rolle (bei welcher Temperatur lässt sich die verwendete Milch gut schäumen) und wenn man einen Schäumer hat: Mit welcher Milch harmoniert der am besten (die Espressomaschine mit der Lanze - da hängt es auch viel vom Barista ab, der kann das aber normalerweise).
Quelle - Internet und eigene Erfahrung. Für mehr bitte im Internet suchen

Profilbild Stiftung_Warentest am 15.03.2023 um 09:35 Uhr
Schaumfähigkeit

@maxim.weber: Milch ist ein Naturprodukt, ihr darf nichts beigefügt werden. Es ist aber tatsächlich so, dass sich die ein oder andere Milch nicht aufschäumen lässt. Ob der Milchschaum gelingt, hat nichts mit der Qualität der Milch zu tun. Eine wichtige Rolle spielen Fett- und Eiweißgehalt, aber auch Frische und Temperatur. Der Fettanteil sollte mind. 1,5% haben. Der Eiweißgehalt der Milch kann je Jahreszeit variieren. Je mehr Eiweiß die Milch enthält, desto stabiler ist der Schaum. Je niedriger der Eiweißgehalt, desto schneller fällt der Schaum zusammen.

mhtkfr am 14.03.2023 um 20:28 Uhr
Faire Vergütung für Landwirte

Mir persönlich ist es wichtig, dass die Zulieferbetriebe der Molkereien - sprich: Unsere Landwirte - eine Vergütung erhalten, die auch kleineren Betrieben das Überleben ermöglicht. Ich bin dafür auch gern bereit, etwas mehr zu bezahlen. Ich fände es sehr begrüßenswert, wenn dies zukünftig als Testkriterium berücksichtigt werden könnte.

maxim.weber am 14.03.2023 um 11:42 Uhr
Fehlt: Test der Eigenschaften (Schäumfähigkeit)

Bei der "rewe Bio Weidemilch" hat uns überrascht, dass sie als einzige gar nicht schäumt und die üblichen Anganben auf der Verpackung können dieses ungewöhnliche Verhalten gar nicht erklären. Wir haben es mit einem wmf Milchaufschäumer im Laufe von mehreren Wochen mehrmals getestet und das Ergebnis ist eindeutig: sie schäumt nicht. Was wurde da wohl beigemischt und fehlt in der Deklaration? Unerklärlich und für die Kaffeeliebhaber inakzeptabel!

PinguinMambo am 11.03.2023 um 16:50 Uhr
Hemme Milch ist nicht gleich Hemme Milch

Bei der getesteten Hemme-Milch handelt es sich allerdings nicht um die originale Hemme-Milch aus der Wedemark nördlich von Hannover, sondern um die Hemme-Milch aus Angermünde. Meines Wissens verarbeitet die Hemme-Milch-Verarbeitung die Milch von Milchbauern aus der Umgebung der Uckermark. Wogegen die Original Hemme-Milch aus der eigenen Milchviehhaltung stammt.
Der Test kann ja eigentlich nur eine Momentaufnahme sein, denn die Produktionsbetriebe beziehen schließlich ein Naturprodukt und das unterliegt ja bekanntlich gewissen Schwankungen. Uns Verbrauchern bleibt nur eins übrig die Milch nach unserem Geschmack auszuwählen. Die eigene Zunge ist hierbei wohl das beste Testlabor.