Sie sind schön anzusehen, warm an den Füßen und sie dämmen den Schall. Doch im Test waren am Ende nur zwei „gut“.
Teppiche, so kann man sagen, kennt der Mensch schon fast so lange wie sich selbst. War es am Anfang noch das Bärenfell, das ihn vor dem kalten Höhlenboden schützte, saßen unsere Ahnen gegen Ende der Steinzeit bereits am Webstuhl, um Textilien aus Flachs und Wolle zu fertigen. Das zeigen archäologische Funde. Gleichwohl wurden Teppiche seit jeher auch von Hand geknüpft, vor allem im Orient – die Jurten der Nomaden waren voll davon. Nicht nur am Boden, auch an den Wänden fand der wärmende, schmückende und vor allem leicht zu transportierende Teppich seinen Platz.
Teppich an der Wand konnte sich in unseren Breiten nicht so richtig durchsetzen, wenngleich das Wort Tapete noch an frühere Zeiten erinnert. Das griechische „tapes“ heißt so viel wie „Decke“ und hat seinen Ursprung vermutlich im persischen „tabidan“ für „drehen, spinnen“.
Teppich liegt in Deutschland heute in der Regel nur noch auf dem Boden. Dafür nicht zu knapp: Mehr als 1,5 Milliarden Quadratmeter Wohnfläche sind hierzulande mit textilem Bodenbelag ausgelegt, die Farb- und Mustervarianten gehen in die Hunderttausende. Neben Teppichen kommt dabei vor allem die im engeren Sinn als Teppichboden bezeichnete Auslegeware zum Einsatz, hauptsächlich aus Kunstfaser. Industriell gefertigte Teppichböden werden heute kaum noch gewebt oder geknüpft, sondern getuftet (englisch „to tuft“, sticken). Beim Tufting-Verfahren wird das Teppichgarn mit einer Art überdimensionaler Nähmaschine in ein Trägergewebe gestickt und von Greifern zu Schlingen geformt. Dieser Flor wird auf der Rückseite mit einem Kleber fixiert, dem Vorstrich (siehe Grafik). So entsteht ein Teppich mit Schlingenflor, einer eher groben Oberflächenstruktur mit rustikalem Aussehen. Für die typisch samtige Optik des Velours werden die Schlingen einfach oben aufgeschnitten und auf gleiche Länge geschoren. Zur Stabilisierung erhält der Teppichboden abschließend einen Rücken, der heute in der Regel aus Gewebe oder Vlies besteht und nicht mehr, wie früher üblich, aus Schaum.
Jeder Dritte ist mangelhaft
Wir haben Teppichböden für Wohnräume mit normaler Beanspruchung getestet, darunter Schlingenware aus Naturfaser, meistens Wolle, sowie Schlingen- und Veloursteppiche aus Kunstfaser, meist Polyamid. Das Ergebnis ist insgesamt wenig erfreulich: Nur zwei Teppichböden sind rundherum „gut“, jeder dritte ist dagegen „mangelhaft“. Vor allem die Haltbarkeit der Naturfaserteppiche ließ zu wünschen übrig. So zeigten die wollenen Creatuft und Nordland bereits nach der Simulation von etwa einem Jahr Nutzung Laufstraßen, das Ziegenhaar von tretford dürfte nach fünf Jahren nicht mehr so gut aussehen. Von den Naturfasern kam nur der Oschwald „gut“ durch die Verschleißprüfung. Er ist mit 56 Euro pro Quadratmeter auch der teuerste im Test. Der auch ansonsten gute Oschwald bleicht aber recht stark aus. Wer hier nach ein paar Jahren Möbel umstellen will, muss längere Zeit mit dunklen Flächen leben. Ein Problem, das viele dunklere, ungefärbte Wollteppiche haben – je dunkler die Wolle, desto stärker der Effekt.
Kunstfaser ist meist strapazierfähiger
Kunstfaserteppiche sind da meist deutlich strapazierfähiger – sowohl bei der Farbechtheit als auch beim Verschleiß. So hielten die Teppiche aus 100 Prozent Polyamid die Dauerprüfung und den Lichttest fast immer „gut“ durch. Allerdings gab es auch in dieser Gruppe Ausfälle: Die aus Polypropylen hergestellten Böden von Billermann und domo – mit acht und neun Euro pro Quadratmeter die billigsten im Test – verlieren schon nach kurzer Zeit ihre Fasern. So war der Flor des Billermann bereits nach einem Jahr simulierter Nutzung unansehnlich, dünn und rau.
Falsche Angaben zur Eignung
Zwei von drei Anbietern machen falsche Angaben zu ihren Produkten. So wird jeder dritte Teppichboden mit einer höheren Beanspruchungsklasse verkauft, als er in Wirklichkeit aufweist. Beispiel Billermann: Dessen „Esprit Kräuselvelours“ liegt als „Klasse 22“ im Laden: Das bedeutet so viel wie „geeignet für Wohnräume mit mittlerer Beanspruchung“ (siehe „Teppichkauf“). Bei der Prüfung erreichte er aber lediglich „Klasse 21“, ist also eigentlich nur als leicht zu beanspruchender Schlafzimmerteppich brauchbar. Entsprechend schlecht sah der Billermann nach dem Test aus. Im Schlafzimmer ist er aber wie die anderen Böden mit „mangelhafter“ Haltbarkeit durchaus einsetzbar.
Andere Anbieter stapeln bei der Komfortklasse hoch. Die getesteten Kunstfaserteppiche von Fletco und domo zum Beispiel sind weniger weich und elastisch, als sie vorgeben. Je höher die Komfortklasse, desto dichter und langfloriger ist der Teppich normalerweise. Das macht einen Boden oft auch teuer. Beim Fletco Vita bekommt der Kunde für fast 25 Euro pro Quadratmeter einen Teppichboden der untersten Komfortkategorie.
Mehr als ärgerlich ist es auch, wenn zugesagte Eigenschaften nicht stimmen. So verkaufen zum Beispiel enia und Nordpfeil ihre getesteten Teppichböden als „im Wohnbereich stuhlrollengeeignet“. Bei der entsprechenden Prüfung fallen aber beide durch. Wer auf diesen Böden einen Bürostuhl bewegt, hat bereits nach einem Jahr deutlich Spuren hinterlassen.
Kleine Elektroschocks
Der Ravenna Plus von Associated Weavers wird als „antistatisch“ verkauft. Wer sich diesen Teppich in seine Wohnung legt, wird aber trotzdem an der Türklinke „eine gewischt“ bekommen. In diesem Fall sollte man reklamieren. Auch andere Modelle im Test zeigten sich anfällig für die kleinen Elektroschocks, obwohl „antistatisches Verhalten“ von Teppichböden heute Standard sein sollte. Wollteppiche sind hier im Vorteil: Wolle kann mehr Feuchtigkeit binden als Kunstfaser und ist daher in der Regel leitfähig genug, um die elektrischen Spannungen über den Boden zu entladen. Bei sehr trockener Raumluft funktioniert das allerdings nicht bei allen, wie der TWN Tara zeigt. Kunstfaserteppichböden sind gegen statische Aufladung meist mit leitfähigen Fasern und feuchtigkeitsbindenden Salzen im Vorstrich ausgerüstet.
Ein leicht klebriger Film
Die Ausrüstung mit Salzen oder anderen Begleitstoffen bereitet mitunter Probleme im Schmutzverhalten. Geht zum Beispiel beim Blumengießen mal etwas Wasser daneben, können sich die Salze lösen und an den Fasern bis zur Teppichoberfläche hochwandern. Dort trocknen sie zu einem leicht klebrigen Film, an dem verstärkt Staub hängen bleibt und nach einiger Zeit Flecken bildet. Die lassen sich nur noch mit einer Sprühextraktion entfernen: Reinigungsflüssigkeit mit Druck in den Teppich sprühen und den gelösten Schmutz absaugen. So ließen sich alle Teppichböden im Test problemlos reinigen, nur gelegentlich veränderten sich Farbe und Struktur geringfügig.
Ein unerträglicher Schafstallgeruch
Ein Wollteppichboden fiel bei der Geruchsprüfung durch. Zwar gilt ein leichter Wollgeruch als normal, doch der danfloor Cairo roch derart unerträglich nach Schafstall, dass hier ein Mangel vorlag. Das kann passieren, wenn die Wolle zum Beispiel nicht richtig gewaschen wurde. Insgesamt attestierten wir nur zwei Teppichen eine „geringe“ Geruchsbelästigung. Kunstfaserteppiche verströmen mitunter einen typischen Neugeruch, der aber meist nach einiger Zeit verfliegt. Generell gilt: Stinkt ein Teppich länger als zehn Wochen, sollte man reklamieren (siehe „Teppichkauf“).
Die Kunstfaserteppiche gasen so gut wie keine Schadstoffe aus – sie sind in puncto Raumluftbelastung tadellos. Bei den Naturfaserböden ist das Ergebnis weniger eindeutig. Dem tretford Interland entweichen anfangs größere Mengen leichtflüchtiger Stoffe, die aber nach vier Wochen deutlich abklingen. Außerdem enthält der tretford eine Schicht aus PVC, die den Ziegenhaarflor fixiert. Das PVC enthält große Mengen des Weichmachers DEHP, der zumindest im Tierversuch die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt. Durch Abrieb kann DEHP in den Hausstaub gelangen und eingeatmet werden.
Wie die meisten Wollteppiche enthält der tretford Interland außerdem das Pestizid Permethrin als Mottenschutz. Dieser Stoff kann ebenfalls über den Hausstaub in den Körper gelangen. Manche Experten sehen darin ein – wenn auch geringes – Gesundheitsrisiko. Andere Forscher halten den Mottenschutz hingegen für gänzlich unbedenklich. Hier muss jeder selbst entscheiden, ob er ein eventuelles geringes Gesundheitsrisiko eingeht oder aber vorsorglich in Räumen für empfindliche Personen und kleine Kinder, die auf dem Boden spielen, lieber auf Teppich verzichtet, der mit Permethrin ausgerüstet ist.
Wenn schon Permethrin, dann sollte es richtig dosiert sein. Im Creatuft ist eher zu viel drin, das ist unnötig. Beim TWN dagegen ist es eher zu wenig, sodass die Wirksamkeit nicht immer garantiert ist. Wollteppich ohne Mottenschutz muss dagegen intensiv auf möglichen Mottenbefall kontrolliert werden. Sind die gefräßigen Tierchen erst mal da, ist der Teppich kaum noch zu retten – und mitunter die ganze Garderobe in Gefahr.
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