Ein Tennisarm oder Tennisellenbogen tritt häufig nach einer einseitigen Belastung des Arms auf. Eine gängige Therapie ist das Spritzen von Kortison – was laut einer neuen klinischen Studie zwar kurzfristig Erfolge bringt, die Heilung aber langfristig sogar behindern kann. test.de informiert über die Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten. Meist sind die Heilungsaussichten sehr gut.
Tennisarm durch Überforderung des Unterarms
Längst nicht nur Tennisspieler können einen „Tennisarm“ oder „Tennisellenbogen“ bekommen. Die schmerzhafte Krankheit – fachsprachlich Epikondylopathia oder Epikondylitis radialis humeri – entsteht, weil einseitige Belastungen die Sehnen und Muskeln des Unterarms dauerhaft überfordern. Das passiert nicht nur beim namensgebenden Tennis oder anderen Schlägersportarten, sondern auch bei Renovierungs-, Haushalts- und Gartenarbeiten. Auch manche Handwerksberufe können die Unterarme strapazieren, genau wie ausgiebiges Tippen und Klicken am Computer. Oft hängen die Beschwerden mit einer falschen Haltung oder Technik zusammen. So leiden professionelle Tennisspieler weitaus seltener am Tennisarm als Amateure. Ein Fehler, der zum Tennisellenbogen führen kann ist das Schwingen des Schlägers aus dem Handgelenk.
Schmerzen strahlen vom Ellenbogen aus
Beim Tennisellenbogen sind die Sehnenansätze der Unterarmmuskeln durch chronische Überlastung gereizt. Typischerweise macht sich das am Ansatzpunkt bemerkbar: durch Schmerzen und Druckschmerz an der Außenseite des Ellenbogens. Meist verstärken sich die Schmerzen bei Belastung, etwa beim Greifen oder Heben, und können im fortgeschrittenen Stadium in den gesamten Unterarm ausstrahlen. Auch die Kraft im Handgelenk kann nachlassen.
Studie zu zwei typischen Behandlungsmethoden
Zur Behandlung kommt ein ganzer Strauß von medikamentösen und nicht-medikamentösen Methoden zum Einsatz, oft auch in Kombination. Zwei ziemlich verbreitete – das Spritzen von Kortison und Physiotherapie – haben Forscher um Dr. Bill Vicenzino von der australischen University of Queensland mit einer klinischen Studie untersucht, die sie jetzt veröffentlicht haben. Die Wissenschaftler hatten 165 Patienten, die im Schnitt seit vier Monaten an einem unbehandelten einseitigen Tennisellenbogen ohne gleichzeitige Nacken- oder Oberarmschmerzen litten, in Gruppen eingeteilt: Die eine Hälfte bekam Kortison gespritzt, die andere eine Injektion mit physiologischer Kochsalzlösung, also ein Scheinmedikament – ein sogenanntes Plazebo. Beide Gruppen wurden nochmals unterteilt: Jeweils die Hälfte erhielt zusätzlich zu den Injektionen eine Physiotherapie.
Schlechtere Heilung bei Kortisonspritze
Vier Wochen später ging es den Patienten, die Kortison bekommen hatten, deutlich besser als denen ohne. Doch dann verkehrte sich das Bild ins Gegenteil: Nach einem Jahr waren 96 Prozent der Studienteilnehmer, die nur eine Scheininjektion (mit oder ohne Physiotherapie) erhalten hatten, vollständig geheilt. Das war aber nur bei 83 Prozent der Teilnehmer aus den beiden Kortison-Gruppen der Fall (mit oder ohne Physiotherapie). Bei vielen dieser Patienten waren die Beschwerden nach der anfänglichen Besserung zurückgekehrt. Weshalb die kurzfristigen Erfolge der Kortisonspritze mit einem schlechteren Langzeitergebnis erkauft werden, dazu gibt es verschiedene Theorien. Möglicherweise verleitet die schnelle Linderung Patienten dazu, den Arm zu früh wieder voll zu belasten, was die Heilung behindert. Jedenfalls bestätigt die neue Studie einen schon länger gehegten Verdacht: Patienten sollten sich nicht leichtfertig eine Kortisonspritze geben lassen. Vielmehr sollten sie mit dem Arzt genau abwägen, ob sie für eine kurzfristige Schmerzlinderung mögliche langfristige Nachteile in Kauf nehmen möchten.
Rolle der Physiotherapie weiter unklar
Etwas bessere, aber auch nicht überragende Ergebnisse liefert die australische Studie bezüglich der Physiotherapie. Jeweils die Hälfte der mit Kortison- oder Plazebo-Injektionen behandelten Teilnehmer hatte einmal wöchentlich über acht Wochen eine manuelle Therapie erhalten (Informationen über diese und viele weitere Behandlungsmethoden bietet das Buch Schmerztherapie der Stiftung Warentest). Zudem erlernten diese Patienten unter Anleitung ein Übungsprogramm mit einem elastischen Latexband („Thera-Band“), das sie zweimal täglich eigenständig durchführen sollten. Diese kombinierte Physiotherapie, die hohe Motivation erfordert, besserte die Beschwerden und verringerte den Bedarf an Schmerzmitteln – doch nur bei der Plazebo-, aber nicht bei der Kortison-Gruppe, und auch nur vier Wochen nach Beginn der Studie. Nach einem Jahr gab es bei den Heilungsraten keinen Unterschied. Bei diesem eher enttäuschenden Ergebnis ist zu beachten, dass die Untersuchung nur eine spezielle Form der Physiotherapie bei einer speziellen Gruppe von Patienten betrachtet. Viele Betroffene leiden an beidseitigem Tennisellenbogen oder quälen sich auch mit Nacken- oder Oberarmschmerzen, wurden aber in die Studie nicht einbezogen. Sie könnten möglicherweise eher von einer Physiotherapie profitieren.
Schonen wichtig, Heilungschancen gut
Auch für viele andere Behandlungsmethoden, die bei Tennisellenbogen zum Einsatz kommen, wie etwa Kälte- oder Wärmeanwendung oder Spritzen mit Lokalanästhetika, Verbände und Bandagen, Ultraschall- oder Elektrotherapie, lassen die bisherigen Studien noch keine abschließende Bewertung zu. Nach dem jetzigen Wissensstand sind zu Beginn der Beschwerden Schonung und bei Bedarf Salben mit Schmerzmitteln und Schmerzmittel zum Einnehmen, etwa mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Diclofenac sicherlich eine gute Strategie. Patienten sollten versuchen, die auslösende Tätigkeit gemäß ärztlicher Absprache zu meiden. Langfristig ist es wichtig, die Technik bei den fraglichen Aktivitäten zu überprüfen und zu korrigieren, wenn das möglich und nötig sein sollte. So lässt sich etwa am Computer das Handgelenk durch regelmäßige Pausen entlasten und durch Auflagepolster oder eine ergonomisch geformte Tastatur oder eine entsprechend geformte Maus unterstützen. Eventuell begünstigen auch physiotherapeutische Maßnahmen die Heilung. Eine Operation kommt höchstens in Frage, wenn schwere Beschwerden lange andauern. Das scheint zum Glück nur selten zu passieren, wie die australische Studie bestätigt. Bei mehr als 90 Prozent der teilnehmenden Patienten, die Plazebo-Lösung gespritzt bekamen, waren die Symptome innerhalb eines Jahres verschwunden.
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Die von Ihnen kritisierte Studie ist von hoher methodischer Qualität und steht durchaus nicht im Widerspruch zu anderen klinischen Studien.
So zeigt eine Studien-Metaanalyse aus der Zeit unserer Meldung (von Forschern um TP Krogh vom Regional Hospital im dänischen Silkeborg), dass Glucocorticoid-Injektionen nicht mehr zu bringen scheinen als Plazebo.
Wie wir weiterhin in der Meldung ausführen, lassen die bisherigen Studien für andere Behandlungsverfahren noch keine abschließende Bewertung zu.
Der Igel-Monitor bewertet die Stoßwellentherapie als "tendenziell negativ".
Am Ende unserer Meldung gehen wir auf allgemeine Aspekte der Behandlung von Tennisarm ein. (SL)
Die Studie wird hier als die Einzige hingestellt. Es gibt schon einige Studien zur Behandlung der Epikondylitis die dieser hier widersprechen. Beim Lesen hat man den Eindruck als wäre diese Studie die Wahrheit.
Moderne Behandlungsmethoden werden hier gar nicht untersucht. Es kann ja sein dass, man in Australien nichts tut oder eine Spritze gibt. Was ist mit Stoßwellentherapie oder der transcutanen Nervenstimulation, also Behandlungen wie sie in Deutschland durchgeführt werden?
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-019l_S1_Epicondylopathia_radialis_humeri_2011-09.pdf
Kommentar vom Autor gelöscht.
Die Studie umfasste ausreichend Teilnehmer für aussagekräftige Ergebnisse, wie die Autoren in ihrer „Fallzahlplanung“ begründen. Eine Kontrollgruppe, die gar nichts gespritzt bekommt, wäre wenig hilfreich: Diese Patienten wüssten, dass sie nicht behandelt werden, was die Symptombesserung oft negativ beeinflusst. Insgesamt besitzt die Studie hohe methodische Qualität. Unter anderem ermöglichte ein „faktorielles Design“ den paarweisen Vergleich von je 80 Patienten mit Kortison- und Plazebo-Injektionen. Die Autoren sind nach eigenen Angaben unabhängig von Wirtschaftsinteressen und wurden durch das Australian National Health and Medical Research Council gefördert. Die Studie untermauert Ergebnisse früherer hochwertiger Studien und erschien im renommierten Fachjournal „Jama“. Wir haben die Qualität nochmals überprüft und geben im Artikel Hinweise zur Vorbeugung und Behandlung des Tennisarms - speisen Leser also keineswegs mit Verweisen auf unsere gebührenpflichtigen Publikationen ab. (SL)
Ich halte den Beitrag weder für hilfreich noch für informativ.
Sie berichten von einer Untersuchung, die an 165 Probanden durchgeführt wurde. Die Probanden wurden in 4 Gruppen (das sind also ca. 41 Personen je Gruppe) eingeteilt. Es fehlt m.E. auch eine Kontrollgruppe, deren Mitgliedern überhaupt nichts gespritzt wurde. Wie soll bei dieser geringen Zahl von Probanden ein valides Ergebnis heraus kommen? Und überhaupt: Wer hat die Studie in Auftrag gegeben?
Ich bin nach dem Lesen so klug wie zuvor. Sie schreiben selbst: "...lassen die bisherigen Studien noch keine abschließende Bewertung zu."
Von der "stiftung warentest"erwarte ich Beiträge mit Hand und Fuß (auch wenn es um Ellenbogen geht) und nicht das Erwähnen von irgendwelchen zweifelhaften Untersuchungen, die man/frau täglich in der Presse finden kann.
Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Beitrag dazu dienen soll, Ihr Buch "Schmerztherapie" zu verkaufen und/oder zur Freischaltung (kostenpflichtiger) Beiträge ermuntern soll