
Raumtemperatur. Beschäftigte sollten sich diesen Winter warm anziehen. © Getty Images / shironosov
Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Auch Firmen müssen ihren Beitrag leisten. Wird es am Arbeitsplatz aber zu kalt, können Beschäftigte Abhilfe verlangen.
Zu Hause sparen, im Büro schön aufwärmen – das wird in diesem Winter nur teilweise klappen. Die Bundesregierung hat Arbeitgebern kurzfristige Energiesparmaßnahmen auferlegt. Sie gelten seit 1. September 2022 für zunächst sechs Monate und regeln unter anderem die Temperatur in Arbeitsräumen.
Rechtliche Grundlage
Wie warm ein Arbeitsplatz zu sein hat oder wie kalt er sein darf, ist in Deutschland klar geregelt. Den technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A3.5) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zufolge müssen Arbeitsräume eine „gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ haben. Bei leichten, überwiegend sitzend verrichteten Tätigkeiten muss normalerweise eine Mindesttemperatur von 20 Grad gewährleistet sein. Werden mittelschwere Tätigkeiten im Laufen oder stehend erledigt, wie in Sicherheits- oder Reinigungsberufen, reichen 17 Grad. Wer körperlich schwerer Arbeit nachgeht und beispielsweise Lasten heben muss, braucht mindestens 12 Grad am Arbeitsplatz.
Neue Grenzwerte
Mit der neuen Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) ist es Arbeitgebern übergangsweise gestattet, die Mindesttemperatur zum Teil um 1 Grad zu unterschreiten. Die Arbeit im Büro dürfte damit auch bei 19 Grad verrichtet werden. Von der Verordnung ausgenommen sind schwere Tätigkeiten, hier bleibt die Mindesttemperatur bei 12 Grad. Auch für Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen ändert sich nichts. Hier sind weiterhin mindestens 21 Grad vorgeschrieben. Bei Waschräumen mit Duschen ist eine Lufttemperatur von 24 Grad Pflicht.
Öffentliche Gebäude
Während private Unternehmen die Mindesttemperatur in diesem Winter auf 19 Grad begrenzen dürfen, es ihren Beschäftigten aber auch wärmer machen können, darf diese Grenze in öffentlichen Gebäuden nicht überschritten werden. In amtlichen Büros sollen in der aktuellen Heizperiode also grundsätzlich maximal 19 Grad herrschen. Es wurde inzwischen allerdings schon berichtet, dass es nicht in allen öffentlichen Gebäuden geeignete Thermostate gibt, um diese Maximaltemperatur konsequent einzustellen.
Gemeinschaftsflächen in öffentlichen Gebäuden, die nicht für den Aufenthalt von Personen bestimmt sind, unterliegen aufgrund der Energiesparverordnung einem Heizverbot. Gemeint sind damit Eingangshallen, Treppenhäuser, Flure oder Lagerräume. Geheizt werden dürfen diese nur, wenn damit Schäden am Gebäude oder der darin befindlichen Technik verhindert werden. Von der Verordnung ausgenommen sind medizinische Einrichtungen, Schulen und Kitas.
Ab wann darf geheizt werden?
Die Arbeitsschutzbehörde macht Unternehmen eindeutige Vorgaben zur Arbeitsplatztemperatur, aber die neue Verordnung zur Energieeinsparung hebelt diese teilweise wieder aus. Arbeitsrechtlich ergeben sich daraus wichtige Fragen. Was geht vor: Arbeitsschutz oder Energieeinsparung? Welche Verordnung überwiegt? Klar ist: Wem bei der Arbeit kalt wird, der darf deswegen nicht gleich die Heizung aufdrehen. Beschäftigte dürfen aber Abhilfe verlangen. Erfolgen kann diese in Form von
- arbeitsplatzbezogenen technischen Maßnahmen,
- organisatorischen Maßnahmen oder
- oder personenbezogenen Maßnahmen.
Zu den arbeitsplatzbezogen technischen Maßnahmen zählen beispielsweise die Verwendung von Wärmestrahlungsheizungen oder Heizmatten. Organisatorisch wäre eine Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice oder die Einführung von festen Aufwärmzeiten denkbar, personenbezogen die Lockerung des Dresscodes zugunsten warmer Kleidung.
Erst wenn alle Schutzmaßnahmen nicht ausreichen und die Gesundheit der Beschäftigten gefährdet bleibt, kann die Heizung trotz der Energiesparvorgaben hochgefahren werden. Das sollte dann aber abgesprochen werden. Widersetzen sich Arbeitnehmende einer klaren Weisung ihres Arbeitgebers und spielen eigenmächtig am Temperaturregler, verletzen sie damit je nach Art der Anweisung möglicherweise Arbeitspflichten. Im schlimmsten Fall kann dies zu einer Abmahnung führen.
Für bestimmte Personengruppen, beispielsweise Schwangere, gelte ein besonderer Schutz, erklärt Arbeitsrechtler Alexander Bredereck aus Berlin. Über ein ärztliches Attest kann hier eine Anpassung der Raumtemperatur gefordert werden.
Tipp: Bevor Sie mit Ihrem Arbeitgeber in Konflikt über die Raumtemperatur geraten, versuchen Sie im Gespräch eine Lösung zu finden. Können Sie sich nicht einigen, wenden Sie sich an den Personal- oder Betriebsrat, sofern es in Ihrem Unternehmen einen gibt. Regelungen zur Raumtemperatur können auch in einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden.
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