
Telematik. Seit fünf Jahren zeichnet ein Sensor das Fahrverhalten unserer Redakteurin Ulrike Schulz auf. © Marc Brinkmeier / Stiftung Warentest
Wer sein Fahrverhalten aufzeichnen lässt, kann bei der Kfz-Versicherung viel Geld sparen – wenn die Bewertung stimmt. Die Telematik-Tarife der Versicherer im Vergleich.
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Testergebnisse für 19 Telematik-Tarife 02/2022Liste der 19 getesteten Produkte
- ADAC Basis
- ADAC Komfort
- ADAC Premium
- Allianz Komfort
- Allianz Premium
- Allianz Smart
- DEVK Komfort
- DEVK Premium
- Ergo Best
- Ergo Smart
- Feuersozietät, Saarland, Versicherungskammer Bayern Vario
- Feuersozietät, Saarland, Versicherungskammer Bayern Vario Plus
- Huk-Coburg Basis Select
- Huk-Coburg Classic Select
- Huk24 Basis Select
- Huk24 Classic Select
- LVM
- VHV Klassik-Garant
- VHV Klassik-Garant Exklusiv
Fahranfänger zwischen 18 und 20 Jahren haben ein besonders hohes Unfallrisiko: Es ist fünfmal höher als das von Fahrern zwischen 45 und 67 Jahren, so der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft. Die Jungen werden deshalb in die teuren Schadenfreiheitsklassen 0 oder ½ eingestuft.
Sparen können junge Autofans mit sogenannten Telematik-Tarifen. Der Begriff verbindet Telekommunikation mit Informatik und bezeichnet in der Kfz-Versicherung die Ermittlung und Auswertung persönlicher Fahrdaten. Die Grundidee: Statt nur auf statistische Wahrscheinlichkeiten wird die jährliche Prämie auch auf das individuelle Risiko zugeschnitten. Wer vorsichtig fährt, spart.
Das Wichtigste in Kürze
Sparen. Sie wollen einen Telematik-Tarif Ihrer Kfz-Versicherung nutzen? Das kann sich lohnen, so lange sie sicher und umsichtig fahren – bei optimalem Fahrverhalten sind bis zu 45 Prozent Rabatt drin. Die Stiftung Warentest hat Tarife von elf Anbietern verglichen. Die Testergebnisse zeigen: Im besten Fall können Sie mehrere Hundert Euro im Jahr sparen. Den großen Vergleich aller Tarife und Auswahloptionen in der Kfz-Versicherung inklusive Telematik finden Sie in unserem Kfz-Versicherungsvergleich.
Bewertung. Achten Sie bei der Auswahl des Anbieters nicht nur auf die Ersparnis. Schauen Sie sich auch die Leistungen des Tarifs und die Bewertungskriterien an. Neben Fahrstil fließen, je nach Versicherer, Faktoren wie Tageszeit, Fahrdauer oder Straßentyp in den Score ein. Nachtfahrten oder Stadtverkehr können Ihre Punktzahl verringern.
Technik. Einige Versicherer nutzen für die Aufzeichnung des Fahrverhaltens die GPS-Daten Ihres Smartphones, andere einen fest angebrachten Telematik-Sensor. Die Krux beim Smartphone: Es kann Ihre Fahrten mit fremden Autos, Bus oder Bahn als Ihre eigenen Fahrten verbuchen. Die können sich negativ auf Ihre Bewertung auswirken, wenn Sie diese nicht manuell reklamieren.
Ausprobieren. Die App der DEVK können Sie unverbindlich testen, ohne einen Vertrag abschließen zu müssen. Aus den meisten Telematik-Bausteinen können Sie ohne lange Fristen wieder aussteigen. Der bis dahin erfahrene Rabatt geht Ihnen aber dann verloren.
Vergleichen. Auch ohne Telematik-Tarif können junge Fahrerinnen und Fahrer bei einigen Kfz-Versicherern viel sparen. Lesen Sie dazu auch unsere Spartipps für Fahranfänger.
Vorsicht wird belohnt
Finanztest-Redakteurin Ulrike Schulz hat sich mit 23 Jahren für den Telematik-Tarif der Huk24 entschieden. „Ich hatte gerade einen Gebrauchten gekauft und wollte den möglichst günstig versichern“, erklärt sie. „Der Tarif war sowieso sehr preiswert. Als mir die Telematik-Option angeboten wurde, war meine Wahl klar.“
Inzwischen hat sie fünf Jahre Telematik-Erfahrung und hat dadurch bereits mehrere Hundert Euro gespart.
Ihr 17 Jahre alter Hyundai sendet selbst keine Daten an den Versicherer, die Übertragung erfolgt durch einen an der Windschutzscheibe klebenden Sensor. Setzt sie sich ins Auto, zeichnet dieser ihr Fahrverhalten auf. Aus Kategorien wie Tempo, Kurven- und Bremsverhalten setzt sich ein Score von 0 bis 100 Punkten zusammen. Je höher die Punktzahl, desto größer der Rabatt am Jahresende. Zwischen 8 und 25 Prozent sparte die Redakteurin in den vergangenen Jahren. Auch für das kommende Jahr sieht es gut aus: „Mein Score liegt aktuell bei 67 Punkten, damit würde ich 15 Prozent meiner Jahresprämie sparen.“
Mit Telematik bei der Autoversicherung fast die Hälfte sparen
Die Stiftung Warentest hat nachgefragt, wie viele Versicherer Telematik-Tarife in Deutschland anbieten und wie viel unsere 20 Jahre alte Modellkundin damit sparen könnte. Ergebnis: Elf Unternehmen bieten sie für Haftpflicht- und Kaskotarife an. Das prozentual größte Sparpotenzial hat der Tarif „Vario Fahrstil“ der Versicherungskammer Bayern, Feuersozietät und Saarland Versicherungen – sie gehören zu demselben Konzern. Hier lassen sich ab dem zweiten Versicherungsjahr bis zu 45 Prozent sparen. Das Angebot ist jedoch regional eingeschränkt.
Die meisten Versicherer bieten unter optimalen Bedingungen Rabatte zwischen 30 und 40 Prozent, teils inklusive zusätzlicher Startboni bei Abschluss der Versicherung.
Die Prozentzahlen sind jedoch nur bedingt aussagekräftig: Bei der Huk24 kann unsere Modellkundin „nur“ 30 Prozent Rabatt erhalten. Dafür ist der Grundbeitrag viel niedriger als etwa bei der Feuersozietät. Wie die Rabatte berechnet werden, ist nicht immer einfach nachzuvollziehen. Wer den besten Telematik-Tarif abschließen möchte, sollte mehrere Angebote vergleichen mit unserem aktuellen Vergleich von 19 Telematik-Tarifen oder zum Beispiel mithilfe unserer Kfz-Versicherungsanalyse.
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Testergebnisse für 19 Telematik-Tarife 02/2022Nicht nur der Rabatt zählt
Der Telematik-Rabatt bemisst sich meist aus einem Score zwischen 0 und 100 – wie bei Ulrike Schulz. Einige Tarife nutzen ein Medaillensystem. Bei dem können Fahrende für jede Fahrt eine Bronze-, Silber- oder Goldmedaille gewinnen, die zu Monats- und Jahreswertungen gebündelt werden. Welche Punktzahl am Ende in der App steht, ermittelt das System anhand von Parametern, die das Fahrverhalten möglichst genau abbilden sollen. Das sind etwa:
Beschleunigung. Wer an Ampeln oder nach Kurven zu viel Gas gibt, büßt Punkte ein.
Bremsen. Harte Bremsmanöver verschlechtern den Score.
Kurven. Einige Apps messen, wie rasant der oder die Fahrende scharfe Kurven nimmt.
Geschwindigkeit. Zu schnell fahren kostet Punkte im Telematik-Tarif.
Handynutzung. Die App erkennt, wenn am Steuer mit dem Handy gespielt wird.
Tageszeit. Auch Nacht- oder Rushhour-Fahrten können zu Punktabzug führen.
Straßentyp. Auf der Autobahn passieren statistisch weniger Unfälle als im Stadtverkehr – das wirkt sich auf den Score aus.
Fahrtdauer. Wer lange Strecken ohne Pause fährt, kann Punkte einbüßen.
Insgesamt belohnt das System vorausschauendes, risikoarmes Fahren. Einige Parameter lassen sich je nach Lebenssituation nur schwer beeinflussen. Wer nachts arbeitet, kann Nachtfahrten kaum vermeiden. Wer im Stadtzentrum wohnt und parkt, muss sich zwangsläufig durch den Stadtverkehr kämpfen. Diese Bewertungskriterien sollten bei der Tarifauswahl eine Rolle spielen. Eines haben alle Tarife gemeinsam: Draufzahlen wegen eines schlechten Telematik-Scores muss man nirgends.
Kein Tarif ohne eigene App

Per Handy. Die App zeigt Informationen über Punktzahl und vergangene Fahrten. © Marc Brinkmeier / Stiftung Warentest
Gut die Hälfte der Tarife in unserem Test verlässt sich bei der Datenübertragung auf das Smartphone. Streckendaten werden über GPS gesammelt. Der Bewegungssensor misst Beschleunigung und Fliehkräfte in den Kurven. Das Manko: Ist das Handy stets in der Tasche, kann die App auch fälschlicherweise Fahrten als Beifahrer oder mit dem ÖPNV aufzeichnen.
Diesem Problem schafft etwa die Allianz mit einem kleinen Bluetooth-Verbindungsgerät Abhilfe. Fahrten werden dann nur erfasst, wenn das Handy mit dem Gerät im eigenen Auto verbunden ist. Die Huk nutzt stattdessen einen kleinen Sensor, der an der Windschutzscheibe angebracht wird und die Daten ohne Hilfe des Smartphones übermittelt. Außerdem bietet jeder Tarif eine eigens entwickelte Telematik-App fürs Smartphone, die etwa den aktuellen Score und aufgezeichnete Fahrten anzeigt.
So funktioniert Telematik
Die meisten Neuwagen sind bereits entsprechend ausgerüstet. Die Technik kommt nicht nur bei Autoversicherungen zum Einsatz. Sie wird auch genutzt, um etwa nach einem Unfall einen automatischen Notruf abzusetzen.

© Stiftung Warentest / René Reichelt
Datenschutzerklärungen mit Mängeln
Viele Kunden schrecken aus Sorge um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten vor der Telematik-Nutzung zurück. Schließlich werden nicht nur GPS-Daten und Fahrtwege, sondern mitunter rechtlich relevante Daten wie die Geschwindigkeit erfasst.
Erkenntnisse über eine missbräuchliche Verwendung der Kundendaten jenseits der für die Telematik notwendigen liegen uns nicht vor. Versicherer sollten aber klar sagen, wofür sie die Daten nutzen. Das tut keiner von ihnen einwandfrei, wie unsere Analyse der Datenschutzerklärungen ergab.
Mehr als die Hälfte der Erklärungen weist deutliche Mängel auf. So wird teilweise eine ungültige Rechtsgrundlage genannt, wenn es darum geht, dass Daten in die USA geschickt werden – beispielsweise für Google Analytics. Andere Versicherer klären unzureichend darüber auf, nach welcher Logik sie die erfassten Daten auswerten, um die automatische Entscheidungsfindung zum Score-Wert in Gang zu setzen.
Telematik: Versicherungen vergleichen
Junge Fahrerinnen und Fahrer sollten deshalb prüfen, ob der Kompromiss überhaupt nötig ist. Auch wenn die Telematik bei ordentlichem Fahrverhalten hohe Rabatte verspricht, gibt es auch günstige Tarife ohne Datenermittlung. Unsere Modellkundin würde etwa für den günstigen und guten Haftpflicht- und Teilkaskotarif „Comfort“ der CosmosDirekt 587 Euro im Jahr zahlen.
Die Huk24 berechnet für einen vergleichbaren Tarif 620 Euro im Jahr. Mit Telematik-Option und einem anspruchsvollen, aber realistisch erreichbaren Score von 85 Punkten würde die Kundin 23 Prozent sparen und bei 477 Euro Jahresprämie landen. Erfährt sie volle 30 Prozent Ersparnis, zahlt sie nur 434 Euro. Damit könnte sie gegenüber der CosmosDirekt immerhin mehr als 100 Euro im Jahr sparen. Ob der mögliche Telematik-Rabatt also sinnvoll und den Aufwand wert ist, müssen Fahranfängerinnen und -anfänger selbst einschätzen.
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Testergebnisse für 19 Telematik-Tarife 02/2022-
- In vielen Städten fahren nicht nur Taxis. Einen Fahrservice vermitteln auch die Apps von Uber oder Free Now. Aber: Trotz gleicher Dienstleistung gibt es Unterschiede.
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- Auf dem Parkplatz vorm Supermarkt gegen ein anderes Auto gefahren? Dann wegzufahren, kann teuer werden und sogar den Führerschein kosten.
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- Kfz-Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko: Mit dem Versicherungsvergleich der Stiftung Warentest finden Autobesitzer stets den günstigen Tarif – auch für Elektroautos.
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Seit einem Jahr fahre ich mit dem HUK24 Telematiktarif. Da ich ein E-Fahrzeug habe, fahre ich sehr defensiv und so vorrausschauend, dass ich dank Rekuperation kaum bremsen muss und in 90% der Fälle punktgenau zum stehen komme.
Sehr negative sehe ich die sog. Beschleunigungsfehler. So z.B. letztens als ich 20 km auf einer Bundesstraße hinter einem LKW hing wo wegen dichtem Verkehr und kurvenreicher Strecke zu keiner Zeit an Überholen zu denken war. Trotzdem dichtete die App mir 7 Beschleunigungsvorgänge an. Gestern Auffahrt auf die A8 hinter einem großen Kastenwagen (kein Überholvorgang), und wieder habe ich "stark beschleunigt". Sowas erlebe ich bei vielen meiner Fahrten. Spricht man die HUK darauf an, erhält man nur stereotype Antworten und den Verweis auf die FAQ. Mein Fazit: Um annähernd an den max. Rabatt zu kommen, pflegt man am besten einem Fahrstil als ob man einen 40-Tonner bewegt. Macht doch mal diesbezgl. einen Test Fahrlehrern, die dem perfekten Fahrer am nächsten kommen.
Ein Nachteil ist nirgendwo erwähnt, aber m. E. durchaus wichtig zu wissen:
Die Systeme, die mit Bluetooth arbeiten, müssen eine permanente Bluetooth-Verbindung zum Telematik-Sensor herstellen. Dadurch wird Bluetooth für sämtliche anderen Funktionen blockiert. Man kann also das Smartphone nicht mehr mit dem Auto selbst koppeln und dann entsprechend nicht mehr über die Freisprechanlage telefonieren, Musik hören oder die Android-Auto-Funktion verwenden. Ich finde das völlig inakzeptabel.
Ich habe HUK24 Telematik ausprobiert, in meinem Fall hat sich das System Vollbremsungen auf Landstraßen ausgedacht und bei jeder Autobahnauffahrt habe ich Strafen für zu starkes Lenken bekommen, sogar mit 30 km/h in der Baustelle an der Auffahrt Holzkirchen Richtung München. Die Huk24 reagiert auf Anfragen nur mit Standard-Blabla. Ich habs dann wieder abbestellt.
BonusDrive der Allianz hält mich mehr von einem guten Verkehrsverhalten ab als es mir hilft. Das schlecht funktionierendes App-Dot-System nervt mich mit seinen Fehlfunktionen genauso wie das intransparente Bewertungssystem und die mangelhaften Karten.
Die Datenschutzerklärung in der App räumt der Allianz wesentlich mehr Rechte ein als im Internet frei zugänglich genannt werden, u.a. Rechte von Dritten. Die Allianz fordert, die Standortfreigabe auf „immer“ zu setzen. D.h., es wird dadurch ein permanentes Bewegungsprofil von mir erstellt, auch außerhalb des Fahrzeuges. „Wir bewerten Ihr Fahrverhalten transparent und fair“ ist Überschrift der Allianz! Das wünschte ich mir, muss aber eine hohe Intransparenz feststellen. Die Bewertungskriterien werden nicht offen gelegt. Aber vielleicht geht es ja auch nur um die Sammlung von Daten und Bewegungsprofilen. Und nicht um mein Wohl. Ich werde auch weiter an roten Ampeln halten, auch wenn das ein "mittelschweres Bremsvergehen" sein kann.
Ich fahre seit über 40 Jahren unfallfrei, abgesehen eines Blechschadens, den ich mir an meinem Auto in der Tiefgarage zugefügt habe. Pro Jahr hatte ich ca. 40.000 km Fahrstrecke. Seit Anfang 2022 bin ich bei der HUK mit Telematix-Tarif versichert. Will man tatsächlich Punkte sammeln um Kosten zu sparen, wird man zu einem Verkehrshindernis. Man wird durch den Sensor "gezwungen", rechtzeitig und behutsam die Geschwindigkeit zu reduzieren, um dann gemächlich um die Kurve zu fahren. Nachfolgende Verkehrsteilnehmer fahren extrem dicht auf, nicht selten wird man nach einiger Zeit riskant überholt. Niemals in meiner langjährigen Fahrpraxis habe ich mich so unwohl beim Autofahren gefühlt. Meiner Meinung nach ist der Sensor nicht nur verkehrsbehindernd, er ist verkehrsgefährdend. Was halten Sie von Tests mit verschiedenen Probanden (Gelegenheitsfahrern, Vielfahrern, Berufskraftfahrern)? Wäre das nicht eine Möglichkeit, die hinterlegten Fahrprofile heutigen Verkehrsverhältnissen anzupassen?