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Seit einem halben Jahr sollen Telekommunikationsanbieter Verbraucher besser über Handy- und Festnetztarife informieren. Die Stiftung Warentest hat überprüft, wie gut sie das in der Praxis tun. Unser Test von 31 Mobilfunk- und Festnetzanbietern zeigt: Viele setzen die Regeln nicht angemessen um. Und die Mitarbeiter in den Handy-Shops haben oft keine Ahnung.
Wichtige Infos oft nur in Fußnoten zu finden
Datenraten „bis zu“ 16 Megabit pro Sekunde – aber wie viel bekomme ich mindestens? Ein Gigabyte Datenvolumen im Vertrag inklusive – aber was passiert, wenn es aufgebraucht ist? Für wie lange lege ich mich bei diesem Tarif eigentlich fest? Und bis wann muss ich meinen bisherigen Vertrag kündigen? Wer seinen Festnetz- oder Handytarif wechseln will und Angebote vergleicht, steht schnell vor allerlei Rätseln. Auf den Webseiten und Handzetteln der Anbieter sind wichtige Informationen oft nur in Fußnoten zu finden – wenn überhaupt. Transparenz hat in der Branche nicht unbedingt die höchste Priorität.
Firmen setzen Transparenzverordnung nur halbherzig um
Seit Juni 2017 hätte sich die Lage deutlich bessern sollen. Seitdem ist die „Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt“ – kurz Transparenzverordnung – in Kraft. Sie soll den Markt durchschaubarer machen. Doch viele Firmen setzen die Verordnung nur halbherzig um, zeigt unser Test.
Worüber die Firmen Verbraucher aufklären müssen
Die „Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt“ der Bundesnetzagentur soll die Tarife für Internet- und Telefonanschlüsse durchschaubarer machen. Ein Schwerpunkt liegt auf Datendiensten, ein anderer auf den Möglichkeiten, Verträge zu kündigen und den Anbieter zu wechseln. Die wichtigsten Bestimmungen:
- Über den Tarif per Produktinformationsblatt.
- Für jeden Tarif müssen Anbieter ein Produktinformationsblatt bereitstellen. Die Netzagentur macht enge Vorgaben zu Inhalt und Darstellungsform (So sollte ein Produktinformationsblatt aussehen). Das soll die Vergleichbarkeit von Tarifen verbessern. Einen großen Fortschritt bringen die Blätter besonders für Festnetz-Internetanschlüsse: Die Anbieter müssen für sie nun auch die normalerweise zur Verfügung stehenden und die minimalen Verbindungsgeschwindigkeiten nennen – und nicht nur die bisher aus der Werbung gewohnten, wenig aussagekräftigen „Bis-zu“-Maximalwerte.
- Über die Überprüfbarkeit der Datenraten.
- Damit Kunden prüfen können, ob der Anbieter die angegebenen Datenraten einhält, sieht die Verordnung drei Möglichkeiten vor: eine Messung durch den Anbieter; ein Werkzeug, das der Anbieter seinen Kunden zum Messen bereitstellt; ein Messwerkzeug der Bundesnetzagentur. Unter breitbandmessung.de bietet die Netzagentur bereits eine solche Möglichkeit an. Um zu belegen, dass die Geschwindigkeit erheblich von den Angaben im Infoblatt abweicht, sind laut Bundesnetzagentur allerdings 20 Messungen an zwei Tagen erforderlich. Eine PC-Software, die diese Messungen automatisch durchführt, auswertet und dokumentiert, ist noch in Arbeit.
- Über das Datenvolumen.
- Vor allem Mobilfunkverträge sehen häufig ein begrenztes Datenvolumen pro Abrechnungszeitraum vor. Ist es verbraucht, wird die Internetverbindung je nach Tarif stark verlangsamt oder gar gekappt. Anbieter müssen ihre Kunden nun tagesaktuell über das verbrauchte Volumen informieren und sie warnen, wenn 80 Prozent verbraucht sind.
- Über den Kündigungstermin.
- Um den Anbieter zu wechseln, muss der Kunde wissen, bis wann er seinen bestehenden Vertrag kündigen muss. Bisher war das eine Rechenaufgabe aus der Mindestlaufzeit, der Kündigungsfrist und dem Datum, an dem die aktuelle Vertragslaufzeit begann. Die Transparenzverordnung verpflichtet Anbieter nun, ihre Kunden nicht nur über diese drei Faktoren zu informieren, sondern ihnen auch den konkreten Kalendertag zu nennen, an dem die Kündigung spätestens eingehen muss. Seit Dezember müssen diese Angaben in der Rechnung stehen. Bis dahin reichte es für eine Übergangsfrist, wenn sie im Online-Kundenkonto abrufbar waren.
Telekommunikationsanbieter im Transparenzcheck
Wie gut sie die Vorgaben erfüllen, haben wir bei 31 Mobilfunk- und Festnetzanbietern geprüft. Unser Hauptaugenmerk lag auf dem Herzstück der Neuregelung: den Produktinformationsblättern. Die Anbieter müssen sie leicht zugänglich bereitstellen und wichtige Details ihrer Angebote auf einer Seite übersichtlich darstellen. Bei fünf Firmen mit bundesweitem Filialnetz prüften wir zusätzlich, wie gut die Mitarbeiter in Shops vor Ort informieren. Unsere Testpersonen besuchten jeweils sieben Filialen und ließen sich zu Handytarifen beraten. Das Ergebnis ist verheerend (Tabelle Infos in den Filialien).
Produktinformationsblatt? Nie gehört.
In keinem einzigen der 35 Shops händigte ein Mitarbeiter das vorgeschriebene Informationsblatt zum jeweiligen Tarif unaufgefordert aus. In fünf Shops der Telekom gab es die Infoblätter immerhin auf Nachfrage. Die Mitarbeiter der meisten anderen Läden konnten mit der Frage nach dem Produktinformationsblatt dagegen wenig anfangen. Stattdessen drückten sie den Testkunden Werbe-Flyer in die Hand. Oder sie lehnten die Bitte als abwegig ab: Da müssten sie ja seitenweise PDF-Dateien ausdrucken. Dass sie spezielle Infoblätter bereithalten müssen, schienen die meisten nicht zu wissen.
Shop-Mitarbeiter schlecht informiert
Auch zu weiteren Themen bekamen unsere Testkunden oft unbefriedigende Antworten. Frage: Wie findet man heraus, bis wann man seinen bestehenden Vertrag kündigen kann? Laut Transparenzverordnung müssen Anbieter das konkrete Datum, zu dem die Kündigung spätestens eingegangen sein muss, online angeben. Doch viele Shop-Mitarbeiter wussten das nicht und verwiesen nur allgemein auf Mindestlaufzeit und Kündigungsfrist.
DSL-Geschwindigkeit? Googeln Sie doch mal!
Dritte Testfrage: Wie kann der Kunde die Geschwindigkeit seines DSL-Anschlusses überprüfen? Die Verordnung sieht Messangebote der Bundesnetzagentur oder des jeweiligen Telekommunikationsunternehmens vor. Doch viele Verkäufer verwiesen nur allgemein auf Mess-Apps, empfahlen eine Google-Suche oder meinten gar, das könne man gar nicht richtig messen. Bei der Schulung der meisten Shop-Mitarbeiter scheint die Transparenzverordnung keine große Rolle gespielt zu haben.
Infoblätter auf Anbieterwebseiten nicht immer leicht zu finden
Das Testergebnis zu den Produktinformationsblättern ist nicht ganz so niederschmetternd wie das in den Filialen vor Ort, aber ebenfalls unbefriedigend. Wir prüften, ob die Infoblätter auf den Anbieterwebseiten leicht zu finden sind und wie gut sie den Vorgaben der Bundesnetzagentur entsprechen. Ergebnis: Nicht einmal die Hälfte setzt beides angemessen um (Tabelle Infoblätter). In ihrer Anleitung zum Erstellen der Infoblätter gibt die Regulierungsbehörde vor, wo die Dokumente online zu finden sein müssen: in dem Bereich, in dem sich der Verbraucher über die Angebote „vorrangig informiert“. Die Blätter sollen nicht unter den Tarifdetails oder irgendwo bei den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt werden.
Am falschen Ort, falsch verlinkt, oder einfach: Fehlanzeige
Daran halten sich aber längst nicht alle Firmen. Edeka Mobil, Fyve, Lycamobile und M-Net sammeln zum Beispiel alle Infoblätter auf einer Seite, anstatt sie auch auf den jeweiligen Produktseiten zu verlinken. Bei anderen führen manche Links statt zu Informationsblättern zu Fehlermeldungen oder zu falschen Dokumenten, oder sie fehlen für einzelne Tarife.
Viele Infoblätter halten sich nicht an die Vorgaben
Auch inhaltlich weichen viele Infoblätter von den Vorgaben der Netzagentur ab: Mal fehlt die Angabe, ob es sich um einen Prepaid- oder einen Postpaid-Tarif handelt, mal der Hinweis auf Preisliste und Leistungsbeschreibung oder der Link auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Fazit: Anbieter pfeifen weiter auf Transparenz
Die meisten dieser Mängel wirken eher wie Formfehler und nicht wie gezielte Versuche, etwas zu verheimlichen. Dennoch unterstreicht auch dieses Ergebnis den Eindruck: Transparenz scheint vielen Telekommunikationsanbietern noch immer nicht am Herzen zu liegen.
Es gibt noch viel zu tun
Thomas Grund, Projektleiter für Telekommunikationstarife bei der Stiftung Warentest, kommentiert die Ergebnisse des aktuellen Transparenz-Tests.
„Seit gut einem halben Jahr gilt die Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt. Ist er durchschaubarer geworden? Ein erster Schritt ist zumindest getan. Doch bleiben etwa in den Produktinformationsblättern wichtige Aspekte von Telefontarifen unberücksichtigt. Die Transparenzverordnung fordert darin zum Beispiel keine Angaben zu den Kosten für die Freischaltung von Anschlüssen oder für Gespräche, die nicht von Flatrates gedeckt sind, oder dazu, nach welchem Takt die Firmen Gesprächsminuten und Daten abrechnen.
All diese Infos müssen Kunden immer noch anderswo zusammensuchen. Sie sind aber wichtig, weil die Unterschiede sich gerade in solchen Details verstecken. Die Verordnung hätte weiter gehen können. Und selbst die begrenzten Vorgaben der Verordnung erfüllen viele Anbieter nicht angemessen. Mitarbeiter sind schlecht geschult, Infoblätter teils schwer zu finden und nicht selten lückenhaft. Bis Verbraucher alle Informationen, die sie zum Vergleich von Tarifen brauchen, leicht finden können, gibt es noch viel zu tun – bei den Anbietern und bei der Regulierungsbehörde.“
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- Die Mobilfunknummer gehört dem Kunden. Nach dem Telekommunikationsgesetz hat er einen Rechtsanspruch auf Mitnahme der Nummer inklusive Vorwahl beim Anbieterwechsel....
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- Ein einziger Vertrag für Internet, Telefonie und Fernsehen – mit Drei-in-eins-Tarifen („Triple Play“) ist das möglich. Vor einem Abschluss die Preise zu vergleichen lohnt...
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@Reinhard641: Bei der Kündigung des Vertrages mit einem Telefonanbieter muss man sich in der Regel an die Kündigungsfristen halten. Dass ein anderer Anbieter bessere Konditionen liefert, führt nicht zu einem Sonderkündigungsrecht. (SG)
Sehr geehrter Herr Grund,
wir benötigen umgehend eine erhebliche Verbesserung der Verbindung in die USA .
Das wäre mit dem Wettbewerber möglich.
Die Leistung ist zusätzlich durch den Neuvertrag auch finanziell besser.
Gibt es die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung bei der Telekom, ggf. gegen Stornogebühr ?
Mit freundlichem Gruß
Herbert 18.03.2018
Kommentar vom Autor gelöscht.
So lange die Anbieter nicht müssen, sondern nur sollen, passiert auch nicht viel.
Da hat der Gesetzgeber seine Job nicht ordentlich gemacht.
Vielleicht war es evil. auch beabsichtigt? Die Macht der Lobbyisten.
Seit Jahren habe ich lt Vertrag 16 MB/s, tatsächlich lt nichtautorisierter Feststellung auch der Servicetechniker 6 MB/s. Tatsächliche Downloadgeschwindigkeit liegt vielfach noch bei Bruchteilen dieses Wertes. Meine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur wurde abgewiesen; Formalismen!
Lässt der Gesetzgeber zu, dass solche Bundesbehörden Verordnungen herausgeben, statt sich zu kümmern, so ist es nicht verwunderlich, dass Deutschland bei der Digitalisierung ein klares Ziel hat: Gleichstellung mit Entwicklungsländern!
Immerhin können die Betreiber mit geringererem Aufwand volle Preise verlangen und damit unangemessen hohe Rendite erwirtschaften. "test" beschreibt zwar die Situation, greift leider aber nicht hinreichend energisch den Gesetzgeber an.