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Nicht nur Mobilfunkkunden, auch Kunden mit Festnetzanschluss werden von unseriösen Drittanbietern abgezockt. Eine Art des Betrugs hat ein neues Gesetz nun unterbunden.
Mit Betrug unter 032 ist hoffentlich Schluss
Betrug mit der bundesweit gültigen Telefonvorwahl 032 war bisher gang und gäbe. Abzockerfirmen nutzten diese Nummer, um Telefonkunden Geld für meist nicht näher bezeichnete „Service-Dienste“ über die Telefonrechnung abzubuchen. Die Telefonfirma, bei der Kunden ihren Anschluss haben, bucht das Geld ab – und kassiert mit. Doch seit Dezember 2021 ist dies für Betrüger-Firmen kaum noch möglich. Es gilt nun eine gesetzliche Preishöchstgrenze von neun Cent pro Minute, so eine Sprecherin der Bundesnetzagentur. Mehr dürfen Anbieter nicht verlangen. Außerdem muss der Preis vorher angegeben werden. Dies ist im neuen Telekommunikationsgesetz geregelt. Grund für die Neuregelung: „Diese Rufnummern fallen als Sonderrufnummern aus Flatrates heraus und konnten für Verbraucher oftmals hohe Kosten verursachen“ so die Sprecherin. Damit soll nun Schluss sein.
Bundesnetzagentur stoppt First Telecom GmbH
Die Bundesnetzagentur hat gegen die Telefongesellschaft First Telecom GmbH aus Frankfurt am Main ein Verfahren geführt und angeordnet, dass die Firma von ihr betriebene Telefonnummern abschalten muss. Darunter ist die Auskunftsnummer 11830 sowie mehrere „Servicerufnummern“. Die „rechtswidrig beworbenen Dienste sind somit nicht mehr erreichbar“, schreibt die Bundesnetzagentur. Sie ist die staatliche Aufsichtsbehörde für den Telefonmarkt. First Telecom hat nach Angaben der Bundesnetzagentur gleich doppelt gegen geltendes Recht verstoßen:
- Nach dem Wählen der 11830 waren Kunden zu dem gewünschten Teilnehmer weiterverbunden worden – allerdings ohne die vorgeschriebene Ansage des Preises.
- Telefonkunden hatten nach dem Wählen einer „Servicerufnummer“ nur durch Tastendruck ein „Abonnement“ abgeschlossen.
In Österreich war First Telecom bereits 2016 durch die dortige staatliche Telefonaufsicht sanktioniert worden.
Ein test.de-Leser wies die Bundesnetzagentur auf Abzocke hin
Den Hinweis auf die unrechtmäßigen Praktiken hatte ein test.de-Nutzer der Bundesnetzagentur gegeben. Seine Mutter war über ihren Festnetzanschluss bei der Telefónica abgezockt worden. Auf ihrer Rechnung stand ein nicht näher bezeichneter „SparService“ der First Telecom GmbH. Telefónica buchte Geld für diese angebliche Leistung mit der Telefonrechnung ab – insgesamt fast 65 Euro. Anfangs weigerte sich Telefónica, das Geld zu erstatten. Erst der Hinweis auf die Entscheidung der Bundesnetzagentur brachte das Unternehmen zum Einlenken. Die staatliche Aufsicht hatte nämlich auch angeordnet, dass das Geld für solch unseriösen „Dienste“ fortan nicht mehr kassiert werden darf.
Kunden müssen Rückerstattung selbst einfordern
Wenn Kunden bereits bezahlt haben, greift dieses Verbot „jedoch nicht unmittelbar“, so die Bundesnetzagentur. Kunden haben dann keinen automatischen Anspruch auf Rückzahlung, es sei denn, sie fordern ihn individuell ein, notfalls vor Gericht. Es sei „unbefriedigend, dass Verbraucher, die Opfer eines rechtswidrigen Geschäftsmodells geworden sind, keine automatische Rückerstattung erhalten“, sagt die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Stiftung Warentest. Sie sei gesetzlich noch nicht ermächtigt, dies durchzusetzen. Betroffene Kunden können „dennoch versuchen, das Geld zurückzufordern“, so die staatliche Aufsicht.
Telefónica und First Telecom wiegeln ab
Unsere Nachfrage, ob alle ihre betroffenen Kunden das abgeknöpfte Geld zurückerhalten, beantwortet Telefónica abwiegelnd. Kunden müssten sich an die First Telecom wenden, so eine Unternehmenssprecherin. Die Stiftung Warentest sieht das anders: Die Telefonanbieter sind in der Pflicht. Denn es sind ihre Kunden, denen sie Geld für rechtswidrig zustande gekommene „Leistungen“ abgebucht haben. Die First Telecom GmbH wäscht ihre Hände ebenfalls in Unschuld – obwohl sie auf der Telefonrechnung der Kunden steht. First Telecom sei nicht Anbieter der Dienste, sondern stelle lediglich die technische Infrastruktur zur Verfügung. „Der tatsächliche Anbieter“ werde den Kunden bei Reklamationen mitgeteilt, so die Frankfurter Firma. In diesem Fall handelt es sich um „My payconshop“ – eine Briefkastenfirma in London. Telefónica und First Telecom GmbH haben an diesem Geschäft allerdings gut mitverdient.
Das können betroffene Kunden tun
Lassen Sie sich nicht unter Vorspielen falscher Tatsachen zu einem Rückruf überreden – auch nicht bei einer unverdächtig scheinenden Nummer, die mit 032 beginnt. Diese bundesweit gültige Vorwahl darf zwar nicht für kostenpflichtige „Services“ und „Dienste“ genutzt werden – unseriöse Drittanbieter machen es aber trotzdem. Wenn Sie in eine Abofalle geraten sind, lassen Sie sich von Telefonanbietern wie Telefónica nicht abwimmeln. Bestehen Sie darauf, dass sie Ihnen das Geld für nicht bestellte Drittanbieter-“Leistungen“ erstatten. Schalten Sie gegebenenfalls einen Anwalt ein. Schreiben Sie der Bundesnetzagentur per E-Mail, was Ihnen passiert ist und erstatten Sie Anzeige wegen Betrugs gegen den auf der Telefonrechnung stehenden Drittanbieter. Wie das online geht, erklären wir in unserem Gewusst wie Online Anzeige erstatten.
Tipp Mehr zur Abzocke übers Telefon lesen Sie in unserem Special Handyabofallen.
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