
Sechs Milliarden Euro jedes Jahr, schätzt der ADAC, zahlen die Gebrauchtwagenkäufer in Deutschland zu viel für ihre Autos. Jedes dritte Gebrauchtfahrzeug werde mit manipuliertem Tachostand verkauft, heißt es. Mit betrügerisch verringerter Laufleistung lässt sich der Wert eines Autos deutlich steigern. Für Käufer ist es schwierig, solche Machenschaften aufzudecken – aber nicht unmöglich. test.de sagt, wie Sie sich vor Betrug schützen können.
Der Tachostand lässt sich zu leicht manipulieren
Einfache Computerprogramme für Laptops, Tablet-PCs oder universelle Servicegeräte machen es zum Kinderspiel, den Kilometerzähler zu manipulieren. Über den Servicestecker des Autos ist er in Sekundenschnelle auf jede beliebige Zahl einstellbar. Halbiert ein Betrüger den Tachostand eines Autobahn-Dauerläufers von 180 000 auf 90 000 Kilometer, steigt der Marktwert des Wagens von 6 000 auf 9 000 Euro. Experten schätzen, dass verfälschte Kilometerstände im Durchschnitt zu einer illegalen Wertsteigerung von über 3 000 Euro pro Fahrzeug führen.
Fälschungssichere Tachos wären technisch möglich
Weder der Tacho noch die Fahrzeugelektronik zeichnen Änderungen am Kilometerstand auf. Technisch wäre eine Dokumentation zwar möglich, doch die Autobauer haben bislang auf Sicherungsmaßnahmen verzichtet. Der ADAC hat den Gesetzgeber aufgefordert, fälschungssichere Tachos vorzuschreiben. Bislang ohne Erfolg.
Wie schütze ich mich vor Betrug?
Mit etwas Recherche können Verbraucher der Tachokosmetik dennoch auf die Spur kommen. So dokumentieren beispielsweise Rechnungen, Scheckhefte und Tüv-Belege den jeweiligen Kilometerstand. Ist er in einem der Dokumente höher als die Tachoangabe, stimmt etwas nicht. Hilfreich kann auch ein Blick aufs Ölwechselschild sein. Empfiehlt es, den nächsten Austausch beim Stand von 100 000 Kilometer durchzuführen, kann der Kilometerstand nicht bei 50 000 liegen. Die Wechselintervalle betragen höchstens 30 000 Kilometer. Eine Hilfe bei der Suche nach alten Werkstattrechnungen ist der Fahrzeugbrief. In ihm stehen die Namen der Vorbesitzer.
Datenbank als Mittel gegen Tachomanipulation
Eine zentrale Datenbank für Kilometerzählerangaben schlägt die Initiative gegen Tachomanipulation vor. Der Verein – eine gemeinschaftliche Gründung des Automobilclub von Deutschland (AvD), des Softwarespezialisten Werbas und der Fahrzeugdatenbank Car-Pass – möchte erreichen, dass fahrzeugrelevante Daten bei der HU (Hauptuntersuchung, zum Beispiel bei Tüv und Dekra) und beim Service in den Werkstätten routinemäßig gespeichert werden. Mit diesen Informationen solle eine „glaubwürdige und überprüfbare Fahrzeughistorie“ entstehen. Der Vergleich der Daten aus der Datenbank und der Fahrzeugelektronik soll helfen Manipulationen aufzudecken. Es müsste allerdings auch gesichert sein, dass die gesammelten Daten vor Missbrauch geschützt werden. In Belgien wurde eine solche Datenbank 2010 bereits eingeführt. Wie es scheint, mit Erfolg: Nach Angaben des Betreibers von car-pass.be sank die Zahl der Tachofälschungen von zunächst mehr als 60 000 pro Jahr auf 1 239 im Jahr 2014.
ADAC ist skeptisch
Der ADAC hält den Einsatz von Datenbanken für zu unsicher (siehe Meldung Tachobetrug: Datenbanken zur Abwehr?), weil die Datenbankeintragungen erst mit der ersten Hauptuntersuchung beginnen würden, also wenn das Fahrzeug bereits drei Jahre alt ist. „Kriminelle, die ein Auto manipulieren und dadurch seinen Wiederverkaufswert steigern wollen, könnten beispielsweise vor einer HU den Kilometerstand des Pkw gezielt verändern“, befürchtet man beim ADAC. „Das Ergebnis des vermeintlich echten, jedoch manipulierten Kilometerstandes bekommen sie dann mit der HU sogar noch behördlich bestätigt“.
Fahrzeughersteller sammeln schon jetzt Daten zu Reparaturen
Bereits jetzt sammeln Fahrzeughersteller Daten. Ihre Aufzeichnung beginnt früher – nämlich bei der ersten Inspektion. Für jedes Fahrzeug, das regelmäßig zum Service kommt, legen sie eine Reparationshistorik an. In einem Rechtsstreit, den das Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 2012 entschied, verhalf diese Historik dem Käufer eines mit manipuliertem Tacho verkauften Volkswagens zu seinem Recht.