
Für den Preis eines Gebrauchtwagens ist der Kilometerstand entscheidend. Oft drehen Verkäufer den Tacho zurück. © Shotshop / Pincasso
Stimmt der Tacho? Vor der Frage stehen alle, die ein gebrauchtes Auto kaufen. Oft stellen Kriminelle den Kilometerstand zurück. Finanztest erklärt, wie Sie das erkennen.
Es dauert nur ein paar Sekunden
Es reicht ein kleines Gerät, das an die OBD2-Schnittstelle des Pkw angeschlossen wird. Das ist der Zugang zum elektronischen Innenleben des Pkw. Dort kann die Werkstatt Dutzende Sensoren auslesen für Motor, Getriebe, Fahrwerk, Airbags und vieles mehr. Da lässt sich auch der Tachostand verstellen, in Sekunden, mit wenigen Klicks. Die Geräte gibt es im Internet schon für rund 150 Euro. Alternativ inserieren im Internet diverse Tachodienste, die für wenige Hundert Euro den Job erledigen.
Die Kriminellen können offen auftreten, denn die Geräte haben auch eine legale Funktion. Ist ein Tacho kaputt und wird gegen einen gebrauchten ausgetauscht, stimmt der Kilometerstand nicht mit dem des Pkw überein. Die Geräte helfen, ihn passend einzustellen. Doch Tachodefekte sind extrem selten. Und oft ist eine Reparatur preisgünstiger als ein Austausch.
Unser Rat
Seriös. Kaufen Sie nur bei einem seriösen Autohandel oder Privatleuten, die einen verlässlichen Eindruck machen. Besichtigen Sie das Auto nicht allein, sondern möglichst mit einer Person, die sich auskennt. Wir empfehlen, das Auto während der Probefahrt in einer Werkstatt prüfen zu lassen.
Aufpassen. Serviceheft, Tüv-Berichte und Rechnungen der Werkstatt sollten vorliegen. Schon kleine Hinweise, dass etwas nicht stimmt, sind Grund genug, nicht zu kaufen.
Kilometer. Lassen Sie sich die Laufleistung schriftlich zusichern. Für Erstbesitzende, die privat verkaufen, kann das kein Problem sein.
Nachträglich. Wenn Sie schon gekauft haben und nun den Verdacht auf Tachobetrug haben, sollten Sie rasch in einer Vertragswerkstatt die Fahrzeughistorie prüfen lassen.
3 000 Euro Mehrerlös pro Pkw
Das Ganze ist ein lohnendes Geschäft. Mit zurück gestelltem Kilometerstand ist ein Auto im Schnitt 3 000 Euro mehr wert, schätzen Fachleute. Den Schaden hat, wer gebraucht kauft, oft sogar doppelt. Erstens bezahlen sie zuviel für den Gebrauchtwagen, und zweitens: Überziehen sie wegen des zu niedrigen Tachostands ein Wartungsintervall, kann es einen teuren Motorschaden geben.
Gefälschte Tachos und Servicehefte
Die Kriminellen oft obskure Autoschieberfirmen, aber auch mancher Kfz-Handel. In Frankfurt am Main flog ein 44-Jähriger auf, der den Tachostand und die Servicehefte gefälscht hatte. Einem Händler in Bochum wies die Staatsanwaltschaft 13 Fälle von Tachobetrug nach. In Neustadt an der Weinstraße hatte eine Bande nicht nur die Tachos gefälscht, sondern die Servicehefte gleich mit. Auch skrupellose Privatleute nutzen die Betrugsmasche. Wer von privat kauft, sollte sich also nicht nur das Auto anschauen, sondern auch bei der Verkaufsperson genau überlegen, ob sie wirklich einen rundum vertrauenswürdigen Eindruck macht.
Garantie gegen Tachobetrug
Der Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) gibt Kunden und Kundinnen eine Garantie gegen Tachomanipulation. Stellt sich heraus, dass der Kilometerstand gefälscht ist, dürfen sie das Auto zurückgeben. Allerdings sind BVfK-Betriebe dünn gesät. Der Verband zählt nur 800 Mitglieder.
Betrug oft nicht nachweisbar
Früher flog der Betrug oft auf, weil die Kriminellen lediglich den Tacho verstellten. Dabei zeichnen in modernen Pkw jede Menge weiterer Steuergeräte ebenfalls Tachostände auf, etwa der Zähler für Wartungsintervalle, die Wegfahrsperre, das elektronische Zündschloss, der allgemeine Fehlerspeicher oder die Getriebesteuerung. Einige Module zählen nicht die Kilometer, dafür aber die Betriebsstunden des Pkw. All das muss zurück gestellt werden, sonst ist der Betrug leicht nachweisbar.
Doch die Banden besorgen sich laufend Updates für ihre Schummelsoftware. Wenn sie gut arbeiten, ist die Manipulation kaum nachweisbar.
Es gibt keine belastbaren Zahlen
Das geht selbst der Polizei so. Sie schätzte 2011 die Zahl der Betrügereien auf ein Drittel, weil bei Razzien in München ein Drittel der Pkw gefälschte Papiere hatten. Genauere – und vor allem neuere – Zahlen gibt es nicht. Und ob man diesen uralten Münchner Befund, der nur auf einer begrenzten Zahl tatsächlicher Fälle basiert, wirklich bundesweit hochrechnen kann, ist natürlich zweifelhaft. Einige Fachleute schätzen die Betrugszahlen deutlich niedriger ein, bleiben mangels belastbarer Statistiken aber auch vage.
Erfahrene Autohändler erkennen viele kleine Indizien für einen Tachobetrug: Die Schaltung fühlt sich weicher an, als der Tachostand erwarten ließe, der Blinkerhebel rastet nicht fest ein, Scheinwerfer und Frontscheibe sind stark verkratzt.
Risiko begrenzen
Kaufvertrag. Wichtig ist eine verbindliche Zusicherung des Kilometerstands. Zusätze im Vertrag wie „soweit bekannt“, „laut Vorbesitzer/in“ oder „wie abgelesen“ lassen zu, dass früher am Tacho gedreht wurde. Stattdessen sollte im Vertrag sollte stehen: „Der Tachostand entspricht der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs.“ Das ist verbindlich. Doch viele Verkaufende sind dazu nicht bereit, wenn sie den Wagen selber gebraucht gekauft haben und daher seine Vorgeschichte nicht kennen.
Serviceheft. Wichtig ist das Serviceheft, auch Checkheft oder Scheckheft genannt. Heißt es: „Habe ich nicht“, ist das ein Grund, das Auto nicht zu kaufen. Aber Vorsicht: Es gibt Kriminelle, die auch Servicehefte fälschen. Ein Hinweis darauf wäre, dass das Heft angeblich Jahre alt ist, aber taufrisch aussieht und alle Stempel gleich aussehen. Stempeltusche verändert sich mit der Zeit, sodass Schwärzung und Kontrast abweichen.
Belege. Rechnungen der Werkstatt und Tüv-Berichte sollten vorliegen, am besten auch Zettel früherer Ölwechsel. Meist sind dort Tachostände eingetragen. Sind die Zeit- und Kilometerabstände plausibel? Oder wurde in einer Zeitperiode auffallend wenig gefahren?
Ölwechsel. Meist hängt im Motorraum ein Kärtchen vom letzten Ölwechsel. Stehen dort 120 000 km, aber auf dem Tacho 95 000 km, ist die Manipulation offensichtlich.
Schnäppchen. Niemand hat Geld zu verschenken. Auch Laien, die ein Auto verkaufen wollen, können sich im Internet leicht informieren, welche Preise zu erzielen sind. Bietet jemand das Auto extrem günstig an, ist das verdächtig.
Einrichtung. Starker Verschleiß an Sitzen, Lenkrad, Schalthebel oder Pedalen deutet auf intensive Nutzung hin. Ist alles okay, heißt das aber nicht viel. Die Gummis zu tauschen und die Sitze aufzupolieren, kostet wenig.
Vorbesitz. Bei Autos aus zweiter Hand kann man die Vorbesitzenden fragen. Oft sind sie über Einträge im Service-Heft auffindbar oder über die Werkstatt. Dort können Sie den letzten Tachostand erfragen.*
Haltedauer. Verkaufen Privatleute schon nach kurzer Besitzzeit ihr Auto, sollten sie einen plausiblen Grund dafür nennen können.
Vertrauen. Beim Gebrauchtwagenkauf ist Vertrauen nicht ganz unwichtig. Macht die Person, die den Wagen anbietet, einen seriösen Eindruck? Preist sie das Auto allzu eloquent an? Kann sie Fragen plausibel beantworten oder präsentiert sie Ausreden?
Historie. Meist war der Wagen bereits in einer Vertragswerkstatt. Dann sind dort in der Pkw-Historie Tachostände hinterlegt.
Check. Einen gut gemachten Tachobetrug kann auch eine Werkstatt kaum aufdecken. Aber sie kann bei einem Gebrauchtwagencheck grobe Macken des Pkw finden.
Junge Gebrauchte. Vor allem Jahreswagen und Leasingfahrzeuge sind teuer. Bei ihnen lohnt sich Betrug am meisten.
Tachoschutz lässt auf sich warten
Nötig wäre es, Autos gegen den Betrug zu sichern. Die Hersteller zeigen daran kaum Interesse. Schließlich entsteht ihnen kein direkter Schaden. Ähnlich die Leasingfirmen: Sie verkaufen das Auto einfach zu dem Preis weiter, den es mit gefälschtem Tacho bringt. Immerhin hat die Europäische Union durchgesetzt, dass seit September 2017 neue Pkw-Modelle einen Tachoschutz haben müssen und seit September 2018 alle Neuwagen. Doch was fehlt, ist eine detaillierte Vorschrift, wie genau dieser Schutz aussehen und welche neutrale Stelle ihn überprüfen soll.
Die Folge: „Es wird munter weiterbetrogen“, stellt der ADAC fest. Bei einer Stichprobe des Automobilclubs bei drei Neuwagen gelang die Tachomanipulation im Handumdrehen. Ein Blick auf die Internetseiten der Hersteller von Geräten zur Tachojustierung zeigte, dass auch für gerade neu erschienene Fahrzeugmodelle in kurzer Zeit Angebote zur Manipulation des Kilometerstands auftauchten.
Kriminellen das Handwerk legen
Der ADAC fordert schon lange den Einbau von Computerchips mit HSM (Hardware Secure Module) als wirksamen Schutz des Kilometerstands. Doch bisher sind die Hersteller nicht dazu bereit. Eine andere Lösung wäre laut ADAC die Connect-Technik. In fast allen Neuwagen ist eine SIM-Karte fest verbaut. Sie überträgt auch den Kilometerstand an den Hersteller. Der könnte regelmäßig an eine behördliche Stelle gesendet werden, wenn Fahrer und Fahrerin zustimmen. Doch das ist bisher Zukunftsmusik.
Bei Betrug Auto zurückgeben
Wer bereits Opfer eines Tachobetrugs wurde, kann eventuell das Auto zurückgeben. Entscheidend ist, was im Kaufvertrag steht. Dort muss der Kilometerstand verbindlich angegeben sein. Formulierungen wie „Fahrleistung laut Vorbesitzer“ oder „Tachostand wie abgelesen“ machen die Angabe unverbindlich, ebenso der Zusatz „soweit bekannt“, sind ein Hinweis, dass Verkaufende gerade nicht für die Richtigkeit des Kilometerstandes einstehen wollen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Az. VIII ZR 191/15).
Achtung: Viele Vertragsformulare sehen solche Formulierungen vor. Ist das nicht der Fall, haben Betrugsopfer eine echte Chance, das Auto zurückzugeben oder eine Preisminderung zu verlangen. Das gilt auch, wenn der Verkäufer vor Zeugen erklärt, der abgelesene Kilometerstand sei „echt“ (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 5 U 1385/03).
„Gekauft wie gesehen“ greift nicht
Dann hilft die übliche Vertragsklausel „Gekauft wie gesehen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ nicht. Dieser Ausschluss greift nicht für Merkmale, die ein Verkaufender zusichert, wie etwa Baujahr oder Zahl der Vorbesitzenden (BGH, Az. VIII ZR 92/06). Keine Rolle spielt es, wenn man von dem Betrug nichts wusste, weil schon Vorbesitzende am Tacho gedreht hatten. Denn wer verbindliche Angaben zusichert, haftet verschuldensunabhängig.
Manche Betrüger schalten Zwischenhändler ein
Beim professionellen Gebrauchtwagenhandel gibt es auch die Masche, eine Tachomanipulation zu verschleiern, indem dubiose Firmen oder Privatleute als Zwischenhandel eingeschaltet werden. Doch so ein Zwischenbesitz muss beim Verkauf angegeben werden, denn dann liegt der Verdacht auf Tachobetrug nahe, urteilte der BGH (Az. VIII ZR 38/09). In dem Fall hatten sich mehrere Händler einen Audi A6 durchgereicht. Am Ende standen nicht 340 000 Kilometer auf dem Tacho, sondern nur 201 000.
Nach dem Kauf schnell sein
Wer beim Kauf eines Gebrauchtwagens hereingefallen ist, sollte sich schnell beim Verkaufenden melden, wenn verbindliche Zusagen nicht eingehalten wurden. In den ersten sechs Monaten nach dem Kauf geht das Gewährleistungsrecht davon aus, dass ein festgestellter Mangel bereits beim Kauf vorhanden war. Dann kann man den Wagen zurückgeben.
Betrug nachzuweisen, ist dagegen häufig aussichtslos. Zwar gilt bei arglistiger Täuschung eine dreijährige Verjährungsfrist. Aber wenn es mehrere Vorbesitzende gibt, wird es schwierig, einen davon verantwortlich zu machen.
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@Aida2: Absolute Sicherheit gibt es nie. Wer genügend kriminelle Energie aufbringt, dem wird es möglicherweise trotz großer Vorsicht gelingen, den Käufer zu betrügen. Wir befassen uns im obigen Artikel ja sehr ausführlich damit, wie man als Käuferin dennoch relativ sicher gehen kann. Unter „Tipps für Käufer“ sowie im grauen Kasten „Garantie gegen Tachobetrug“ finden Sie eine ganze Menge Hinweise, wie man sich zumindest bestmöglich absichert. Ist der Händler Mitglied im Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK), ist das schon einmal ein gutes Zeichen. Immer gilt: Vorsicht bei so genannten "Schnäppchen".(PH)
Guten Tag,
aufgrund der Kompliziertheit einen Tachobetrug zu entdecken, möchte ich mir ein Jahreswagen bei einem Autohändler kaufen.
Bin ich in diesem Fall sicher vor Betrug?
gibt es Autohändler die sich organisiert haben und eine verlässliche Garantie auf Nichtbetrug beim Tacho geben?
Vielen Dank
@Auto-Freak: Wir empfehlen - unabhängig davon, ob Sie beim Händler oder privat kaufen - die unter "Unser Rat" und "Tipps für Käufer" gemachten Hinweise zu beherzigen. Erster Anhaltspunkt kann die Historie des Fahrzeugs anhand von Service-Heft und Werkstattunterlagen in Verbindung mit einem Fahrzeugcheck sein. Wenn Sie dort Auffälligkeiten finden, kann das ein erstes Alarmsignal sein. (TK)
Hallo,
ich bin seit einigen Wochen auf der Suche nach einem neuen Auto für mich. Habe mich letzte Woche dazu entschlossen einen Gebrauchtwagen zu kaufen. Allerdings bin ich bei Suche sehr wählerisch. Zum einen, weil ich diesmal etwas mehr investieren möchte(20.000€) und zum anderen, weil ich durch das Überangebot gar nicht so richtig herausfinden kann, welches Angebot wirklich gut in Sachen Preis/Leistung ist.
Habe mich bereits auf Seiten wie https://www.onlineautokaufen24.de/ umgeschaut, allerdings war noch nicht das Richtige dabei.
Mit wurde auch wärmstens empfohlen, nicht bei einer Privatperson zu kaufen, da mit der fehlenden Gewährleistung - Mängel erst nach dem Kauf sichtbar sind, die der Verkäufer zuvor verschweigen hat. Wie seht ihr das?
Beste Grüße
Auto-Freak
Ich verwende TankTaler mit einem OBD2 Stecker und der TankTaler App. Hier kann man ein finanzamtkonformes Fahrtenbuch führen, das sehr praktisch und zeitsparend ist, aber auch ähnlich zu Carly den Kilometerstand auslesen.
Weiterhin ist ein GPS Alarm mit dabei und viel weitere Features. Also definitiv zu empfehlen!